Attendorn/Jena. Die Attendornerin Claudia Schmalenberg fängt nach 30 Berufsjahren von heute auf morgen ein Studium in Jena an. Der Entschluss verändert ihr Leben.

Die Attendorner Augenoptikerin Claudia Schmalenberg liebt ihren Beruf über alles – der unbändige Drang nach neuem Wissen bewegt sie im Alter von 53 Jahren dazu, einen besonders wagemutigen Schritt zu gehen. Fast von heute auf morgen entscheidet sich die Mutter, die seit 18 Jahren die „Optik Schmalenberg“ führt, für die zusätzliche Weiterbildung im Studium. Im Zusammenleben mit vielen jungen Kommilitonen und jüngeren Professoren kommt es zu so mancher spannenden Geschichte. Nach ihrem erfolgreichen Teilstudiumsabschluss ist die heute 54-Jährige froh, die Entscheidung getroffen zu haben.

Ungewohntes Bild

Über zwei Semester besucht Schmalenberg in mehreren fünftägigen Sitzungsreihen die Ernst-Abbe-Hochschule in Jena, um einen Zertifikatskurs des Masterstudiums „Klinische Optometrie“ abzuschließen. Nach 30 Berufsjahren wollte sich die Augenoptikerin immer noch beruflich weiterentwickeln, um mögliche Auffälligkeiten am Auge ihrer Kunden besser erkennen und schneller den Besuch beim zuständigen Augenarzt empfehlen zu können. Der große technische Fortschritt in ihrer Branche treibt sie schließlich ins Studium: „Es gibt bei uns ganz viele neue Geräte und die können ganz viel. Man lernt den korrekten Umgang jedoch nicht nur in einem Lehrgang“, betont die Mutter eines Sohnes. Ihre Anwesenheit auf dem Unigelände sorgt bei vielen zunächst für Irritationen: „Ich war Ersti und hatte meinen eigenen Studierendenausweis. Es ist schon spannend, wenn man das Uni-Leben miterlebt. Ich war älter als alle meine Professoren. Sie fragten mich am Anfang, was ich hier mache“, erzählt Schmalenberg. Nach ersten Gesprächen ist klar, es geht um eine Weiterbildung. Und auch ihre Mitkommilitonen begreifen, worum es ihr geht. „Die Kommilitonen wussten schnell, warum ich studiere. Ich habe ihnen erzählt, welche Gerätschaften ich hier habe“, will Schmalenberg ihr neues Wissen schnellstmöglich in der Praxis anwenden.

Weitere Themen

Schmalenberg versteht sich auf Anhieb gut mit ihrem neuen, deutlich jüngeren Umfeld. Die gegenseitige Unterstützung geht sogar so weit, dass kurz vor den Prüfungen noch letzte Tipps ausgetauscht werden. „Sie haben gesagt, Claudia! Du musst schneller schreiben“, fiel einigen auf, dass sie sich gerne zu ausführlich mit einzelnen Fragestellungen beschäftigte. In der kurzen unifreien Zeit verbringt die 54-Jährige weiter Zeit mit ihren neuen Bekanntschaften. „Ich habe gar nicht viel von Jena gesehen, aber ich bin mit den Kommilitonen abends immer essen gegangen“, schwärmt sie. Ein ganz besonderer Moment ist ihr bis heute in Erinnerung geblieben. Kurz vor der letzten mündlichen Referatsprüfung streikt plötzlich die Technik – Schmalenberg bleibt nichts anderes übrig als geduldig abzuwarten: „Ich war wirklich nervös vor der Prüfung. Auf dem Weg zum Raum bin ich dann plötzlich in einem Aufzug stecken geblieben“, erinnert sich die Attendornerin zurück. Knapp 30 Minuten bleibt der Aufzug stecken und fällt sogar zwischenzeitlich nach unten. Trotz des Zwischenfalls schafft es Schmalenberg gerade so noch pünktlich zur wichtigen Prüfung und besteht nach der Ausnahmesituation mit Bravour.

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Schlüsselmoment im Seminar

Nach ihrem erfolgreich abgeschlossenen Zertifikatskurs am 24. August dieses Jahres hat die 54-Jährige keine Zeit verloren. Schon jetzt setzt sie ihre neuen Erkenntnisse in ihrer Augenoptik um, doch ohne den Tipp eines Seminarbesuchers wäre es womöglich gar nicht dazu gekommen. „Ein älterer Mann hat mir in einem Online-Seminar der wissenschaftlichen Vereinigung für Augenoptik und Optometrie erzählt, dass er im hohen Alter noch einmal studiert hat. Direkt darauf habe ich mich erkundigt und gesagt: Ja, das möchte ich auch machen“, berichtet Claudia Schmalenberg über einen wichtigen Schlüsselmoment. Nur wenige Wochen nach dem Gespräch schreibt sie sich schließlich an der Ernst-Abbe-Hochschule in Jena für ein Teilstudium im Masterstudiengang „Klinische Optometrie“ ein, das sie als Augenoptikermeisterin und Optometristin (ZVA) besuchen darf. Eine Entscheidung, die die Augenoptikerin bis heute immer wieder genauso treffen würde.

Studiengang „Klinische Optometristin“ (FH)

Die Ernst-Abbe-Hochschule in Jena ist die einzige Hochschule in Deutschland, die den Studiengang „Klinische Optometristin“ sowohl in Teilzeit als auch berufsbegleitend anbietet. „An weiteren Standorten gibt es einen Studiengang in dieser Art nicht. An anderen Hochschulen gibt es Masterangebote im Bereich Optometrie ausschließlich als Vollzeit-Studium“, berichtet Hochschul-Mitarbeiterin Marie Koch. Studierende aus allen Ecken Deutschlands würden wegen des Studiengangs an die Hochschule kommen. „Wir sind eine der wenigen Hochschulen, die den Studiengang spezifisch anbietet. Hier kommen die Studieninteressierten aus ganz Deutschland hin“, so Koch. Um den Masterstudiengang besuchen zu können, müssen bestimmte Zugangsvoraussetzungen erfüllt sein. Neben einem Bachelorabschluss im Bereich Augenoptik/Optometrie qualifiziert auch eine abgeschlossene Meisterausbildung zum Augenoptikermeister und entsprechende Hochschul-Weiterbildungen zur Teilnahme am Masterstudiengang.