Ottfingen. Ottfinger Autoren blicken in ihrem Buch auf die harte Wendener Vergangenheit zurück. Faszinierende Geschichte über ein Leben in Armut und Not.
Es ist keine einfache Lektüre, die zwei Ottfinger in mühsamer Arbeit erstellt und als Buch vorgelegt haben. Der Titel „Soziale Schicht, Bildung und Schicksal“ macht noch nicht klar, um welchen Kern sich das Werk dreht, doch der Untertitel „Geschichte einer Bergmannsfamilie in Ottfingen, Südwestfalen, um 1900“ lässt geschichtsinteressierte Wendsche aufhorchen. Joachim Bröcher und Lissa Eichert-Klute leben zwar beide nicht mehr in ihrem Heimatdorf, sind ihm aber familiär und persönlich weiterhin eng verbunden. Auf 288 Seiten haben sie ein Werk geschaffen, das am Beispiel der „Chreschten“ genannten Familie Eichert zum einen eine Kulturgeschichte des Wendener Landes darstellt und zum anderen deutlich macht, wie stark das Schicksal der Menschen vor etwas mehr als 100 Jahren davon abhing, ob einem hellen Kopf eine Chance auf Bildung eröffnet wurde oder nicht.
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Die Autoren sind Mitglieder der Familie „Chreschten“: Johann Eichert der Ältere (1905-1971), eine der Zentralfiguren des Buchs, war der Vater von Lissa Eichert-Klute und ein Großonkel Joachim Bröchers. Zentralfigur des Buchs ist der Bergmann Josef Eichert (1874-1925), der gemeinsam mit seiner Frau Maria geb. Weber, die als Strumpfstrickerin arbeitete, elf Kinder hatte. Eines davon: Johann. An seinem Beispiel und dem seiner Schwester Rosa zeigen die Autoren, wie das Leben im Wendener Land geprägt war.
Sehr intensiv gehen sie auf die Geschichte des Bergbaus im Raum Ottfingen ein und machen deutlich, welche überragende Bedeutung dieser Erwerbszweig über Generationen für das Wendener Land hatte, aber auch, welche Belastungen dadurch entstanden: durch fehlerhaft ausgelöste Sprengungen untertage, durch Staublunge und Steinschlag. Das Buch erzählt von heute fast unvorstellbarer Armut, die noch in der Zeit um den Ersten Weltkrieg im Wendschen herrschte, von geteilten Betten und Mänteln, vom Leben mit dem Vieh unter einem Dach und von Menschen, die an den Folgen des Bergbaus starben, obwohl die Gruben schon geschlossen waren.
An Beispielen der Familien Eichert und Bröcher (Bräijder) führen die Autoren durch die Jahrzehnte und bieten einen tiefgehenden Einblick in das Leben vergangener Zeiten, aber auch Erklärungen für bis heute erhaltende Besonderheiten des Wendener Landes. Sie zeigen auf, wie Mitglieder der Familie durch wirtschaftliche Probleme entgangene Bildungschancen kompensierten: Johann durch enormen Einsatz in Gesellschaft und Ehrenamt, bis hin zum Bürgermeister und Ehrenbürger der Gemeinde Wenden, und Rosa, die sich durch Literatur über das Wendener Milieu hinaus informierte.
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Ergänzt wird das Buch durch ein ausführliches Personenverzeichnis, Ablichtungen wichtiger Dokumente und eine reichhaltige Fotodokumentation. Erhältlich ist das Buch bei den Verfassern oder in jeder Buchhandlung zu bestellen: Die ISBN-Nummer lautet 978-3-7597-6212-2. In ihrem Nachwort betonen die Autoren, dass „eine weiter in die Tiefe gehende Arbeit nun eigentlich erst beginnen müsste. Denn erst jetzt erkennen wir die eigentlichen Fragen, aber auch die vielen sich stellenden Herausforderungen“. Sie hoffen, dass die Veröffentlichung Motivation und Impulse für Fortführungen oder vergleichbare Projekte gibt.