Attendorn. Tom Pungel aus Attendorn hat vor Jahren ein ungewöhnliches Hobby entdeckt: Er sammelt Zigarettenstummel an der Bigge auf. Das ist seine Motivation.
Tom Pungel wandert gerne. Vorzugsweise am Biggesee. Die Waldenburger Bucht hat es dem Attendorner, der gebürtig aus Altena stammt, besonders angetan. Diese malerisch gelegene Oase oberhalb der Stadtmauern ist für viele Menschen aus Nah und Fern ein beliebtes Ziel, um beispielsweise nach einem stressigen Arbeitstag bei einem Spaziergang abzuschalten. Doch wo viele Menschen unterwegs sind, entsteht bekanntlich Müll, der nicht immer in den vorgesehenen Abfallbehältern landet. Der vermutlich beliebteste „Wegwerf-Artikel“ ist der Zigarettenstummel. Auf ihn hat es Tom Pungel abgesehen.
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Seit nunmehr drei Jahren sammelt der Attendorner, der eine bewegte Vergangenheit hinter sich hat – vom Matrosen auf hoher See über die Obdachlosigkeit und einen Wanderzirkus bis zum leitenden Angestellten in einem Unternehmen der Automobilzuliefer-Industrie – die Kippen am Biggerandweg zwischen dem Parkplatz an der Bucht und der Schiffsanlegestelle auf. Allein in diesem Sommer waren es rund 6000. Laut Weltgesundheitsorganisation WHO werden rund 5,6 Billionen Zigaretten pro Jahr geraucht. Bis zu zwei Drittel davon werden achtlos weggeworfen. Auch in der Waldenburger Bucht.
„Mich hat immer gestört, wie achtlos die Menschen mit dem Müll umgehen“, erzählt Pungel. Doch statt sich über diese Umweltsünder zu ärgern, habe er entschlossen, seine Energie vielmehr in das Aufsammeln der weggeworfenen Stummel zu stecken. In den wärmeren Monaten, also zwischen Mai und Oktober, ist der Wahl-Attendorner mit seinem „Besteck“ mindestens ein Mal pro Woche im Auftrag der guten Tat unterwegs. Seine „Arbeit“ hält Pungel auf seiner Instagram-Seite (#Kippenretter) fest und wird dies bald auch auf seiner Internetseite (www.kippensammler.de) tun, die allerdings noch im Aufbau ist.
Braucht liegenschaftsrechtlichen Vertrag
Tatsächlich ist es so, dass am Biggerandweg kein fest installierter Aschenbecher steht. Das will Pungel ändern, das notwendige Kleingeld möchte er über ein Crowdfunding-Projekt zusammenkratzen - die Details dazu stehen aber noch nicht fest. Der Ruhrverband als Betreiber der Biggetalsperre steht diesem Vorhaben wohlwollend gegenüber, es brauche lediglich einen liegenschaftsrechtlichen Vertrag, damit sich der Ruhrverband absichert, erklärt Betriebsstellenleiter Ralf Stötzel auf Nachfrage. Dieses Vorgehen sei ganz gewöhnlich, so hat beispielsweise auch die Stadt mit dem Ruhrverband einen solchen Vertrag, damit sie zum Beispiel Sitzbänke am Biggerandweg aufstellen darf.
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Voll des Lobes ist auch Theresia Wurm, Sprecherin des Agendaforums der Stadt Attendorn. Die Mitglieder dieses Gremiums, das sich in erster Linie für den Gedanken der Nachhaltigkeit in der Hansestadt einsetzt, verfolgen selbst das Ziel, die Zigarettenbelastung in Attendorn zu reduzieren. Mit Pungel haben sie nun einen perfekten Mitspieler. „Zigarettenkippen sind nicht nur allgegenwärtig, sie sammeln sich auch an regelrechten Hotspots, zum Beispiel am Bahnhof oder hinter Bauzäunen“, betont Wurm. Ziel sei die Installation von Aschenbechern im Stadtgebiet sowie die Einführung eines Taschenaschenbechers für Attendorn.
„Ich habe zwar noch nie körperliche Gewalt erfahren, doch es gab schon so manch unschöne Situation.“
Genau diese verteilt Pungel bereits an Raucherinnen und Raucher – und zwar im Hosentaschen-Format. Rund 2800 Stück hat er von drei großen Tabakkonzernen bekommen. Wenn er beispielsweise einen Raucher sieht, der vor seinem Auto an der „Fluppe“ zieht, spricht er diese Person an – wohlwissend, dass die Kippe in den meisten dieser Fällen auf der Straße oder dem Bürgersteig landen. In solchen Fällen seien die Raucher dankbar für das kleine Geschenk, berichtet Pungel. Anders fällt die Reaktion aus, wenn er einen „Kippen-Wegwerf-Sünder“ in flagranti erwischt und anspricht. „Dann ist es oft so, dass sich die Raucher erwischt fühlen und aggressiv werden. Ich habe zwar noch nie körperliche Gewalt erfahren, doch es gab schon so manch unschöne Situation“, weiß der Zigaretten-Sammler, dass er sich mit seiner offenen und direkten Art nicht nur Freunde macht.
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Dabei sei er keineswegs als Mahner unterwegs, er verurteile auch keinen Raucher, sondern „nur“ deren Umweltsünden. Insgesamt überwiege aber der positive Eindruck. Pungel erzählt: „Ich treffe mitunter sogar Leute, denen ich einen Aschenbecher geschenkt habe und die dann fragen, ob sie für ihre Freunde einen solchen Becher noch haben könnten.“ Offenbar scheint sein ungewöhnliches Engagement zu wirken. Und Pungel treibt ein ambitioniertes Ziel an: „Ich möchte, dass jeder Attendorner, der raucht, einen Taschen-Aschenbecher bekommt.“ Während des Weihnachtsmarktes in der Hansestadt, der am Freitag (6. Dezember) offiziell beginnt, wird er die kostenlosen Becher verteilen. Die Aktiven des Agendaforums werden zudem mit einem Flyer über die Umwelt- und Gesundheitsschädlichkeit von Zigarettenkippen informieren. An den beiden Sonntagen (8. Dezember von 14 bis 16 Uhr sowie 15. Dezember von 19 bis 21 Uhr) wird Pungel zudem auf der Bühne auf dem Alten Markt mit seiner Gitarre spielen, also seiner anderen großen Leidenschaft nachkommen: der Musik. Er spielt ehrenamtlich auch in der Demenz-Wohngruppe im Haus Mutter Anna oder in der JVA. Vor allem aber sammelt er Zigarettenstummel an der Waldenburger Bucht auf.