Olpe/Berlin. Durch einen Zufall wird ein Student auf die Jugend-Klimakonferenz LCOY aufmerksam und investiert dafür nun den Großteil seiner Zeit.
Hochwasser in Ottfingen. Land unter in Fretter. Flut in Saalhausen. Dazwischen: vor Trockenheit knisternde Wälder, braune Wiesen ohne Regen, offene Front im Wald für den Borkenkäfer. Temperaturgefälle von 20 Grad innerhalb weniger Tage. Längst ist der Klimawandel auch mitten in Deutschland, auch im Sauerland, zu spüren. Längst ist auch hier augenfällig, dass da Gewaltiges im Gange ist.
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Die seriöse Wissenschaft hat nachgewiesen, dass es die globale Erwärmung ist, vom Menschen gemacht, durch den Eintrag sogenannter „Treibhausgase“ durch die Verbrennung fossiler Energieträger, und dass Sprüche wie „Früher war es auch mal heiß“ oder „Unser Opa hat auch schon Hochwasser erlebt“ zwar stimmen, dass aber die Häufigkeit und Intensität der Wetterextreme nicht grundlos zunehmen. Viele Menschen machen sich Gedanken darüber, wie einerseits die Klimakrise in den Griff bekommen werden kann und wie andererseits die Klimafolgen begrenzbar sein könnten. Einer davon ist Tom Rasch aus Olpe. Er gehört zum ehrenamtlichen Team junger Leute, die in Berlin zur LCOY laden. Was das Kürzel bedeutet und wie er dazu kam, hat er uns im Interview erklärt.
Wofür steht die Abkürzung LCOY?
LCOY ist die Abkürzung für Local Conference of Youth (dt.: lokale Jugendkonferenz, die Red.). Es gibt mehrere LCOYs, es sind die landesspezifischen Zweigstellen der COY, der weltweiten Conference of Youth. Diese wiederum ist die Jugendversion der Klimakonferenz der Vereinten Nationen. Wir sind von der YOUNGO (Jugendvertretung in der UNFCCC, des Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen) anerkannt und werden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz sowie dem Land Berlin gefördert. In diesem Jahr tagt die deutsche LCOY zum siebten Mal, und zwar vom 25. bis zum 27. Oktober in Berlin.
Was passiert auf dieser Konferenz?
Da kommen in diesem Jahr rund 1200 Teilnehmende zusammen und 300 Speaker. Es gibt Workshops, Diskussionsrunden, Treffen, bei denen sich Teilnehmende und Speaker informieren, austauschen und vernetzen, um den Klimaschutz voranzutreiben. Wir tagen jedes Jahr vor der Weltklimakonferenz, um die Ergebnisse unserer Konferenz dort als Input einbringen zu können. Die LCOY 24 steht unter dem Motto „Klima für alle – alle fürs Klima“ und ermöglicht es, unter Gleichgesinnten Wissensaufbau zu betreiben, der Politik Vorschläge zu machen, wie mit der Klimakrise umgegangen werden soll.
Wer nimmt daran teil?
Die 1200 Teilnehmenden sind Menschen zwischen 14 und 30 Jahren, die sich anmelden konnten – und noch können, die Frist läuft noch. Und die Speaker bestehen aus Expertinnen und Experten, die uns helfen, unser Wissen über den Klimawandel zu vertiefen, da kommen Politiker, die sich mit uns austauschen. Unter anderem sind und waren da Bundestagspolitiker von den Grünen, der FDP, der CDU/CSU, der ehemalige CDU-Wirtschaftsminister Peter Altmaier, Staatssekretäre und Netzwerker, Wissenschaftler, Vertreter der Wirtschaft, vieler NGOs und vieler Universitäten und Forschungseinrichtungen. Die Themen reichen von „Klima als Fluchtursache im internationalen Recht“ über „Spiritueller Widerstand: Hoffnung für multireligiöse Klimagerechtigkeit“ bis „Alles Abfall? Möglichkeiten und Grenzen beim Recycling von Haushaltsabfällen“.
Wie sind Sie dazugekommen?
Im Grunde mehr durch einen Zufall. Ich bin Student und gebe auch Nachhilfe. Über einen Kollegen, der am selben Institut auch Nachhilfe gibt, kam ich mit LCOY in Kontakt, aber ganz anders als man denkt: Er fragte mich, ob ich ihn nicht unterstützen wolle, um die Veranstaltungstechnik für die LCOY vor drei Jahren in Kassel aufzubauen. Das wollte ich, bin mit hingefahren und habe dann dort alles gemacht außer Veranstaltungstechnik. Das Thema hat mich sofort gepackt, ich bin als Ehrenamtler eingestiegen und habe mich dann in die Gesamtkoordination wählen lassen. So habe ich miterlebt und auch daran mitgewirkt, wie die Teilnehmerzahl von 200 auf 1200 stieg und die deutsche LCOY zur größten Konferenz ihrer Art in Europa wurde.
Es gibt viele Initiativen für den Klimaschutz, etwa Fridays for Future oder die Letzte Generation. Warum begeistern Sie sich gerade für die LCOY?
Wir haben eine extrem breite Zielgruppe und eine ganz andere Herangehensweise. Wir vertreten nicht die eine Lösung, sondern sind offen und ich erlebe, dass es dadurch gelingt, auch Skeptiker abzuholen und mit wissenschaftlichen Fakten zu überzeugen. Besonders wichtig, das habe ich festgestellt, ist das Berichten von persönlichem Erleben. Wer über die Katastrophe im Ahrtal berichtet, der erreicht Menschen anders als wenn man auf irgendwelche Graphen der Klimaerwärmung zeigt. Und ja, es hat auch früher schon Hochwasser oder Dürrephasen gegeben. Aber was früher einmal im Jahrzehnt passierte, tritt nun praktisch jedes Jahr auf.
Sehen Sie direkte Folgen aus der Arbeit der LCOY?
Ja, zum Beispiel entstehen durch das Netzwerken bei den Konferenzen Startups, beispielsweise ist daraus eine Firma entstanden, die nachhaltiges Event-Management betreibt. Überhaupt ist das Thema Nachhaltigkeit so groß, dass da immer wieder Neues erwachsen kann.
Wie sieht Ihre Arbeit für die LCOY aus?
Zum einen bin ich Ressortleiter für die IT von LCOY Deutschland. Derzeit verbringe ich derzeit wirklich einen Großteil meiner Zeit dafür. Unter anderem habe ich aber auch den Lkw-Führerschein gemacht, um mich um die Logistik zu kümmern, und werde daher eine Woche vor der Konferenz mit dem Zug nach München reisen, um dann aus unserem Lager die Materialien zu den beiden Schulen in Berlin zu transportieren, wo wir dann aufbauen werden. Auf der Konferenz bin ich dann im Kommunikations-Team tätig, dort koordinieren wir alles Anfallende und haben so ein breites Aufgabenspektrum. Ansonsten bin ich hauptsächlich als Programmierer für die LCOY im Einsatz. Wir haben zum Beispiel unsere Organisations-Software selbst entwickelt. Das ist dadurch eine maßgeschneiderte Lösung geworden.
Haben Sie selbst Ihr Leben durch Ihre Arbeit für die LCOY verändert?
Ich habe meinen Fleischkonsum stark reduziert, weil das praktizierter Klimaschutz ist – außerdem merkt man dann, dass Fleisch essen etwas Besonderes sein sollte, das man sich gönnt, anstatt jeden Tag industriell verarbeitete Fleischprodukte zu konsumieren, die mindestens genauso verarbeitet sind wie die angeblich so künstlichen Ersatzprodukte, die mir oft sogar besser schmecken. Wir arbeiten viel online, treffen uns aber regelmäßig zu Arbeitswochenenden, oft in Jugendherbergen, und da essen wir dann fast ausschließlich vegan und Bioqualität.
Wenn sich jetzt junge Leute angesprochen fühlen: Kann man noch mitmachen?
Ja, die Anmeldefrist wurde verlängert, weil wir zusätzliche Kontingente freimachen konnten. Und in jedem Fall werden noch Volunteers gesucht, die sich um die Betreuung der Gäste und der Speaker kümmern. Man findet alle Infos unter www.lcoy.de.
Steckbrief:
Tom Rasch ist 23 Jahre alt und lebt in Olpe. Er wuchs in Rothemühle auf, machte sein Abitur am Städtischen Gymnasium in Olpe und studiert Wirtschaftsinformatik in Siegen. Dort ist er auch als studentischer Unternehmensberater bei Study and consult e. V. tätig. Derzeit lässt ihm sein ehrenamtlicher Einsatz für LCOY kaum Zeit für andere Hobbys. Aber wenn es möglich ist, klettert Tom Rasch gern. Hinzu kommt, dass das Programmieren für ihn nicht nur Studieninhalt, sondern auch Hobby ist.