Ende. Im Stadtteil Ende soll Jan Schaberick nun 2015 Prozent oder 20 Mal mehr Steuern für ein Stück Land zahlen. Ein Bericht über bürokratische Tücken.

In diesen Tagen gehört die Grundsteuer-Reform deutschlandweit zu den Top-Themen. Von einem besonderen Fall aus Herdecke berichtet nun Jan Schaberick. Der Jurist und Politiker hat im Januar den Bescheid von der hiesigen Stadtverwaltung sowie vom zuständigen Finanzamt Witten erhalten – und traute seinen Augen nicht. Seither taucht er in die Tiefen der Bürokratie ein, das erfordere Zeit und zusätzliches Geld. „Es ist richtig ärgerlich“, so seine Zusammenfassung.

Kein Grund für Neubewertung

Zum Sachverhalt: Seit langer Zeit gehört der Familie Schaberick eine Ackerfläche am Appelsiepen. Unterhalb vom Kermelberg dominieren landwirtschaftliche Flächen die Szenerie, das 3000 Quadratmeter große Grundstück der Herdecker passt somit dort hin. 80 Euro und einen Cent Steuern zahlte der 39-Jährige bisher pro Jahr dafür. Der neue Bescheid sieht sage und schreibe 1692,09 oder quartalsweise rund 423 Euro vor. „Die Daten können nicht richtig sein. Es gibt auch keinen Grund für eine Neubewertung.“ Eine erste Andeutung erreichte ihn schon 2024, als der neu festgelegte Schätzbescheid 36-Mal höher ausfiel als zuvor. Schon dagegen erhob der Jurist Einspruch, hörte dann aber nichts mehr vom Finanzamt.

Enorme Diskrepanz

Das betreffende Areal haben die Behörden in zwei fast gleich große Teile aufgegliedert. Auch das löst jetzt Verwunderung aus, denn der Bodenrichtwert für eine Hälfte liegt neuerdings bei 3896,10 und der andere für die direkt angrenzende Örtlichkeit bei 2,70 Euro. Eine enorme Diskrepanz. „Die Flächenaufteilung steht auch so im Grundbuch. Ansonsten habe ich keine richtige Erklärung für den offensichtlichen Fehler“, sagt Jan Schaberick und muss lachen, als er auf den veränderten Wert des Grundstücks zu sprechen kommt. Der liegt den Unterlagen zufolge jetzt bei 260.800 Euro, die eine Fläche machte einen Sprung von rund 4000 auf 257.000 Euro.

Vergeblicher Anruf beim Finanzamt

Verwundert rief der Jurist beim Finanzamt an. Und landete trotz einer 02302-Vorwahl in einer landesweiten Hotline. Lange Wartezeit. Dann ein Ansprechpartner. „Sie können ja Einspruch einlegen“, lautete die wenig hilfreiche Info, ehe Schaberick sich mit der Behörde in Witten verbinden ließ. Dort erwischte er den falschen Sachbearbeiter. Zurück in die Warteschleife. Fazit: Drei Stunden verschenkte Lebenszeit.

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Als eine Woche später der Bescheid von der Stadt Herdecke kam, stellte sich die Lage ganz anders und viel besser dar: „Dort habe ich sofort Auskunft bekommen.“ Er schrieb eine Mail, nach einer kurzen Prüfung der Verwaltung erließ diese eine Mahnsperre. Bedeutet: Sollte Schaberick wie geplant Widerspruch gegen die Grundsteuerberechnung einlegen, hat dies in seinem Fall aufschiebende Wirkung. Er muss vorerst nicht zahlen, es werden auch keine Mahngebühren oder Verzugszinsen fällig.

Einspruch geplant

Gleichwohl habe sich der 39-Jährige weiter bemüht, Licht ins Dunkel zu bringen. Er schaute beim Amtsgericht Wetter im Grundbuch nach und fragte beim Katasteramt des Ennepe-Ruhr-Kreises nach seinen Unterlagen. Auch dort Kopfschütteln beim Blick auf den Bescheid. Er fuhr auch zum Finanzamt Witten, füllte dort am Empfang ein Formular aus und wies auf den Fehler hin. Den schriftlichen Einspruch müsse er aber gesondert anfertigen, erfuhr Jan Schaberick. „Im Straßenzug Appelsiepen/Wege zum Poethen/Kermelberg hat sich nichts verändert, mittlerweile ist die Ecke auch im Regionalplan als Grüngürtel eingetragen. In jedem Fall handelt es sich nicht um bebaubare Wohnflächen, was sonst ein möglicher Erklärungsansatz wäre.“

Jan-Christoph Schaberick

„Es ist richtig ärgerlich. Das Verfahren ist jedenfalls nicht bürgerfreundlich.“

Jan Schaberick
über einen aktuellen Grundsteuer-Bescheid

Das zuständige Finanzamt Witten teilt auf Anfrage der Lokalredaktion mit, dass es wegen des Steuergeheimnisses keine Angaben zu dem Sachverhalt veröffentlichen kann. Schaberick ärgert sich wiederum, dass für diese Angelegenheit viel Zeit zusammen komme und zusätzliche Kosten entstehen. Als Jurist könne er sich ganz gut durch die Bürokratie arbeiten, das dürfte anderen womöglich schwerer fallen. „Das Verfahren ist jedenfalls nicht bürgerfreundlich.“ Zumal sich in seinem Fall weit und breit kein Grund für den exorbitanten Anstieg erkennen lasse: „Das war, ist und bleibt sicher für lange Zeit Ackerland.“