Altenhundem. Vier Jobs, ein Haus und tolle Freunde – Familie Gharam hat sich etwas aufgebaut und wünscht sich eingebürgert zu werden. Deshalb klappt es nicht.

Vor zehn Jahren kamen Lina Dyekh und Razek Gharam mit ihrer damals dreijährigen Tochter Daniella nach Deutschland. Sie flohen vor dem Krieg in Syrien, genauer gesagt aus Aleppo, um sich in Lennestadt ein neues Leben aufzubauen. Ein Leben in Frieden. Mit Träumen und einer Zukunft für ihre Kinder. Für den großen Traum eines eigenen Häuschens nehmen die beiden jeweils zwei Jobs an und haben aktuell nur noch einen Wunsch: den deutschen Pass zu bekommen. Warum das für die kleine Familie so wichtig ist? Und woran es bislang scheitert.

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„Ich wollte für meine Familie ein schönes Zuhause schaffen, ein Heim, in dem sich alle wohlfühlen“, erzählt der 46-jährige Razek Gharam. Er sitzt zusammen mit seiner Frau Lina Dayekh (35) und den beiden Kindern Daniella (13) und Peter (8) im Wohn- und Esszimmer der 165 Quadratmeter großen Doppelhaushälfte, die die Familie Ende 2021 in einer tollen Wohnlage in Altenhundem gekauft hat. Der große Esstisch im offenen Wohnbereich ist das Herzstück des Hauses. Hier sitzt die Familie oft zusammen, um zu essen, zu spielen und um gemeinsam zu beten. Denn die vierköpfige Familie ist sehr gläubig. „Wir sind sehr gläubige Christen. Peter ist gerade zur Kommunion gegangen und Daniella ist Messdienerin“, berichtet Razek Gharam stolz.

Vier Jobs für das Eigenheim

Ganz so einfach war der Weg in den letzten zehn Jahren allerdings nicht, seitdem die Familie in Deutschland lebt. Trotzdem und Dank des starken Zusammenhaltes schaffen sie es, sich etwas aufzubauen. Lina Dayekh, die in Syrien als Bankkauffrau tätig war, findet schnell eine Anstellung als Aushilfe in einer Apotheke, um dort Regale zu befüllen. Ihr Mann, der in Syrien als Unterwasserschweißer arbeitete, erhält eine Anstellung im Siegerland, wo er bis heute in einem Dreischichtbetrieb in der Rohrverarbeitung im Eisenbau tätig ist.

Nach ihrem Bundesfreiwilligendienst ist Lina Dayekh mittlerweile in Vollzeit bei der Stadt Lennestadt als Außendienst-Mitarbeiterin angestellt und kümmert sich um die Betreuung der Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften. Und um den Traum des Eigenheims überhaupt finanzieren zu können, geht das Ehepaar zusätzlich auf geringfügiger Basis arbeiten – Lina Dayekh weiterhin in der Apotheke und ihr Mann neben den drei Schichten noch als Hausmeister.

Einbürgerung bislang gescheitert

„Die Familie ist meine Nummer eins und wir haben ein neues, schönes Zuhause in Deutschland gefunden“, erzählt der 46-Jährige. Er und seine Frau haben ihre Familien – Eltern sowie Geschwister – in Aleppo zurückgelassen und sie seit zehn Jahren nur noch in Videoanrufen gesehen. „Es ist unser großer Wunsch, unsere Familien wieder in die Arme nehmen zu können, doch dafür brauchen wir einen deutschen Pass. Ohne diesen können wir nicht in Syrien einreisen“, erklärt der Familienvater aus Altenhundem.

Bisher sind alle Versuche auf Einbürgerung gescheitert, obwohl Razek Gharam mit seinen Kindern sehr viel für den Test gelernt hat. Während Peter die 3. Klasse der Grundschule besucht, möchte Daniella gerne von der Sekundarschule zum Gymnasium wechseln. Die Kinder sind sehr gut integriert, haben Hobbys und Freunde und haben Deutsch als Lieblingsfach. „Die Kinder verstehen und sprechen auch die arabische Sprache, aber schreiben können sie diese nicht“, erzählt die Mutter. Das liegt wohl daran, dass im Arabischen von rechts nach links geschrieben wird, was Razek Gharam bei dem letzten Test auf Einbürgerung große Schwierigkeiten bereitet hat und woran es letztendlich scheiterte.

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„Mir fällt es schwer eine Mail von links nach rechts zu schreiben, wie es im Deutschen verlangt wird, aber ich werde weiter üben“, erklärt Gharam, der gutes Deutsch spricht. Natürlich wurde ihm auch ein Integrationskurs mit der Erlangung eines Zertifikates angeboten, doch dieser müsste in Vollzeit absolviert werden. „Wie soll das gehen? Ich muss arbeiten und Geld für die Familie und das Haus verdienen und kann nicht ein Jahr lang einen Kurs besuchen.“

Einbürgerung in den Kreis Olpe

Für eine Einbürgerung sind laut Pressestelle des Kreises Olpe zum einen Sprachkenntnisse und zum anderen Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung nachzuweisen. Die Sprachkenntnisse werden in der Regel über ein B1-Zertifikat nachgewiesen, die Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung in der Regel über das erfolgreiche Absolvieren des Einbürgerungstests.

Beide Arten von Kenntnissen kann man durch vorbereitende Kurse bei den Integrationskursträgern erarbeiten (unter anderem Volkshochschule, InVia, Milling-Sprachschulen, CJD, Deutsche Angestellten-Akademie). Dort werden auch die Prüfungen abgenommen. Bei einigen Kursträgern ist es möglich, die Prüfungen zu absolvieren, ohne die Kurse belegt zu haben.

Für beide Arten von Kenntnissen gilt: Wenn ein deutscher Schulabschluss oder Ausbildungsabschluss vorgelegt werden kann, gelten die Anforderungen auch ohne Test als erfüllt.

Wie oft kann ein solcher Test gemacht werden? Der Test kann wiederholt werden, wenn er nicht bestanden wurde.

Wie lange muss man im Kreis Olpe leben, um Einbürgerung beantragen zu können? Zum aktuellen Zeitpunkt ist ein achtjähriger rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland Voraussetzung – dies wird mit der Reform des Staatsangehörigkeitsrecht ab Ende Juni auf fünf Jahre verkürzt werden.

Wie viele Anträge gibt es im Jahr? Die Ausländerbehörde des Kreises Olpe bearbeitet ca. 400 Anträge im Jahr.

Auf der Internetseite www.bamf.de kann der Fragenkatalog eingesehen werden. Beim Test werden davon 33 zufällig ausgewählte Fragen gestellt. Davon müssen 17 korrekt beantwortet werden, um zu bestehen.