Lennestadt. Emotionale Pro- und Contra-Debatte: In der Ratssitzung der Stadt Lennestadt wurde über das neue Wunschkennzeichen abgestimmt. Das ist das Ergebnis.

Der Weg ist frei. Sollte es demnächst möglich werden, für Städte ab 20.000 Einwohner ein eigenes Autokennzeichen einzuführen, dann ist Lennestadt dabei! Nach einer intensiven Debatte beschloss jetzt der Stadtrat mit 20 Ja- und 15 Nein-Stimmen, das LEN-Wunschkennzeichen einzuführen. Vorher müssen aber noch der Gesetzgeber in Berlin und auch der Kreis zustimmen. Kommt das LEN-Nummernschild, können alle Autohalter im Kreis Olpe freiwillig zwischen OE und LEN wählen.

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Manchmal sind es die kleinen, unwichtigen Dinge, die plötzlich eine ganz besondere Dynamik entfalten. Das ist in der Politik nicht anders als im Alltag. Das LEN-Kennzeichen gehört dazu, das ist seit der letzten Ratssitzung klar. Die CDU-Fraktion hatte per Antrag zur Abstimmung gestellt, das LEN-Wunschkennzeichen einzuführen. Fraktionschef Gregor Schnütgen begründete den Antrag zu Beginn der Diskussion. „Wir wissen, dass das Thema nicht so wichtig ist, aber wir sehen darin eine Chance, den Namen Lennestadt besser zu vermarkten. Es kostet nichts, außer den 10 Euro für ein Wunschkennzeichen, wenn man es denn haben möchte. „Wir geben viel Geld für das Stadtmarketing aus, für viele Dinge, die uns das wert sind“. Das Kennzeichen koste nur ein Schreiben an den Kreis Olpe mit der Bitte um Unterstützung, so Schnütgen. Irgendwann werde dann entschieden, ob es das Kennzeichen gibt oder nicht.

So viel Gelassenheit war in den anderen Fraktionen nicht zu spüren – im Gegenteil. Das Thema polarisiert. Heinz Vollmer, SPD, war verärgert: „Das ist doch reines Kirchturmdenken, ich habe keine Lust, mich über so einen Kokolores überhaupt zu unterhalten.“ Andreas Verbeek (Grüne) bezweifelte, dass man Heimatgefühle über das Autokennzeichen definieren könne: „Ich finde OE ganz ok.“ Wenn er unterwegs nach seiner Herkunft gefragt werde, nenne er Biggesee oder Elspe-Festival als Merkmale, aber nicht Lennestadt.

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Das sah Stefan Schneider (CDU) anders: „Die Leute identifizieren sich mit ihrer Stadt und ihrer Region.“  Das Autokennzeichen habe eine emotionale Bedeutung. „Wie viele haben die Initialen ihres Namens oder ihr Geburtsdatum am Auto?“, fragte er in die Runde. „Das Kennzeichen muss nur in die Verordnung eingearbeitet werden, dann kann der Kreis Olpe das Kennzeichen vergeben“, sieht auch Schneider kaum Verwaltungsaufwand. Am Montag hatte sich auch der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DStGB) für eine Neuregelung der Autokennzeichen in Deutschland ausgesprochen, damit auch kleinere Städte künftig eigene Nummernschilder bekommen können. „Wer mit einem eigenen Kennzeichen die Verbundenheit mit seinem Heimatort zeigen möchte, sollte dazu auch die Gelegenheit haben“, so die Auffassung des Städte- und Gemeindebundes.

Bürgermeister Tobias Puspas hatte das Thema vor einigen Wochen in die Diskussion gebracht, nachdem der Heilbronner Hochschul-Professor Ralf Borchert mit der Stadt Kontakt aufgenommen hatte. Borchert beschäftigt sich mit der Frage, wie identitätsstiftend Autokennzeichen für die Bürger in bestimmten Regionen sein können. Er hatte 2012 maßgeblich mit dafür gesorgt hat, dass in anderen Landkreisen frühere Kennzeichen wie BLB für Berleburg oder BRI für Brilon wieder reaktiviert wurden. Er ist überzeugt, dass Autokennzeichen in Deutschland eine besondere Regionalität haben und damit eine Bindung zur Heimat auslösen. Die Initiative der Hochschule Heilbronn wirbt für die Einführung weiterer neuer Kennzeichen-Kürzel in Deutschland für Kommunen ab 20.000 Einwohnern – das sind 320, darunter auch Lennestadt und Attendorn.

„In Deutschland sind wir verrückt auf solche Kennzeichen, dass diese bedeutsam sind, ist wissenschaftlich bewiesen“, schaltete sich der Bürgermeister in die Debatte ein. „Es ist aus Marketing- und auch aus touristischen Gründen von Bedeutung.“ Die Anpassung der gesetzlichen Verordnung sei kein Problem, die werde jedes Jahr geändert. Er sei überzeugt, dass eine große Mehrheit der Lennestädter dafür seien. Das Thema sei auch im Vorstand des Stadtmarketings kontrovers diskutiert worden. Am Ende hätten sich bei einer Enthaltung sieben Mitglieder dafür und nur zwei dagegen ausgesprochen. Die Mehrheit glaube, dass man damit die Marke Lennestadt weiterentwickeln könne. Andreas Verbeek zweifelte das an, das LEN-Kennzeichen bedeute keinen Mehrwert für die Stadt. So sieht es auch die SPD-Fraktion. „Der Schaden ist schon angerichtet, der Schuss geht nach hinten los“, befürchtet Heinz Vollmer eher Nach- statt Vorteile für die „abtrünnige“ Kommune.

Bis die Kennzeichen-Initiative den mühsamen Weg bis in die relevante Verordnung genommen hat, werde es wohl zwei bis drei Jahre dauern. Dann muss als letztes der Kreis Olpe entscheiden, wahrscheinlich der Kreistag, ob er neben dem etablierten OE im überschaubaren Kreisgebiet zusätzlich LEN zulässt. Die Debatte könnte noch mal spannend werden. Wird das LEN-Kennzeichen zugelassen, können die Autohalter entscheiden, ob sie mit OE oder LEN durch die Gegend fahren wollen.