Rahrbach. Die Reste eines Kälbchens wurden im Rahrbacher Weidekamp aufgefunden. War es ein Wolf? Das Landesamt für Naturschutz lehnt Untersuchung vor Ort ab.
Ist im Rahrbachtal ein Wolf unterwegs? Keiner weiß es und es wird wohl nie vollends aufgeklärt werden, obwohl es einen konkreten Verdachtsfall gibt. Im Rahrbacher Weidekamp entdeckte ein Landwirt am Montag die Reste eines frisch geborenen Kälbchens. Die Vermutung liegt nahe, dass das Tier von einem Wolf gerissen wurde. Eine genauere Untersuchung hätte möglicherweise für mehr Sicherheit gesorgt, doch das LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz) lehnt eine Untersuchung vor Ort ab.
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Es war ein „Glückstag“ für die Familie Dömer in Rahrbach. Noch nie wurden in ihrer Galloway-Rinder-Herde an einem Wochenende vier Kälber geboren. Als Christopher Dömer, der den Biohof zusammen mit seiner Frau Theresa im Nebenerwerb bewirtschaftet, am Montagabend auf der umzäunten Weide nach seinen Tieren schaute, fand er eines der gerade geborenen Kälber nur noch tot und weitgehend zerfleischt vor. Theresa Dömer dachte sofort an einen Wolfsriss. „Wir haben in den letzten Tagen mehrfach von Wolfssichtungen gehört“, erklärt die 31-Jährige. Ein Landwirt in Kruberg habe von einem Wolf berichtet, ebenso zwei weitere Personen in Rahrbach und Benolpe.
Das Paar informierte noch am gleichen Tag das Kreisveterinäramt in Olpe, das den Kontakt zu Antonius Klein, einer der rund 70 ehrenamtlichen Wolfsberater des LANUV und zuständig für das Kreisgebiet, weiterleitete. Per Telefon ließ sich der Wolfsberater informieren und ein Handyfoto von den Resten des Kalbes schicken. Für die Familie Dömer war klar, dass der Wolfsberater das tote Tier am Fundort inspizieren würde. Daraus wurde aber nichts. Klein teilte am nächsten Morgen mit, dass das LANUV eine Vor-Ort-Besichtigung ablehne. Der Landwirt solle den Kadaver entsorgen und einen Meldebogen ausfüllen. Klein: „Wir Wolfsberater sind nur die Spurensicherer.“ Über Vor-Ort-Termine entscheide allein das LANUV. Theresa Dömer war bedient: „Wir finden das sehr ernüchternd, dass keiner zu uns rauskam und sich das Tier genauer angeschaut und Proben gezogen hat.“
Das LANUV sah dafür keinen Grund. „Anhand der vorliegenden Bilder des Landwirts ist zu erkennen, dass die Klauenkissen des Kälbchens postmortal abgenagt wurden. Dies lässt darauf schließen, dass das Tier tot oder lebensschwach geboren wurde. Aus den Bildern ist ebenso zu erkennen, dass das Kälbchen nach seinem Tod nahezu komplett verwertet wurde. An einem solchen Kadaver kann keine Todesursache mehr festgestellt werden und auch eine Probenahme für eine Genuntersuchung macht dann keinen Sinn mehr. Das Fraßbild deutet auf eine Nachnutzung durch Rotfüchse hin. Ein Hinweis auf die Verursachung durch einen Wolf war anhand der zur Verfügung gestellten Bilder nicht zu erkennen. Daher wurde in diesem Fall auf eine Dokumentation vor Ort verzichtet“, teilte das Amt auf Nachfrage mit. Auch durch genetische Proben allein könne der Verursacher nicht immer zweifelsfrei ermittelt werden, so das LANUV. „Es wurden einige Fälle dokumentiert, in denen Wölfe an bereits toten Tieren als Aasfresser tätig und folglich nicht für den Tod des Tieres verantwortlich waren.“ Die Todesursache könne einen ganz natürlichen Grund haben. Über eine pathologische Untersuchung könnten betroffene Landwirte eine solche Untersuchung veranlassen.
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Dass es in Rahrbach definitiv kein Wolfsriss war, sagt das Landesamt aber nicht. Aber: Zur Ermittlung einer Todesursache könnten letztlich auch Hinweise aufgrund der Dokumentation vor Ort, neben Biss- und Fraßspuren auch eine mögliche Schleifspur oder die Auffindesituation hinzugezogen werden, so das LANUV. Diese komplette und fachgerechte Dokumentation hätte der Wolfsberater vor Ort vornehmen können, doch dieser wurde nicht beauftragt.
Theresa Dömer kann das nicht verstehen: „Da werden jedes Jahr Millionen Euro für das Thema Wolf ausgegeben und wenn es einen konkreten Verdacht gibt, kümmert sich keiner richtig drum.“ Antonius Klein, der seit elf Jahren als ehrenamtlicher Wolfsberater tätig ist, äußert Verständnis: „Dass die Landwirte bei diesem Prozedere frustriert sind, kann ich nachvollziehen.“ Er selbst ist aber auch skeptisch, dass ein Wolf das Kalb getötet haben könnte. „Die Jahreszeit ist untypisch für einen solchen Riss.“ Familie Dömer reicht das als Begründung nicht aus. Sie glaubt auch nicht an eine Totgeburt ihres Kalbes. Sie kann nicht verstehen, warum nicht alle möglichen Spuren gesichert wurden, um einen Wolfsriss auszuschließen. „Das hat für mich einen faden Beigeschmack wie ‚wir haben hier keinen Wolf und wir wollen auch keinen haben‘“, sagt Theresa Dömer. Sie vermutet, das Thema solle bewusst klein gehalten werden.
Normalerweise sind Dömers Galloway-Rinder das ganze Jahr bei Wind und Wetter draußen auf der Weide. Die drei Muttertiere mit ihren jungen Kälbern sollen aber trotz der Hitze zunächst im sicheren Stall bleiben – denn die Angst vor einem Wolf im Rahrbachtal bleibt.