Ennest. Beim großen WP-Mobil-Treffen in Attendorn-Ennest kommen die Sorgen der Anwohner auf den Tisch. In diesem besonderen Dorf ticken die Uhren anders.

Das WP-Mobil rollt weiter durch die Dörfer des Kreises Olpe. Nach unserem letzten Besuch in Wenden-Altenhof geht es am Dienstagabend nun nach Attendorn-Ennest. In der Margareten-Stube der Schützenhalle kommen die großen Themen aus dem Dorf auf den Tisch. Zwischenzeitlich geht es heiß her – vielen Anwohnern brennt etwas auf dem Herzen. Schnell wird klar: Vor allem das starke Gemeinschaftsgefühl und das Vereinsleben machen das 2300-Einwohner-Dorf zu einem besonderen Ort. Durch das große Industriegebiet hat sich das Leben in Ennest über die Jahrzehnte zwar verändert, doch das Vereinsleben ist so stark wie eh und je.

Weitere Themen

Klaus Friedrich wohnt inzwischen seit über 57 Jahren im Dorf. Er kam ursprünglich als DDR-Flüchtling nach Ennest und brauchte nicht viel Eingewöhnungszeit, um im Sauerland richtig heimisch zu werden. Inzwischen kann er sich kaum einen schöneren Ort zum Leben vorstellen. „Ich wurde gewarnt, hier hinzuziehen. Ich muss aber sagen, dass wir hier sehr schnell warm geworden sind, obwohl wir gar nicht ins Raster passten. Wir haben uns sehr schnell eingelebt und fühlen uns bis heute sehr wohl“, betont der Anwohner. Vor allem das stark ausgeprägte „Wir-Gefühl“ im Vereinsleben machte die Integration einfach. „Wir haben eine enge Vereinsdichte, jeder mischt überall mit“, ist Christian Busch, 1. Vorsitzender des Schützenvereins Ennest, stolz auf das starke Gemeinschaftsgefühl im Dorf. Es gebe aber auch hier Verbesserungspotenziale: „Wir kommen schlecht an die Zugezogenen ran. Das stellt uns vor große Probleme“, berichtet etwa Klaus Bock, Vorsitzender des MGV Westfalia Ennest, über die Personalsorgen im Chorwesen.

WP Mobil Ennest
WP-Mobil in Ennest: Offen und ehrliche Diskussionen in der Margaraten-Stube. © WP | Daniel Engeland

Neben dem ländlichen Dorfleben spielt die örtliche Industrie eine große Rolle im Ort. Hier sitzen neben dem Sanitär- und Heizungsspezialisten Viega Firmen wie Gedia (Automotive), Aba Beul und die AFK Kunststoffverarbeitung. Für viele Ennester sind diese Unternehmen Arbeitgeber. „Das Tolle an Ennest ist die Wahrung der vielen Traditionen. Es ist im Ort sehr lebenswert, weil wir sehr ländlich liegen, aber auch viel Industrie haben“, berichtet ein Anwohner. Das Attendorner SPD-Ratsmitglied Bernd Strotkemper fügt an: „Ich finde die Lage von Ennest besonders. Es gibt einen Kindergarten, eine Grundschule und Supermärkte“, sieht der Politiker eine gute Infrastruktur. Diese vergleichsweise komfortable Situation sei ohne die Industrie vor Ort wohl nicht mehr vorhanden. Was dem Dorf mittlerweile jedoch komplett fehlt, ist eine Gastronomie. Früher waren rund ein Dutzend Kneipen bzw. Gaststätten in Ennest verankert, teils sogar mit Übernachtungsbetten, doch davon ist heute nichts mehr übrig. Das ist in vielen anderen Dörfern im ländlichen Raum genauso.

Auch das Thema Integration spielt in Ennest eine bedeutende Rolle. Über die Jahre hat sich eine enge Zusammenarbeit zwischen der katholischen St.-Margaretha-Kirche und der ebenfalls im Dorf angesiedelten kurdischen Gemeinschaft entwickelt. „Es hat sich alles arrangiert zwischen beiden Parteien“, berichtet Strotkemper und erwähnt in diesem Zusammenhang, dass aus der einst katholischen Grundschule eine konfessionslose geworden ist.

WP-Mobil Ennest
WP-Mobil in Ennest: Offen und ehrliche Diskussionen in der Margaraten-Stube. © WP | Daniel Engeland

Großes Reizthema im Dorf ist der Glasfaser-Ausbau. Viele Bürger warten sehnsüchtig auf den Beginn der Arbeiten, doch bislang hat sich noch nichts getan. Das Joint-Venture „Unsere Grüne Glasfaser“ (UGG) soll im Ort für eine schnellere Leitung sorgen, bislang ist jedoch nicht absehbar, wann tatsächlich mit den Arbeiten begonnen wird - auch wenn die UGG auf Plakaten mit dem Slogan „Wir haben losverlegt“ wirbt. „Meine Kinder sagen immer, dass wir noch eine Bambusleitung haben“, versucht ein Anwohner die Situation mit Humor zu nehmen. Das Unverständnis über eine möglicherweise längere Wartezeit ist jedoch bei einigen groß.

Brunnen vor der Schule
Dieser Brunnen vor der Grundschule in Ennest wird im Grunde nicht genutzt. Das Problem: In dem Brunnen landet andauernd Sand vom direkt dahinterliegenden Spielplatz. Dadurch ist er mehr oder weniger funktionslos. © WP | Flemming Krause

Eine endlose Geschichte ist auch die vollständige Instandsetzung des Dorfbrunnens, der seit dem Jahr 2006 vor dem Kinderspielplatz an der Grundschule steht und im Grunde nie Wasser spendet. Hintergrund sei, dass die Kinder beim Spielen Sand in das Bauwerk schmeißen und er dadurch seinen Dienst quittiert. Christian Busch bemängelt: „Alles, was in der öffentlichen Hand ist, wuchert hier zu. Der Dorfbrunnen ist eine Katastrophe!“ Bernd Strotkemper hinterfragt auch den gewählten Standort: „Ein Brunnen gehört nicht an eine Spielfläche. Bei diesem Thema tut sich die Stadt unglaublich schwer, Lösungen zu finden.“ Trotz dieser Ärgernisse bleibt jedoch haften, dass die Ennester gerne in ihrem Dorf leben.

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