Olpe. Wie ein Denkanstoß aus der Datencloud die Augen für nachhaltige Stadtentwicklung öffnen kann. Eine Glosse von Jörg Winkel.
Wer sein Smartphone auch zum Fotografieren nutzt, kennt es: Ab und an weckt die jeweils zuständige Datenkrake, Apple oder Google, Erinnerungen. Von irgendeiner künstlichen Intelligenz gesteuert, werden gelegentlich Bilder hervorgekramt, die der jeweilige Handynutzer mal aufgenommen hat, verbunden mit dem Hinweis „Das war heute vor x Jahren“. Und so sprang neulich ein Bild auf, das mich zum Nachdenken brachte. Es zeigt das Olper Bahnhofsareal, von mir fotografiert im August 2015. Ganze neun Jahre ist das her. Nun gehe, fahre oder radle ich praktisch täglich mindestens zweimal an genau diesem Gelände vorbei, und daher fiel es mir umso deutlicher auf, was sich hier in neun langen Jahren getan hat.
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Denn hier wird deutlich, was der einstige Olper Stadtdirektor Karl-Josef Leyendecker meinte, als er mal in einer Ratssitzung kundtat: „Spitze ist bei uns die Norm“. Denn das Areal, auf dem einst die Züge Richtung Betzdorf, Finnentrop und Dieringhausen rangiert wurden, war 2015 lediglich der Gleise und Gebäude befreit. Schmuckloser Schotter war planiert, um Autos einen wenig attraktiven Parkplatz zu bieten. Und heute? Die einst so trostlose Fläche wurde von der Stadt in ein buntes Multifunktionsgelände verwandelt. Es dient einerseits der Nachhaltigkeit: Wird hier doch Abbruchmaterial zwischengelagert, um es dann dem Baustoffrecycling zuzuführen. Andererseits wird von hier der Anschluss der Stadt an die Welt der Daten vorangetrieben: Glasfaser-Kabelverleger nutzen es als ihren Bauhof.
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Nicht zuletzt bietet die Stadt hier auch heimatlosen Menschen ein Zuhause, die das ehemalige Empfangsgebäude des Bahnhofs zeitweise als Heimat nutzen und sich sogar ein Zubrot verdienen können, indem sie einen Teil der Pfandflaschen einsammeln, die auf dem Gelände von vorbeifahrenden Autofahrern bereitgelegt werden. Last but not least ist hier ein Biotop entstanden, auf dem sich Wildkräuter ausbreiten dürfen, die beispielsweise von städtischen Kreisverkehr-Mittelinseln säuberlich entfernt werden. Das Ganze ist zudem auch noch preiswert: Schließlich muss der Bauhof hier keine Setzlinge eingraben, sondern die Naturwaldzelle entsteht durch das, was Förster „Naturverjüngung“ oder „Sukzession“ nennen (und was im Wald eigentlich darin besteht, eine Fläche einfach sich selbst zu überlassen). Biodiversität und Klimaschutz in Einheit mit Wirtschaftsförderung: So geht Stadtentwicklung, liebe Nachbarkommunen!