Attendorn. Immer mehr Menschen leiden unter extremem Übergewicht. Experten schätzen die Zahl der Betroffenen alleine im Kreis Olpe auf fast 3000.
Ab einem Body-Mass-Index von über 40 kg/m2 Körperfläche spricht man von einer krankhaften Adipositas dritten Grades. Diese kann schwere Folgeerkrankungen, wie zum Beispiel Diabetes, Herzleiden oder Depressionen verursachen. Fachleute gehen alleine für den Kreis Olpe von mehr als 2.700 Menschen aus, also rund zwei Prozent der Bevölkerung, auf die das zutrifft. Die Tragweite des Phänomens ist enorm: Mit dem „Dicksein“ sind schwere körperliche und seelische Leiden verbunden. Das geht aus einer Pressemitteilung der Helios Klinik hervor.
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Dem entgegen stehen vergleichsweise nur sehr wenige Therapie- und Behandlungsangebote. Sowohl im Kreis Olpe als auch im benachbarten Märkischen Kreis bieten Krankenhäuser bislang noch keine Adipositas-Chirurgie an, zu der unter anderem Magenverkleinerungen gehören. Im Gegenteil: So steht eine Fachklinik in Kirchhundem laut aktuellen Meldungen in der Lokalpresse kurz vor der Schließung.
Die Helios Klinik Attendorn möchte diesen Zustand der medizinischen Unterversorgung ab sofort beenden und ist dabei, ein umfassendes Angebot für Erkrankte zu entwickeln. Dieses soll künftig weit über die Anwendung verschiedener operativer Verfahren hinausgehen. Leiter des neuen Adipositas-Fachbereichs ist Dr. Stefan Bollmann. Der erfahrene Mediziner leitet seit September vergangenen Jahres die Klinik für Allgemein- und Viszeralchirurgie und blickt auf über zwei Jahrzehnte praktische Erfahrung und rund 5.000 Magen-Operationen (Schlauchmagenbildungen, Magenbypässe etc.) zurück.
Termine
Dr. Stefan Bollmann und Jens Gerstenberger laden am 26. Juni ab 17 Uhr zu den Attendorner Medizingesprächen in die Helios Klinik, Hohler Weg 9, ein. Thema: Ganzheitliche Adipositas-Therapie
Die neue Selbsthilfegruppe trifft sich erstmals zum allgemeinen SHG-Infotag am Mittwoch, 10. Juli, um 18 Uhr in der Helios Klinik Attendorn. Eine Anmeldung ist für beide Veranstaltungen nicht erforderlich.
„Wir freuen uns sehr, dass wir für unseren Standort einen so kompetenten und namhaften Fachmann für unseren neuen Fachbereich gewinnen konnten, von dem die Patientinnen und Patienten in der Region profitieren werden“, sagt Dr. Oksana Prajzel, Geschäftsführerin der Helios Klinik Attendorn.
Eine Vorfreude verspürt auch Dr. Bollmann selbst: „Mein Team und ich wollen endlich auch den Menschen hier ein angemessenes und heimatnahes Therapieangebot machen und führen alle gängigen Operationsverfahren durch, mit denen wir den Grundstein für ein buchstäblich neues Leben der Betroffenen setzen wollen.“
Dabei soll jedoch laut Bollmann nicht nur der chirurgische Eingriff im Fokus stehen. „Wenn sich zeigt, dass wir auch mit konservativen Methoden, sprich: Sport oder Ernährungsumstellung ans Ziel kommen können, raten wir nicht zwangsläufig zu einer OP. Wir finden für jeden Patienten ein individuelles Therapiekonzept.“ Flankierend kommt auch ein strukturiertes Vor- und Nachsorgekonzept als Baustein hinzu.
Adipositas
Adipositas ist eine Erkrankung, die immer mehr ins Bewusstsein der Gesellschaft rückt, jedoch erst vor knapp vier Jahren von der damaligen Bundesregierung offiziell als Krankheit anerkannt wurde. Dabei sind alleine in Deutschland laut Schätzungen des Robert-Koch-Instituts mehr als 50 Prozent der Menschen von Übergewicht betroffen, Tendenz steigend. Hier sind jedoch unterschiedliche Schweregrade zu unterscheiden. Ab einem Body Mass Index von über 40 kg/m2 Körperfläche besteht eine krankhafte Adipositas dritten Grades mit all ihren Folgeerkrankungen wie unter anderem Diabetes, Herzleiden oder Depressionen.
Eigens dafür konnte die Helios Klinik Attendorn mit Jens Gerstenberger einen Experten gewinnen, der bereits Adipositas-Zentren in Köln-Ehrenfeld und Mönchengladbach-Neuwerk begleitet hat. Er arbeitet nun in Attendorn als Koordinator des Fachbereichs und psychologischer Berater. Als „Der XXL-Coach“ berät und trainiert Gerstenberger zudem seit 25 Jahren als Mental- und Fitness-Trainer Erkrankte. Der gebürtige Düsseldorfer bezeichnet sich selbst als „Trockener Adipöser“ und weiß aus eigener Erfahrung, mit welchen Belastungen Betroffene zu kämpfen haben. „Fatal ist es, wenn die Menschen nach einer Operation nach Hause geschickt und buchstäblich alleine gelassen werden. Was und wieviel kann ich überhaupt jetzt essen? Wie strukturiere ich meinen neuen Alltag nach einer OP? Was mache ich mit meiner schlaffen Haut, die jetzt an mir runterhängt“, so Gerstenberger. Ein eigene Adipositas-Hotline (ab 1. Juli) und eine neue Selbsthilfegruppe, die am 10. Juli in der Helios Klinik Attendorn startet, gehören unter anderem zu dem multimodalen, ganzheitlichen Ansatz, den der Fachbereich verfolgt.
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Die Attendorner Stadtspitze steht dem neuen Angebot ausdrücklich positiv gegenüber. „Die Erweiterung des Angebots der Helios-Klinik in Attendorn um eine ganzheitliche Adipositas-Therapie ist eine wichtige Bereicherung für das medizinische Angebot in Attendorn und darüber hinaus“, so Bürgermeister Christian Pospischil. Denn damit könne die wachsende Anzahl von Betroffenen zum ersten Mal kompetente Hilfe innerhalb des Kreises Olpe finden.
Das sieht Nezahat Baradari, Bundestagsabgeordnete (SPD) aus Attendorn und selbst Kinderärztin, ähnlich: „Ich freue mich, dass die Klinik in Attendorn sich in diesem Bereich neu aufgestellt hat und den Bürgerinnen und Bürgern wohnortnah diese Möglichkeiten anbietet.“ Adipositas sei mit hohen Risiken etwa für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Bluthochdruck verbunden, die strukturierte Behandlung und Nachbetreuung zur Vermeidung schwerwiegender und oft chronischer Folgeerkrankungen essenziell.