Olpe. Zukunft des ÖPNV: Sondersitzung des Kreistags eröffnet breiten Dialog für den neuen Nahverkehrsplan. Bis nächstes Jahr soll dieser stehen.

Es ist noch ein langer Weg hin zum neuen Nahverkehrsplan. Das betonten am Montag alle Beteiligten, die sich in einer eigens anberaumten Sondersitzung des Olper Kreistags zu Wort meldeten, in der es fast ausschließlich um dieses Thema ging. Auch gab es eine Menge an Fragen, die von den Planern Gregor Korte und Michael Wurm von den Büros „Planersocietät“ und Ioki sowie von Landrat Theo Melcher beantwortet wurden. Am Ende stand ein einstimmiges Votum, wobei es noch lange nicht um den Plan an sich geht. Der Beschluss öffnet aber den Weg hin zu einem umfassenden Beteiligungsverfahren, das unter anderem den Städten und Gemeinden die Gelegenheit gibt, Anregungen und Änderungswünsche vorzutragen, bis im nächsten Jahr der Kreistag dann den eigentlichen Plan beschließen kann. Doch die lange und ausführliche Debatte im Kreistag machte deutlich, dass eine breite Mehrheit sowohl die Notwendigkeit zu einer Neuausrichtung des straßengebundenen öffentlichen Nahverkehrs sieht als auch die vorgeschlagenen Wege der Fachplaner zumindest für vielversprechend hält.

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Wie berichtet, ist Bestandteil des vorgeschlagenen Planentwurfs, die über Land fahrenden „Dorfbusse“ der sogenannten L-Linien weitgehend abzuschaffen und durch ein Anforderungssystem zu ersetzen, bei dem barrierefreie Kleinbusse eine Stunde vor der Fahrt gebucht werden müssen, aber ohne strikte Linienvorgaben flexibel auch die kleinsten Siedlungen im Kreis ans öffentliche Nahverkehrsnetz anbinden sollen. Diese sogenannten „Flexbusse“ sollen, so Planer Korte, „die vollständige Versorgung aller Siedlungsbereiche mit stündlicher Verfügbarkeit sichern“. Zurzeit seien ÖPNV-Nutzer im Kreis Olpe im Schnitt dreimal so lange unterwegs als wenn sie die Fahrt im eigenen Pkw unternommen hätten. Dies werde mit dem neuen System auf knapp das Zweieinhalbfache einer Pkw-Fahrt sinken.

Mobilität für jedermann

Nur auf dem Papier, erklärte Michael Wurm, sinke insbesondere in Lennestadt und Kirchhundem nach dem neuen Plan die jährliche ÖPNV-Kilometerleistung der Busse. In der Realität sei auch hier eine deutliche Verbesserung zu erwarten, weil dort derzeit überdurchschnittlich viele schwach ausgelastete Linien durch den Anforderungsverkehr ersetzt würden. Die anvisierten jährlichen Mehrkosten von 3,6 Millionen Euro seien die Gewähr für eine „Mobilität für jedermann“, so Wurm.

„Es fiel immer das Stichwort „heiße Luft durch die Gegend fahren“.“

Stefan Wied
Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd

Landrat Melcher kündigte an, dass das Ganze „kein unkompliziertes Verfahren“ werde, unter anderem auch deshalb, weil der Plan mit dem Nachbarkreis Siegen-Wittgenstein abgestimmt werden müsse. Und Stefan Wied vom Zweckverband Personennahverkehr Westfalen-Süd, dem Gemeinschafts-Verband der beiden Kreise, führte aus, welche Schwerpunkte im Vorfeld das begleitende Gremium beider Kreise gesetzt habe. „Die Ausweitung des Zwei-Stunden-Takts im ländlichen Raum auf einen Stundentakt war den Kommunen ein ganz wichtiger Aspekt“, so Wied. Auch sei mehrfach der Wunsch geäußert worden, Citybus-Linien zu schaffen, wobei die nähere Prüfung ergeben habe, dass dies nur in der Kreisstadt Olpe Sinn habe. „In allen anderen Kommunen wäre das wirtschaftlich nicht zielführend.“ In den Projektteam-Sitzungen sei ein ganz wichtiges Thema gewesen, die schwach ausgelasteten Landbusse zu bekämpfen. „Es fiel immer das Stichwort, heiße Luft durch die Gegend fahren“, so Wied. Er betonte, die Digitalisierung werde eine große Rolle spielen und werde bereits umgesetzt; am Olper Busbahnhof seien die ersten Displays schon aufgebaut, die minutengenau die Abfahrt der nächsten Busse zeigen.

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Auf Nachfragen aus dem Kreistag erklärten die Planer einige Details. So sei fest geplant, dass nicht jede Fahrt einzeln gebucht werden müsse, sondern beispielsweise ein Arbeitnehmer, der einen „Flexbus“ jeden Morgen benötige, eine Art Abo einrichten könne. Das Anfordern solle primär über eine App geschehen, also digital per Mobilfunk, aber auch weiterhin, wie die derzeitigen Anruf-Linien-Taxis, per Anruf erfolgen können. Für die neu hinzukommenden Siedlungen sollen keine dezidierten Bushaltestellen errichtet werden, sondern „virtuelle Haltepunkte“ an markanten Orten eingerichtet werden, vorstellbar ist hier etwa ein Aufkleber an einer Straßenlaterne, die in der Ortsmitte die Flexbus-Haltstelle kennzeichnet.

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Als Fazit erklärte Landrat Melcher: „Wenn die Verkehrswende gelingen soll, wenn wir vom motorisierten Individualverkehr zu mehr öffentlichem Verkehr wollen, brauchen wir flexiblere Angebote. Das Ganze muss aber finanzierbar sein. Wir müssen uns fragen, was es uns wert ist und was es bewirkt. Das müssen wir bei der Entscheidung im nächsten Jahr berücksichtigen.“ Allerdings werde er zusammen mit Rechtsanwälten intensiv prüfen müssen, wie eine Ausschreibung aussehen könne, die keine zu starren Vorgaben mache. Angesichts der Entwicklungen beispielsweise bei der Künstlichen Intelligenz können wir „nichts vorschreiben, was dann zehn Jahre starr ist. Wir brauchen einen atmenden Plan“.