Herdecke/Hagen. Amprion hat die Hengsteysee-Pläne der beiden Verwaltungen nüchtern zur Kenntnis genommen. Unverständnis äußert eine 2024 gegründete Gesellschaft.
Ende Januar haben Verantwortliche aus den Stadtverwaltungen aus Hagen und Herdecke bei einem gemeinsamen Pressetermin ihre Einschätzungen zur Brücke am unteren Hengsteysee veröffentlicht. Tenor: Nach den unterbrochenen Übernahme-Verhandlungen mit Eigentümer Amprion favorisieren die Vertreter aus beiden Rathäusern einen Neubau ein paar Meter entfernt.
Viel Geld für benachbarten Überweg
Zur Erinnerung: Drei Varianten zur Lösung der ungeklärten Brückenfrage am Schiffswinkel haben die Stadtspitzen vorgestellt. Keine davon sei günstig, lasse sich aber größtenteils aus Fördermitteln finanzieren. Als Kosten-Nutzen-Gewinner kristallisiere sich ein neuer Überweg für den Fuß- und Radverkehr unterhalb des bestehenden Bauwerks heraus, unter anderem wegen recht geringer Wartungskosten und dann „sehr genauen Kenntnissen“ über den Zustand der ab 2028 entstehenden Konstruktion. Einwenden ließe sich beispielsweise, dass dann zwei Wege zur Wasserüberquerung nebeneinander stehen würden und rund 16,5 Millionen Euro als derzeit geschätzte Gesamtinvestition eine enorme Summe darstellen.
Anderseits lässt sich hervorheben, dass die beiden Stadtverwaltungen die Bedeutung einer zukunftsfähigen Lösung für die hiesige Region erkannt haben. Denn spätestens seit den gravierenden Folgen der Rahmedetal-Brücke der A45 bei Lüdenscheid weiß die Öffentlichkeit, dass solche Bauwerke keine Vergnügungssteuer mit sich bringen. Erst recht nicht, wenn diese im Wasser stehen. Doch auch davon hat sich übrigens die Nachbarkommune Wetter nicht abschrecken lassen, auch sie plant bekanntlich am Skaterpark einen neuen Überweg für den Freizeitverkehr nach Volmarstein.
Reaktion von Brücken-Eigentümer Amprion
Zurück zum Hengsteysee. „Wir haben die Pläne der beiden Städte zur Kenntnis genommen“, teilt der zuständige Amprion-Sprecher Andreas Lehmann auf Anfrage der Redaktion mit. Davon unbenommen habe der Übertragungsnetzbetreiber nach wie vor ein Interesse daran, sein Bauwerk zwischen Hagen und Herdecke zu veräußern. „Dazu führen wir auch weiterhin Gespräche. Hierzu gibt es derzeit keinen neuen Stand. In diesem Zusammenhang war und ist für Amprion wichtig, dass die Brücke auch in Zukunft von der Öffentlichkeit genutzt werden kann.“
Die Koepchenwerkanschlussbahn gGmbH
Ohne konkret den Namen zu nennen, wissen Ortskundige, dass Amprion seit Monaten mit einer 2024 gegründeten Gesellschaft verhandelt. Die Koepchenwerkanschlussbahn gGmbH hat sich mehrfach dazu bekannt, die Brücke neben dem Hengsteysee-Wehr inklusive der dort liegenden Bahnschienen übernehmen zu wollen. Und die Aussichten stehen dem Vernehmen nach nicht schlecht, dass dieser Interessent der neue Eigentümer wird.
Gesellschaft hofft auf Zuschlag
Eine treibende Kraft in dieser Hinsicht ist Peter Gerigk. Das langjährige Ratsmitglied aus Herdecke führt als Vorsitzender die Arbeitsgemeinschaft Koepchenwerk, aus den Reihen dieser AG hat sich die genannte gemeinnützige Gesellschaft gebildet. Einer der führenden Vertreter der gGmbh heißt: Peter Gerigk. Er bestätigt: „Wir haben mit Amprion weitere Gespräche und Termine vereinbart. Wir hoffen, dass wir im Zusammenhang mit der Brücken-Übernahme die letzten Fragen klären können.“ Auch mit RWE habe die Gruppe mit den Ehrenamtlern erste Kontakte geknüpft.
Die Ziele zugunsten eines Denkmals
Der Herdecker hat im November 2024 gemeinsam mit dem Hagener Patrick Lausen in einer Ausschusssitzung die Ziele und Pläne der gGmbh erläutert. Die zwei der vier Gesellschafter erklärten Folgendes: das Industriekulturdenkmal Koepchenwerk inklusive der betriebsfähigen und fast hundertjährigen Anschlussbahn erhalten beziehungsweise für die Internationale Gartenausstellung 2027 aufwerten sowie dieses an das öffentliche Verkehrsnetz anbinden. Zur besagten Eisenbahnbrücke am Schiffswinkel heißt es: Erhalt und Ausbau der weiteren (nicht bahnbezogenen) Nutzungen. Die unfallträchtigen Schienen lassen sich mit Gummiverfüllungen abdichten, so dass Radfahrer dort nicht mehr stürzen und zugleich ein Shuttle-Zugbetrieb möglich sei.
„Die Stadtverwaltungen benehmen sich wie beleidigte Kinder, denen man das Spielzeug weggenommen hat.““
Seit März 2023 laufen demnach Gespräch zwischen Amprion und der Gesellschaft, die auch Akteneinsicht zum Zustand der Brücke erhalten habe und im Falle einer Übernahme ebenfalls auf öffentliche Fördergelder hofft. Dass die Städte Hagen und Herdecke nebenan einen zweiten Überweg als Neubau favorisieren, nennt Gerigk „einen merkwürdigen Plan“. Er habe den Eindruck, dass sich verantwortliche Verwaltungsvertreter „wie beleidigte Kinder benehmen, denen man das Spielzeug weggenommen hat.“
Seine Forderung: Gemeinsam mit Amprion und der gGmbH sollten die beiden Stadtverwaltungen anstelle eines Neubaus eine zukunftsfähige Lösung mit der bestehenden Brücke anstreben. Das ließe sich womöglich schon für eine sechsstellige Summe bewerkstelligen und sei somit deutlich günstiger als die vorgelegten Varianten aus den Rathäusern. Der Zustand der dortigen Pfeiler beispielsweise ermögliche auch eine neue Konstruktion darüber inklusive einer Verbreiterung des nutzbaren Wegs. Gerigk: „Es gab sogar laut Willi Creutzenberg mal Pläne, an der Stelle eine reguläre Straße zwischen den beiden Ufern zu errichten.“
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