Attendorn. Große Lesung in Attendorn: Bestseller-Autor Peter Prange stellt sein neustes Buch vor. In seinem Werk sieht er Parallelen zur Vorkriegszeit.
„Hier steht schon das Wichtigste“, sagt Peter Prange mit Blick auf das Plakat unserer Zeitung. Der Bestseller-Autor aus Altena ist der Einladung der Westfalenpost und der Buchhandlung Frey gefolgt, um seinen neuesten Roman „Herrliche Zeiten“ vorzustellen. Auf der Bühne des Bürgerhauses Alter Bahnhof fällt sein Blick auf den Werbe-Aufsteller. „Hauptsache Heimat“, steht dort geschrieben, der Slogan der WP. Heimat ist mehr als ein Ort, mehr als ein Zuhause, führt Peter Prange in dem vollbesetzten Saal aus. Heimat ist ein Teil der menschlichen Identität, ein Ort der ewigen Rückkehr – ein Ort, wo man sich nicht erklären muss. „Schön, dass man hier noch Deutsch spricht“, sagt der Autor aus Tübingen mit Sauerländer Wurzeln zu seinen Gästen. „Wenn ich hier zu jemanden sage, ‚hey, du Arschloch‘, versteht jeder, dass das nett gemeint ist.“ Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein, dass an dem Abend gelacht wird.
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Peter Prange setzt seine Lesebrille auf und schlägt das Buch auf. Die Heimat, in der er gleich seine Zuhörer mitnehmen wird, bildet das Leben der Menschen in der Zeit zwischen 1871 und 1914 ab – also die Zeit der Deutschen Reichsgründung bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Drei Handlungsstränge („Sie haben also drei Romane zum Preis von einem“, witzelt der Schriftsteller) laufen zusammen: Zum einen geht es um die Entstehung des Kurfürstendamms als ein nationalistisches Projekt. Darüber hinaus erzählt er die Geschichte einer englischen Unternehmerfamilie, die daran arbeitet, den Ärmelkanal zu untertunneln. „Das habe ich nicht zufällig entdeckt, sondern gezielt danach gesucht“, sagt Peter Prange. „Ich dachte, dass es damals solche Bestrebungen gegeben haben muss. Und tatsächlich wurde ich fündig.“
Die historischen Aspekte seiner Romane sind recherchiert. Alles, was er zu der Zeit schreibt, stimmt. Auch die Figur seines dritten Handlungsstranges ist nicht erfunden. Es geht um den französischen Meisterkoch Auguste Escoffier. Er hat die Küche und auch das Ansehen seines Berufes revolutioniert. Denn einst waren Küchen dunkle Höllenorte, dreckig und verkommen. Köche hatten kaum eine höhere Lebenserwartung als Bergleute, führt der Autor aus. Doch Auguste Escoffier bringt den Wandel, es ist der Beginn der Gourmetküche. Einige Gerichte gehen auf ihn zurück, so wie der Eisbecher Pfirsich Melba für die Sängerin Nellie Melba. „Ich hatte zufällig eine Doku auf Arte gesehen und war direkt beeindruckt“, erzählt Peter Prange. Nicht nur wegen der Kochleistung. 1914 – also vor Ausbruch des Ersten Weltkrieges – speisten rund 10.000 Menschen in fast 150 Städten und genießen zur gleichen Zeit ein von ihm entworfenes Menü. „Es gibt kaum ein größeres Friedenssymbol“, sagt der Autor. „Menschen, die miteinander essen, schießen nicht aufeinander.“
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Es ist ein Konstrukt langwieriger Recherche, echten Zeitgenossen und erfundenen Figuren, die den Geist der damaligen Zeit verkörpern. Geschrieben auf einer unterhaltsamen Ebene mit lehrreichem Charakter, steht zwischen den Zeilen eine Mahnung. Es ist die Suche nach der Frage: Wie wurden wir, wie wir sind? Was hat uns geprägt? Warum sind unsere Vorfahren falsch abgebogen? „Ich glaube, wir wissen gar nicht, in was für herrlichen Zeiten wir leben“, steht in seinem Roman geschrieben. Das galt damals genauso wie heute, betont Peter Prange. Trotz allen Fortschrittes, trotz des Miteinanders im Rahmen eines offenen Europas ist der Erste Weltkrieg ausgebrochen. „Wann war das Leben lebenswerter?“, fragt der Autor bei der Buchvorstellung am Mittwochabend in Attendorn. „Trotzdem stellen wir das wieder infrage durch das Aufkeimen der Nationalismen.“ Die Zeichen stehen auf Konfrontation statt Kooperation. So wie damals.
Zurück zu einem Abend mit Humor und Unterhaltung: Mit Rücksicht auf die Sehnenscheiden der Menschen hat sich Peter Prange dazu entschieden, seinen Roman „Herrliche Zeiten“ in zwei Bänden zu veröffentlichen. Das zweite Buch soll nächstes Jahr im Herbst veröffentlicht werden. Zwischenzeitlich können die Menschen natürlich sein erstes Buch lesen („Unterstützen Sie Herrn Frey mit seinem Pastorengesicht und kaufen Sie ein Buch“) und erwerben und dabei den lokalen Buchhandel unterstützen.