Gelslingen/Drolshagen. Instandgesetzte Stele im Wald nach Schändung neu eingesegnet. Ein Baum erinnert nun an einen besonderen Freund der Wallfahrer.

Im Sauerland ist man schnell dabei, etwas zur Tradition zu erklären. Fünfmal dieselbe Feier? Schon hat sie Tradition. Doch das, was sich am Donnerstag in Drolshagen abspielte, trägt diese Bezeichnung ohne jeden Zweifel zurecht. Denn es jährte sich zum 250. Mal, dass katholische Christinnen und Christen aus dem rheinischen Much auf ihrem Weg zum Marienwallfahrtsort Werl in Drolshagen Station machen.

Ein nicht alltägliches Hinweisschild an der instandgesetzten Stele macht darauf aufmerksam, welche fatalen Folgen der wenig gewinnbringende Diebstahl hätte.
Ein nicht alltägliches Hinweisschild an der instandgesetzten Stele macht darauf aufmerksam, welche fatalen Folgen der wenig gewinnbringende Diebstahl hätte. © Jörg Winkel | Jörg Winkel

Die Mucher sind seit der ersten Pilgertour vor einem Vierteljahrtausend willkommene Gäste in der Rosestadt. Insbesondere der verstorbene Pfarrer Udo Linke hatte die Pilger aus dem Rhein-Sieg-Kreis in sein Herz geschlossen und tat alles, damit sie sich bei ihrer Übernachtung in Drolshagen wohlfühlen. Und da sich die Wallfahrt in diesem Jahr zum zehnten echten Jubiläum wiederholt, wurde die Ankunft in Drolshagen ebenfalls zu etwas Besonderem. Die Jubiläumswallfahrt steht unter dem Motto „Salz der Erde – Segen für Much“ und spielt damit auf den Grund der Wallfahrt hin: Seinerzeit ging es dem Vieh der Rheinländer schlecht – es litt an Salzmangel, und das begehrte Salz war in Werl zu haben. Ihren Dank drückten die Mucher unter anderem im Gebet bei der „Trösterin der Betrübten“, dem Wallfahrtsbild in Werl, aus, und so entstand die Idee, jährlich einen Bittgang vom Rheinland zu unternehmen – ein Versprechen, das bis heute eingehalten wird.

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Die "Preker-Linde" erinnert an den kürzlich verstorbenen letzten Guardian der Werler Wallfahrt, Pater Ralf Preker. © Jörg Winkel | Jörg Winkel

Die Mucher starteten am Donnerstag um 6 Uhr mit einer Pilgermesse in ihrer St.-Martinus-Kirche und zogen anschließend in strenger Prozessionsordnung aus der Kirche: Ganz vorn die Geistlichen, dahinter in Zweierreihen die Frauen, zum Schluss die Männer. Und es gilt: Die hier eingenommene Position wird bis Werl beibehalten. Geleitet wird die Prozession vom Brudermeister, und der heißt Stefan Höller. Der Weg wird nach Vorgaben gegangen: Mal in Prozessionsordnung, mal ohne. Mal wird gebetet, mal geschwiegen. Immer wenn Orte erreicht werden, nehmen die Mucher ihre Prozessionsordnung ein, um auch nach außen jedem Passanten oder Einwohner klarzumachen, dass sie einen besonderen Weg gehen. In Höhe von Blockhaus erreichten sie den Kreis Olpe und zogen, den siebten Rosenkranz betend, zu einer Wegekreuzung im Wald bei Gelslingen.

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Dieser Platz hat seit langem eine besondere Bedeutung für die Mucher Pilger. Denn hier halten sie inne, um im gemeinsamen Gebet an Menschen zu erinnern, die nicht mehr unter ihnen weilen, die aber eng mit der Wallfahrt verbunden waren. Menschen wie Pfarrer Linke. An ihn erinnert eine Stele, die sie dem Geistlichen nach dessen Ruhestand geschenkt hatten und das nach Linkes Tod zu seiner Erinnerung an ebenjenem Platz aufgestellt wurde. Und genau diese Stele wurde vor Monaten Ziel von Vandalen, die die schmucken, teuer anzufertigen, aber nur mit geringem Materialwert versehenen Plaketten herausgebrochen hatten. Am Donnerstag nun stand die Stele in alter Pracht wieder an ihrem Standort, die Mucher haben die Plaketten nachfertigen lassen und den Gedenkort in frischen Glanz versetzt. Auf der Rückseite befindet sich nun ein Hinweisschild, das möglichen Wiederholungstätern klarmacht, das sie für nicht einmal 20 Euro Schrottwert über 400 Euro Schaden anrichten würden, abgesehen vom ideellen Wert, den die Plaketten für die betenden Mucher und auch viele Spaziergänger aus der Region haben, die den gern genutzten Wanderweg ablaufen. Die Mucher Geistlichkeit spendete der erneuerten Stele den Segen. Und das Gleiche galt für einen Baum: die „Preker-Linde“, die die Pilger vor einigen Wochen unweit der Stele auf eine Brache im einstigen, vom Käfer geräumten Fichtenwald gepflanzt haben. Der von Westnetz gesponserte „Klimabaum“ solle, so der Wunsch von Brudermeister Höller, noch Schatten spenden und Sauerstoff produzieren, wenn die nächsten Generationen der Mucher Pilger die Tradition fortsetzen. Er erinnert an Pater Ralf Preker, kürzlich verstorbener langjähriger Guardian (Leiter) der Werl-Wallfahrt und vielen Mucher Pilgern in enger Freundschaft verbunden.

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140 Pilger waren es in diesem Jahr, und damit, so Höller, wurden die „Vor-Corona-Zahlen“ wieder erreicht. Besonders froh ist er darüber, dass ganze 30 Erstpilger mit dabei sind und die Hoffnung keimen lassen, dass sie auch künftig mitgehen. Betend ging es von der Stele weiter nach Drolshagen, wo ihnen ein wahrlich festlicher Empfang bereitet wurde. So hatten Gemeindemitglieder in aufwendiger Arbeit einen „Teppich“ vor den Eingang in den alten Teil der St.-Clemens-Kirche gestreut, versehen mit dem Mariengruß. In der Kirche begrüßte die Pilger der Chor und hatte in ein Pilgerlied eine Extra-Strophe für die Mucher eingefügt. Nach dem Segen in der Kirche bezogen die Mucher ihre Quartiere bei den Drolshagener Gasteltern, für die die Nacht früh zu Ende war, denn die Pilgermesse zum Weitermarsch wurde am Freitag um 4 Uhr eingeläutet. Eine Drolshagenerin, die sich sehr in die Betreuung der Pilger einbringt, zeigte sich begeistert: Insbesondere die jüngeren Teilnehmer hätten ihr erzählt, das Rosenkranz-Beten sei eigentlich nicht so ihre Sache, sie hätten aber gemerkt, dass dies beim Pilgern den Takt für den Weg angebe und für eine gewisse Ordnung sorge. „Immer wieder schön zu hören, dass das Althergebrachte doch irgendwie wieder Sinn macht“, so die Frau.

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In Werl treffen die Mucher am Samstag ein und werden dann gemeinsam etwa mit den Olper Werl-Pilgern ihre Wallfahrt beschließen. So, wie es Tradition ist.