Gerlingen. IHK wurde für Bürgerinititative und Gemeinde tätig. 88 Firmen nahmen an Umfrage teil. Einige von ihnen tragen sich mit Abwanderungsgedanken.
Kräftigen Rückenwind erhoffen sich Bürgermeister Bernd Clemens (CDU) sowie Ortsvorsteher Benjamin Hacke und Karl-Josef Luke von der Initiative „Besser leben in Gerlingen“ (BliG) von einer Umfrage, die die Industrie- und Handelskammer Siegen gestartet hat. Am Freitag stellten sie gemeinsam die Ergebnisse vor, von denen sie erhoffen, dass sie einer möglichen Ortsumgehung von Gerlingen den Weg ebnen. Denn, das machte Bürgermeister Clemens klar, während bislang die Rede stets vom „besser leben“ durch eine solche Entlastungsstraße gewesen sei, mache die Umfrage nun deutlich, dass auch die Wendener Wirtschaft eine Ortsumgehung brauche.
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IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer berichtete, die Gemeinde sei auf Betreiben der BliG auf die IHK zugekommen, und diese sei gern bereit gewesen, für die „industriestarke Gemeinde“ initiativ zu werden. Sie habe eine Blitzumfrage an 400 Unternehmen im Wendener Land herausgeschickt, und der Rücklauf sei mit 88 Antworten für eine derartige Umfrage „sehr, sehr gut“. Insbesondere seien die Aussagen von Bedeutung, weil über ein Drittel der Antworten explizit von Gerlinger Unternehmen (einschließlich Industriegebiet Auf der Mark) kämen. Und es falle extrem auf, dass die Antwortenden in hoher Zahl die Möglichkeit genutzt hätten, nicht nur anzukreuzen, sondern ausführlich in freien Worten Stellung zu beziehen. Langer: „Von ,Da muss endlich was passieren‘ bis zu konkreten Lösungsansätzen war da alles dabei.“ Es werde aber noch deutlicher, wie hoch der Druck tatsächlich sei. Und das spiegeln auch die Zahlen wider, denn fast genau die Hälfte (49 Prozent) der antwortenden Befragten geben an, von der angespannten Verkehrssituation „stark“ oder „sehr stark“ betroffen zu sein. Die einen klagen über Probleme mit der pünktlichen Anreise ihrer Mitarbeiter, die anderen über im Stau stehende Kunden, Dritte über Sorgen und Nöte bei der An- und Ablieferung ihrer Produkte. 15 Prozent geben an, dass die Verkehrssituation ihnen Probleme in Sachen Fachkräftewerbung bereite. Jedes elfte Unternehmen beklagt, dass dadurch bereits Kunden und Aufträge verloren gegangen seien, und ein Viertel der Befragten gibt an, dass die angespannte Verkehrssituation Auswirkungen auf die strategische Unternehmensentwicklung haben werde. 14 Prozent halten Investitionen zurück und 10 Prozent denken sogar an eine Betriebs- oder Produktionsverlagerung.
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Bürgermeister Clemens betonte, durch diese Umfrage werde deutlich, was die 20.000 Fahrzeuge werktäglich auf der Ortsdurchfahrt außer der immensen Belastung der Anlieger für Folgen habe. „Klar sehen wir alle in erster Linie das Land in der Pflicht; es ist eine Landesstraße und die Zustände sind fast unzumutbar.“ In zwei Wochen werde die Gemeinde in der Ratssitzung eine Kosten-Nutzen-Analyse präsentieren, die zurzeit noch in Arbeit ist. Clemens erhofft sich von deren Ergebnis noch mehr Rückenwind für den Plan, die kalkulierten 15 bis 20 Millionen Euro gestemmt zu bekommen. Benjamin Hacke: „Der Rat muss sich nun klar zur neuen Straße bekennen.“ Und Karl-Josef Luke ergänzte: „Diese Entlastungsstraße ist alternativlos. Dass die Verkehrsbelastung so gewaltige wirtschaftliche Folgen hat, muss ein Weckruf sein.“ Beide machten deutlich, dass die im Verlauf der jüngsten Bürgerversammlung in Saßmicke laut gewordenen Vorwürfe an die Gerlinger nicht zuträfen: Die Ablehnung einer Ortsumgehung sei vor knapp 15 Jahren unter gänzlich anderen Umständen zu sehen. Damals sei es um eine Straße gegangen, die der alten Bahntrasse in Richtung Wendenerhütte gefolgt wäre. Luke: „Das wäre für Gerlingen nichts als eine Verlagerung des Problems geworden. Dann hätten wir den Verkehr auf zwei Trassen im selben Tal gehabt. Jetzt geht es um eine echte Ortsumgehung, die 40 Prozent des Verkehrs aus dem Ort schaffen würde.“
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Dass auch ein sofortiges Ja des Rates keine kurzfristige Besserung bringen würde, ist allen klar. Laut Bürgermeister Clemens könnte ein Baubeginn, selbst wenn alle weiteren Schritte einvernehmlich liefen und die Finanzierung geklärt wäre, in sechs bis acht Jahren anstehen. Viel kurzfristiger, so beantworteten sie übereinstimmend eine Nachfrage unserer Redaktion, wäre hilfreich, endlich eine tatsächlich funktionierende Abstimmung der verschiedenen Ampeln zwischen Autobahnabfahrt und der Kreuzung am Abzweig nach Wenden zu haben. Aber dort werde seit Jahren ohne Unterlass umprogrammiert und ausprobiert. Clemens: „Wir haben keine Ahnung, was da eigentlich passiert und welcher Straßenbaulastträger da was vorhat.“ Auch hier will die Gemeinde am Ball bleiben. Hacke: „Wir leben im Jahr 2024, da darf doch sowas nicht mehr sein, dass man Ampeln nicht koordiniert bekommt.“