Grevenbrück. Ulla Kurzbach aus Grevenbrück betreute über 100 Kinder und war trotz schwieriger Momente mit Herzblut dabei. Das sind ihre neuen Pläne.

Ulla Kurzbach aus Grevenbrück ist Tagesmutter aus voller Überzeugung und das schon seit mehr als 15 Jahren. Zahlreiche Kinder im Alter zwischen drei Monaten und drei Jahren sind bei der 66-Jährigen groß geworden. Ulla Kurzbach hat in einer gewissen Art und Weise den Weg dieser Kinder geebnet. Sie hat mit den Kindern gespielt und gelacht. Die Grevenbrückerin hat die Kinder begleitet auf ihrem Weg, das Laufen, Krabbeln oder Sprechen zu lernen. In schwierigen Situationen hat sie die Kinder in den Arm genommen und ihnen Trost gespendet. Nicht nur in Grevenbrück ist Ulla Kurzbach als Tagesmutter eine Institution, sondern auch darüber hinaus. Mit einem weinenden und einem lachenden Auge geht sie nun in den wohlverdienten Ruhestand. Im Gespräch berichtet sie über die vielen Herausforderungen, besondere und schwierige Momente und macht Werbung für ihren Traumjob als Tagesmutter.

Sie blicken auf mehr als 15 Jahre als Tagesmutter zurück. Wie viele Kinder haben Sie betreut?

Die ganzen Namen der Kinder bekomme ich sicherlich nicht mehr zusammen. Aber es müssten über 100 bis 110 Kinder gewesen sein.

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Wie alt waren die Kinder, als sie zu Ihnen kamen und wie lange sind sie bei Ihnen geblieben?

Einige Kinder kamen ab drei bis fünf Monaten zu mir und denen habe ich sogar mitgebrachte Muttermilch gegeben. Die meisten Kinder sind bis etwa zu ihrem dritten Lebensjahr beziehungsweise bis zum Übergang in den Kindergarten bei mir geblieben.

Wer entscheidet das, wie lange ein Kind bei einer Tagesmutter bleiben kann?

Früher war es so, dass die Kinder mit zwei Jahren zwingend in die Kita gehen mussten. Auch wenn im Ort kein Platz frei war, wurde dennoch der Umkreis abgefragt. Heutzutage hat eine Tagesmutter einen höheren Stellenwert. Die Eltern können entscheiden, ob die Kinder bis zum 3. Lebensjahr bei einer Tagesmutter bleiben. Für viele kleine Kinder ist dieser persönliche Rahmen auch oftmals schöner. Ich sage immer, wenn die Kinder bei uns weggehen, sind sie fertig. Sie sind geimpft und haben ihre Zähnchen – das sind alles so Dinge, wo die Kinder mehr Nähe und Zuneigung brauchen.

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Wie viele Kinder dürfen Sie bei sich zu Hause betreuen?

Ich habe die Genehmigung vom Jugendamt des Kreises Olpe, fünf Kinder gleichzeitig betreuen zu dürfen und insgesamt kommen acht Kinder zu mir. Das richtet sich nach den Quadratmetern, die mir zur Betreuung zur Verfügung steht, wobei mit acht Kindern die Höchstgrenze erreicht ist.

Wie wird man eigentlich Tagesmutter?

Vor Beginn meiner Tätigkeit habe ich einen Qualifizierungskurs über 80 Stunden belegt. Und in den darauffolgenden Jahren musste ich an regelmäßigen Fort- und Weiterbildungen teilnehmen, alle zwei Jahre den Erste-Hilfe-Kurs wiederholen und alle fünf Jahre die Pflegeerlaubnis durch den Kreis Olpe verlängern lassen. Das Jugendamt kommt regelmäßig, um zu prüfen, ob die Kinder eine sichere Umgebung vorfinden. Zudem musste ich ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen.

Warum sind Sie damals Tagesmutter geworden? Wo lag Ihre Intension?

Kinder sein mein Leben und die Intension lag ganz klar bei unseren Enkelkindern, weil mein Mann und ich diese anfangs mitbetreut haben, und dann hat sich das einfach so ergeben. Der Kreis Olpe suchte irgendwann Tagesmütter und als ich bei Schlecker aufhören musste, habe ich mir als Tagesmutter etwas aufgebaut, zumal ich immer gerne Kinder um mich herum habe. Das war schon praktisch, von zu Hause aus zu arbeiten. Ich kann es nur jedem empfehlen, der mit einem oder zwei Kindern zu Hause ist.

Hat sich das bei anderen Eltern herumgesprochen, dass Sie eine gute Tagesmutter sind? Kamen die Eltern auf Empfehlung?

Das war wie ein Lauffeuer. Die ganzen letzten Jahre kamen die Kinder alle durch Mund-zu-Mund-Propaganda. Das hat mich schon stolz gemacht, dass mich die Eltern empfohlen haben. Natürlich hatte ich auch Anfragen vom Jugendamt. Aber diese musste ich ablehnen, weil bereits alle Betreuungsplätze belegt waren.

Was hat sich in den 15 Jahren als Tagesmutter verändert mit Blick auf Eltern und Kinder?

Die Kinder sind heute schon weiter in ihrer Entwicklung und schneller reif. Für vieles brauchten sie vor 15 Jahren einfach länger. Zu den Eltern, die ihre Kinder zu mir bringen, habe ich ein tolles Verhältnis. Die sind alle sehr locker.

Erwarten Eltern heutzutage, dass Tagesmütter oder Erzieher ihre Kinder erziehen?

Eine gewisse Grunderziehung muss schon da sein. Ich schaffe hier Strukturen. Wir machen alles gemeinsam und bei mir haben einige Kinder gelernt, einen Mittagsschlaf zu machen, der zu Hause kaum denkbar gewesen wäre. Um 12 Uhr ist Schlafenszeit und dann lege ich alle fünf Kinder in ihre Bettchen und dann wird gemeinsam geschlafen. Was hier gut läuft, haben einige Eltern übernommen.

Kann jeder Tagesmutter oder -vater werden?

Der Kreis Olpe sucht händeringend nach neuen Tageseltern und ich kann es nur empfehlen. Der Job ist nicht nur schön, sondern auch enorm wichtig für die Eltern und die Kinder. Gerade wenn sie so klein sind und in eine häusliche und familiäre Betreuung gehen. Ich würde es immer wieder machen, weil es mir in all den Jahren riesengroße Freude bereitet hat.

„Kindertagespflege kann jeder machen, der Kinder liebt, gerne mit ihnen umgeht und vor allem mal ein Auge zudrücken kann, wenn die Fensterscheiben nicht sauber bleiben. “

Ulla Kurzbach
Tagesmutter

Wem empfehlen Sie Ihren Traumjob?

Kindertagespflege kann jeder machen, der Kinder liebt, gerne mit ihnen umgeht und vor allem mal ein Auge zudrücken kann, wenn die Fensterscheiben nicht sauber bleiben. Es gibt viele Mütter, die beispielsweise nur ein Kind haben und selbst nicht arbeiten gehen können. So haben die eigenen Kinder dann auch einen oder mehrere Spielgefährten.

Bei Ihnen kamen die meisten Kinder auf Empfehlung. Wie ist der eigentliche Weg, eine Tagesmutter für die Betreuung meines Kindes zu bekommen?

Der Weg führt über das Jugendamt des Kreises Olpe und die vermitteln Kita-Plätze oder einen Platz bei der Tagesmutter.

Das heißt: Sie erhalten Ihr Geld dann auch vom Kreis Olpe für Ihre Tätigkeit?

Ich gelte als Selbstständige, muss mich selbst versichern und erhalte vom Kreis Olpe das Geld für die Betreuungskinder. Die Eltern zahlen den geregelten Kindergartensatz, der sich nach dem Einkommen der Eltern richtet und dieser gilt auch bei der Betreuung durch eine Tagesmutter. Ich schließe mit den Eltern Betreuungsverträge über die Stundenzahl, die von den Eltern benötigt werden, wie im Kindergarten auch.

Was war die größte Herausforderung für Sie als Tagesmutter?

Die größte Herausforderung ist immer die Eingewöhnung. Da hatten wir Kinder, da ging es sehr schnell und die Eltern haben mehr gejammert als die Kinder. Und dann hatten wir ein Kind, da bin ich fast verzweifelt und dachte noch, das wird nie was. Das Mädchen hat nur geweint. Und wenn ich mich nur einen halben Meter von ihr wegbewegt habe, fing sie wieder an zu schreien. Das ging über sechs Wochen und kurz bevor ich der Mama sagen wollte, dass es einfach keinen Sinn macht, legte sich der Schalter und das Mädchen war angekommen. Mittlerweile ist sie neun und wir haben immer noch Kontakt zu der Familie.

Was waren die schönsten Momente?

Die Kinder glücklich zu sehen und dankbare Eltern zu haben. Einige Kinder haben hier die ersten kleinen Schritte gelernt. Als ein kleiner Junge seiner Mama auf wackligen Beinen entgegenlief und sie Tränen in den Augen hatte, erfüllte mich das mit großem Stolz und Zufriedenheit.

Gab es auch schwierige Momente, dass sie als Tagesmutter aufhören wollten?

Aufhören nicht, aber schwierig war es durchaus. In 15 Jahren habe ich einmal ein Kind abgeben müssen, weil es von den häuslichen Verhältnissen nicht passte und das Kind permanent auf Konfrontation war mit den anderen Kindern. Die Anpassung an unsere festen Strukturen funktionierte partout nicht und das Kind ließ sich nicht eingliedern.

Ihr verdienter Ruhestand steht nun kurz bevor. Es geht also von 100 auf null. Wie geht das?

(lacht) Das lasse ich mal auf mich zukommen. Wir haben einige Pläne und wollen im August mit unseren E-Bikes ans Steinhuder Meer. Am meisten freue ich mich auf die Zeit ohne Verpflichtungen, Verantwortung und auf mehr Spontanität. Wir planen eine große Ruhestands-Grillparty mit der ganzen Familie im Garten.

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Gehen Sie mit einem lachenden und einem weinenden Auge?

Ich werde sicherlich noch das ein oder andere Tränchen vergießen, wenn die Eltern zum letzten Mal ihre Kinder abholen kommen und dann teilweise das ganze Spielzeug, was wir in all den Jahren angeschafft haben, mitnehmen. Einen Teil von den Spielsachen geben wir noch an den Kindergarten nach Elspe ab.

Wird es auch in Ihrem Ruhestand etwas geben, was Sie an ihre Tätigkeit als Tagesmutter noch erinnern wird?

Das sind immer die Abschiede, die auch mir immer sehr schwergefallen sind. Die ersten Jahre der Kinder sind prägend und eine Mutter sagte mal, Ulla hat unseren Kindern das beigebracht, was wir nicht geschafft haben. Sehr häufig erhalten wir auch noch Weihnachtskarten von den Kindern.

Ulla Kurzbach aus Grevenbrück war 15 Jahre Tagesmutter

Steckbrief: Ursula Kurzbach, die alle nur Ulla nennen, ist 66 Jahre alt. Sie ist wohnhaft und gebürtig aus Grevenbrück und gelernte Einzelhandelskauffrau. Vor ihrer Tätigkeit als Tagesmutter war sie in der Schlecker-Filiale in Bilstein tätig. Mit ihrem Mann Dieter wohnt sie in ruhiger Lage in einer gemütlichen Doppelhaushälfte. Gemeinsam haben die beiden drei Kinder und fünf Enkelkinder.

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