Wenden. Die Tierschau auf der Wendener Kirmes hat Tradition. Sebastian Leineweber erzählt, wie er sich in eine Kuh verliebte und was die Tierschau ausmacht.
Die Wendener Tierschau ist das Highlight der Wendschen Kärmatze mit langjähriger Tradition. Immer am dritten Dienstag im August lockt die Tierschau zahlreiche Besucher auf die große Festwiese neben dem Zelt. Dann wenn Kühe, Rinder, Schafe, Ziegen und sogar Pferde durch den Ring geführt werden, am Ende von Preisrichtern prämiert werden und sogar zur Miss Wenden gekürt werden. Im Gespräch verrät Sebastian Leineweber, 1. Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Lokalvereins e.V., besondere Kriterien, um Miss Wenden zu werden, warum er sich ein größeres Teilnehmerfeld von den heimischen Landwirten im Kreis Olpe wünscht und wie er sich in eine Kuh verliebte.
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Viele Wendsche gehen seit Kindesbeinen auf die Tierschau. Wir alle wissen: Traditionen sterben leider aus. Wie wollt ihr es schaffen, dass es auch in 20 Jahren noch eine Tierschau auf der Wendschen Kärmetze gibt?
Wir versuchen die Tierschau und die Tradition dahinter vor allem innerhalb des Landwirtschaftlichen Lokalvereins gerade den jungen Leuten zu vermitteln und hoffen, dass die nächsten Generationen das – so wie in den vergangenen Jahren auch – an ihre Kinder weitergeben.
Wie viele Besucher interessieren sich jedes Jahr für die zahlreichen Tiere, die zur Schau gestellt werden?
Nur zur Tierschau kommen zwischen 3000 und 4000 Besucher, die nicht nur aus der Gemeinde Wenden, sondern auch aus Siegen, Wittgenstein oder dem Märkischen Kreis kommen und darüber hinaus.
Hat das Interesse in den vergangenen Jahren nachgelassen?
Die Tierschau ist Traditionsgeschichte und schon am Sonntagabend auf der Kirmes verabreden sich die Menschen, um sich auf der Tierschau am Dienstag zu treffen. In den Köpfen ist das einfach drin und die ersten Besucher stehen schon um halb acht vorm Einlass. Die Möllmicker zum Beispiel kommen mit dem Tambourcorps Wenden und marschieren zur Festwiese mit Marschmusik.
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Und die Resonanz der Aussteller?
Da gab es in den letzten Jahren weniger Anmeldungen. Deshalb haben wir das Teilnehmerfeld erweitert. Neben dem Kreis Olpe können auch Aussteller aus Siegen, Wittgenstein, dem Hochsauerlandkreis und neuerdings auch aus dem Märkischen Kreis kommen.
Und die berühmte Miss Wenden heißt dann ab jetzt Miss Sauerland?
Nein, wir werden weiterhin eine Miss Wenden küren. Die Tierschau haben wir durch das größere Aussteller-Feld nun Sauerland-Show genannt.
Besucher der Tierschau erkennt man immer an den Ansteck-Fähnchen, die sie stolz an der Brust tragen. Gibt es die in diesem Jahr auch wieder?
Es gibt zweierlei Fähnchen. Mitglieder haben ein anders farbiges, als Nichtmitglieder und das ist sozusagen unser Tierschau-Markenzeichen.
Ihr kürt die Miss Wenden? Ist das der größte Titel, den man erreichen kann?
Wir prämieren auch Schafe und Pferde. In jeder Rasse wird der „Grandchampion“ gekürt und das ist dann der Sieger der jeweiligen Rasse. Den Titel Miss Wenden haben wir bislang immer einer Kuh zugesprochen. Aber vielleicht wäre es ein neuer Gedanke, die Miss Wenden aus allen Siegertieren vom Publikum wählen zu lassen.
Welches sind die wichtigsten Kriterien, die eine gute Kuh eigentlich erfüllen muss, um aufs Sieger-Treppchen zu kommen?
Das hängt oftmals auch vom Preisrichter ab, welches Idealbild er von einer Kuh sehen möchte. Wichtig ist, dass die Kuh im landwirtschaftlichen Betrieb einen guten Job macht und möglichst gesund und langlebig ist. Es wird nach Leistung und dem gepflegten äußeren Exterieurbild geschaut, ob die Kuh ein fest aufgehängtes Euter besitzt und ob sich die Kuh gut auf ihren Fundamenten und ihren Klauen bewegen kann. Die absolute Größe der Kühe, die man früher ausgestellt hat, ist nicht mehr so gefragt. Heute sind es die mittelrahmigen Kühe, die in jedem System gut funktionieren. Insgesamt sind es 18 Merkmale, die bewertet werden.
Was ist genau mit Leistung gemeint?
Auf der Tierschau haben wir rotbunte und schwarzbunte Kühe und da liegt die Leistung zwischen 9000 und 12.000 Litern pro Laktation – bedeutet, was sie in 305 Tagen an Milch gegeben haben. Die Leistungen werden vom Landeskontrollverband (LKV) monatlich erfasst und an den jeweiligen Zuchtverband weitergegeben.
Welchen Aufwand betreibt ein Landwirt, um seine Kuh für den „Laufsteg“ herauszuputzen?
Die Kühe müssen erstmal führig gemacht werden. Bedeutet, dass sie an einen Strick oder ein Halfter gewöhnt werden müssen, damit sie nachher auch mit durch den Ring gehen. Da muss man schonmal einen langen Atem haben, weil die Tiere auch mal stur sein können. Außerdem werden sie vorher auf ihren Höfen das erste Mal gewaschen – teilweise mit extra Kuhshampoo – und im Anschluss auch geschoren und gestriegelt. Auf dem Tierschauplatz selbst steht zudem eine Wasserbrause bereit, um sie nach dem fachgerechten Transport nochmals zu waschen.
Und wenn dann kurz vor der Schau der Kuhfladen mit dem Schwanz noch hochgewirbelt wird?
Dann müssen die Besitzer froh sein, wenn sie genügend helfende Hände vor Ort haben, die ständig am Putzen bleiben. Wir stellen vom Verein Strohballen zur Verfügung, damit die Tiere gut eingestreut sind und das typische „Einsauen“ eben ausbleibt.
Was bedeutet der Sieger-Titel „Miss Wenden“?
Es ist eine große Wertschätzung für die Betriebe und zeigt, dass sich die Zucht, aber auch die tägliche Arbeit mit und für die Tiere lohnt. Daher würde ich mir wünschen, dass die Bevölkerung diese genannten Sachen auch mehr honoriert. Es ist eine tolle Anerkennung, die mit Prämien ausgezeichnet ist. Jede Kuh, die teilnimmt, erhält eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 100 Euro und die Miss Wenden bekommt durch verschiedene Sponsoren noch einmal ein extra Bonus.
Thema Blauzungenkrankheit: Wie können die Tiere auf der Tierschau geschützt werden?
Wir haben genaue Vorschriften vom Kreisveterinär-Tierarzt Dr. Kaiser und die Absprache, dass ausschließlich gesunde Tiere teilnehmen dürfen. Er selbst wird am Dienstagmorgen alle Wiederkäuer anschauen und sollten diese Symptome aufweisen, werden die Tiere nach Hause geschickt, aus Tierwohlgründen.
Welche Empfehlungen gibt es und wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass stechende Gnitzen im Gras der Festwiese sitzen?
Alle Aussteller sind vorab informiert worden und müssen ihre Tiere mit einem speziellen Repellent vorbehandeln. Diese soll die Gnitzen fernhalten, um so die Tiere zu schützen. Gestochen werden können die Tiere überall. Das feuchte Wetter begünstigt die Aktivität.
In der Kategorie „Kind mit Kalb“ läuft bereits der Nachwuchs mit. Eine gute Fördermöglichkeit?
Im vergangenen Jahr war die Grand-Champion-Kuh aus Drolshagen von Markus Lüttecke und da nehmen die Kinder schon seit Jahren teil. Für viele Kinder ist das die erste Berührung mit Rindviechern. Das war bei unseren Kindern auch so, als sie noch klein waren.
Kurz & Knapp: Sebastian Leineweber
Kurz & Knapp
Kuh oder Rind? Kuh
Kettenkarussell oder Riesenrad? Riesenrad
Bier oder Wein? Bier
Blasmusik oder Schlager? Achtziger-Jahre-Musik
Mit welchen Tieren sind Sie dabei?
Wir stellen drei Schafe und zwei Rinder vor. Darum kümmert sich unser Sohn Lukas, der mit im Betrieb hilft.
Woher kommt die Leidenschaft für die Landwirtschaft?
Ich habe mich von klein auf für die Landwirtschaft interessiert und bin auf dem Nachbarhof in Römershagen mehr oder weniger groß geworden. Dafür habe ich sogar den Kindergarten geschwänzt. Für mich gab es nichts anderes, als irgendetwas mit Kühen zu machen. Meine Eltern hatten selbst keine Landwirtschaft und sahen meine Berufswahl als Landwirt doch am Anfang sehr kritisch. Dies wurde aber schnell revidiert, ab dem Zeitpunkt wo ich meine Frau kennengelernt habe, die selbst auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen ist.
Kann jeder, der ein Tier der besagten Kategorien hat, bei der Wendener Tierschau mitmachen?
Ja, hier kann jeder teilnehmen und ich würde mir mehr Teilnehmer aus der Gemeinde Wenden wünschen. Wir haben so viele Betriebe, auch Milchviehbetriebe und Rinderhalter, die Tiere haben und durchaus teilnehmen könnten, aber mangels Interesses bislang nicht gekommen sind. Es wäre schön, wenn sich das noch mal ändern würde.
Steckbrief: Sebastian Leineweber
Steckbrief: Sebastian Leineweber (46) kommt gebürtig aus Römershagen und wohnt seit über 20 Jahren in Wenden. Der staatlich geprüfte Landwirt ist als Außendienstmitarbeiter tätig und Landwirt im Nebenerwerb. Er betreibt eine Zucht für Jungrinder und hält zudem acht Schafe. Leineweber ist verheiratet und hat zwei erwachsene Kinder, Lukas (23) und Mara (21). 1. Vorsitzender im Landwirtschaftlichen Lokalverein e.V. ist er seit 2018.
Was macht die Wendener Tierschau aus?
Es ist nicht nur gelebte Tradition, sondern auch ein Weitertragen innerhalb von Generationen. Für mich selbst ist es, trotz der vielen Arbeit, ein Gänsehautmoment.
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Ich wäre sicher eine schlechte Richterin: Bei mir würde das süßeste Tier gewinnen. Kann man sich eigentlich in eine Kuh verlieben?
Das ist mir als Preisrichter von Milchvieh tatsächlich schon einmal passiert. Das ist wie Liebe auf den ersten Blick. In der Kategorie „Schafe und Ziegen“ richtet übrigens aus langjähriger Tradition schon immer unser Wendener Pastor. Ob der allerdings nach dem Aussehen bewerten würde, müsste ich mal erfragen.