Kreis Olpe. Die Jugendherbergen in Bilstein und Stade sind beliebte Ziele. In besten Zeiten existierten sogar fünf derartige Einrichtungen im Kreis.
Jugendherbergen: Ältere verbinden sie vermutlich immer noch mit „Muckefuck“, dem getreidebasierten Kaffee-Ersatz, der früher gern zum Frühstück gereicht wurde. Schlafsäle, Gemeinschaftsduschen und Mithilfe beim Spülen gehörten ebenfalls vor nicht allzu langer Zeit zum Standardprogramm dieser besonderen Unterkünfte. Wer in jüngerer Zeit Gast in einer Jugendherberge war, der weiß, dass ganz viel davon nicht mehr stimmt. Kaffee oder Tee ist selbstverständlich. In manchen Häusern wird ein Frühstücksbuffet gereicht, das den Vergleich mit Hotels nicht scheuen muss. Familienzimmer, Spülmaschinen und Nasszellen am Zimmer sind auch fast schon Standard. Die Jugendherbergen sind mit der Zeit gegangen, gleichgeblieben ist, dass sie für viele Schulen, Gruppen und Vereine die Ziele der Wahl sind, wenn es auf Reisen geht.
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Der Kreis Olpe ist auf der Landkarte des Deutschen Jugendherbergswerks mit zwei dicken Nadeln markiert: Zwei der größten Einrichtungen des Landesverbands Westfalen-Lippe befinden sich hier. Da ist zum einen die Jugendburg Bilstein, die zudem auch eine der ältesten Jugendherbergen ist, sie wurde 1927 eröffnet. Zum anderen gibt es die Jugendherberge Biggesee im kleinen Weiler Stade bei Rhode. Beide bieten über 200 Betten für müde Gäste. Doch sah dies noch vor wenigen Jahren noch wesentlich bunter aus: In Hochzeiten gab es fünf Jugendherbergen gleichzeitig im Kreis Olpe. Neben Bilstein waren solche Einrichtungen in Attendorn, Oberhundem, Olpe und Heggen vorhanden. Sie alle sind längst Geschichte.
Aus einer Schule in die Welt
Jugendherbergen entstanden ab Anfang des 20. Jahrhunderts im Zuge der Jugendbewegung als Unterkünfte für junge Menschen, Jugendgruppen und Schulklassen. Am 26. August 1909 hatte der Lehrer Richard Schirrmann aus Altena erstmals die Vision einer Jugendherberge. Er gründete gemeinsam mit dem Hilchenbacher Naturschützer Wilhelm Münker und dem langjährigen Geschäftsführer des Sauerländischen Gebirgsvereins, Julius Schult, das Deutsche Jugendherbergswerk. Die erste Herberge entstand in Schirrmanns Schule in Altena 1911. Dieses Provisorium wurde 1912 durch eine Jugendherberge auf der Burg Altena oberhalb der Stadt ersetzt, die heute als Teil der dortigen Museen im Original zu besichtigen ist. 1911 gab es bereits 17 Jugendherbergen, 1921 etwa 1300 und 1928 rund 2200. Die Bewegung weitere sich nahezu weltweit aus. Hauptzielgruppe sind inzwischen nicht mehr Wanderer, sondern Familien. Auch nutzen viele Schulen die Jugendherbergen für Ausflüge und Seminare. (Quelle: Wikipedia)
Und eine weitere, ganz besondere Jugendherberge existiert zwar noch, wird aber nicht mehr als solche vermietet. In Bamenohl baute Jupp Schöttler nach dem Zweiten Weltkrieg eine private Jugendherberge, die nach seinem Tod von seiner Frau, der renommierten Künstlerin Anneliese Schmidt-Schöttler (✝ 2015), geführt wurde. Hier wurden die Gäste morgens mit einem Lied zur Gitarre geweckt, 26 Betten standen für Wandergruppen, Schulklassen oder Einzelgäste bereit. Doch dies ist vorbei: Seit rund 15 Jahren ist die Jugendherberge Bamenohl nicht mehr beim Deutschen Jugendherbergswerk geführt. Zwar existiert noch eine Homepage, aber wer einen Kontakt herstellen möchte, erhält nur eine Fehlermeldung. Ein Förderkreis unterhält die einstige Herberge, in der gelegentlich noch Mitglieder des Vereins übernachten und in der nach Anmeldung eine Kunstsammlung besichtigt werden kann. Außer Werken von Anneliese Schmidt-Schöttler sind dort auch Arbeiten des Malers Reinhold Bicher zu sehen.
Die Jugendherberge Oberhundem war legendär vor allem durch ihren Herbergsvater: Karl Falk (✝ 2017), der aus Attendorn stammte und dort in der Heimatarbeit eine Größe war. Er eröffnete gemeinsam mit seiner Ehefrau die seinerzeit neu gebaute Herberge 1957 und leitete sie ganze 30 Jahre. Hier wurde der Skisport intensiv gepflegt, außerdem das Wandern. Das Haus wurde 2006 geschlossen; nach langem Leerstand kaufte der Unternehmer Klaus Strunk den Komplex und eröffnete hier den „Waldhof“ als „Abenteuerherberge“. Doch auch hier sind inzwischen keine Gästeübernachtungen mehr möglich, im „Waldhof“ finden nun Angebote der Jugendhilfe statt.
Das Gebäude der Jugendherberge Attendorn steht noch, doch erinnert nichts mehr als seine stolze Vergangenheit. Es wurde in den 1920er-Jahren erbaut und sollte ursprünglich dem Männergesangverein „Cäcilia“ als Sängerheim dienen. Doch als das Haus schon stand, wurde wegen der großen räumlichen Nähe zur seinerzeitigen Gastwirtschaft „Burgblick“ diese Nutzung nicht genehmigt.
Die Sänger verkauften es ans Herbergswerk, das umgehend eine Jugendherberge einrichtete. Ein Problem war, dass die Herbergseltern nicht in der Herberge selbst wohnen konnten, sondern in einem benachbarten Haus Unterkunft beziehen mussten. Da auch Brandschutz und Komfort im Lauf der Jahre zu wünschen übrig ließen, schloss das Herbergswerk im Jahr 1987 die Jugendherberge Attendorn. Ersatz fand sich in der Nähe: Das 1928 erbaute und 1979 geschlossene Krankenhaus Heggen war kurz zuvor zur Jugendherberge umgebaut worden. Dieses Kapitel endete 2016: Nach einer ursprünglich vorübergehenden Nutzung als Flüchtlingsunterkunft entschied das Jugendherbergswerk Westfalen-Lippe, die Herberge nicht wieder zu öffnen.
Am wenigsten bekannt ist über die Jugendherberge Olpe: Ihr Standort war Im Dohm, nahe dem damaligen Freibad. Sie wurde wohl in den 1950er-Jahren geschlossen, und danach blieb Olpe viele Jahre ohne Jugendherberge, bis 1972 direkt am Biggesee die nach diesem benannte Einrichtung neu eröffnet wurde.
Zwei weitere Standorte gab es auf der Herbergskarte nur kurz: 1911/12 mietete das Jugendherbergswerk Räume in der Oberburg von Burg Schnellenberg und eröffnete hier eine der ersten Herbergen überhaupt. Diese Zeit endete 1928. Und am Aussichtsturm auf der Hohen Bracht bestand von 1931 bis 1933 ein Außenstandort der Jugendburg Bilstein, der dann zum Schulungsheim der Hitlerjugend umfunktioniert und später Arbeitsdienstlager wurde. Als Jugendherberge diente er nicht mehr.
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Ursprünglich sollten Jugendherbergen alle 30 Kilometer eine Nachbar-Einrichtung haben, um so Tageswanderungen von Herberge zu Herberge zu ermöglichen. Doch das ist schon lange nicht mehr möglich. Auch in der Nachbarschaft des Kreises schrumpfte die Zahl der Jugendherbergen stark. In Bad Berleburg, Siegen und Burbach wurden in den 1990er-Jahren die Häuser ersatzlos geschlossen, später auch die in Schmallenberg und Meinerzhagen. Die Jugendherberge in Hilchenbach, benannt nach dem Mitgründer des Jugendherbergswerks, Wilhelm Münker, existiert zwar noch, wird aber nicht mehr vom Deutschen Jugendherbergswerk getragen, sondern der auf Klassenfahrten spezialisierten Gesellschaft IFBE. Eine Besonderheit gibt es im Nachbarkreis Altenkirchen: Dort existiert die zweite Jugendburg, die Freusburg. Und obwohl sie auf dem Gebiet des Landes Rheinland-Pfalz liegt, gehört sie wie die Häuser im Kreis Olpe seit jeher zum Landesverband Westfalen-Lippe.