Herdecke. Guido Wernien (57) hat in der Ruhrstadt als Erster und unabhängiger Amtsbewerber seine Kandidatur erklärt. Der Bezirksbeamte über seine Motivation.

Eine aufregende Zeit steht Guido Wernien bevor. „Darauf freue ich mich aber auch“, sagt der Polizist und verkündet im Gespräch mit der Lokalredaktion, dass er in seiner Heimatstadt Herdecke am 14. September 2025 als Bürgermeister-Kandidat antreten will. Als unabhängiger Amtsbewerber ohne Parteimitgliedschaft und derzeit ohne Unterstützung aus dem politischen Lager. Der 57-Jährige macht somit als Erster seine Ambitionen mit Blick auf das höchste Amt in der Stadt an den Ruhrseen öffentlich, weitere Namen dürften in naher Zukunft aber folgen.

In Herdecke heimisch geworden

Der Polizeihauptkommissar hat schon ein Motto für seinen Wahlkampf ausgegeben: „WIR FÜR Herdecke“. Oder auch als Ergänzung: „Lassen Sie uns gemeinsam die Zukunft unserer Stadt gestalten!“ Seit 2016 ist er hier als Bezirksbeamter mit dem Zuständigkeitsgebiet Zentrum, Bleichstein, Herrentisch und Nacken aktiv, seit mehr als 25 Jahren lebt der gebürtige Rheinländer mit seiner Familie im Städtchen an der Ruhr. Die sei ihm „in dieser Zeit sehr ans Herz gewachsen“.

Zur Person

Zunächst ein paar biografische Angaben: Guido Wernien ist verheiratet, Vater von zwei erwachsenen Kindern und seit kurzem stolzer Opa, wie er auf seiner Facebookseite geschrieben hat. Seit 34 Jahren arbeitet er bei der Polizei. Bei dieser Behörde lernte er auch seine Frau Susanne, eine gebürtige Herdeckerin und ebenfalls Hauptkommissarin, kennen. Ihr Mann begann seine Ausbildung 1990 in Wuppertal, 1993 wechselte er in den Ennepe-Ruhr-Kreis zur Wache Ennepetal/Schwelm. Danach gehörte der Beamte mit dem Hobby Radfahren zehn Jahre lang bis 2016 zum Wachdienst in Wetter. Als Jugendtrainer hat der Fußballfan mehr als ein Jahrzehnt lang heranwachsende Kicker beim FC Herdecke-Ende betreut.

Bezirksbeamter und E-Bike

Er selbst glaubt, dass viele Einheimische ihn vor allem als Fahrradpolizisten auf dem E-Bike und als guten Zuhörer kennen, schließlich habe er stets ein offenes Ohr für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger. In diesem Zusammenhang reiften auch Überlegungen zur Bewerbung. In zahlreichen Gesprächen erhielt er demnach immer wieder die Frage: „Warum kandidieren Sie nicht als Bürgermeister?“

Ungewöhnliche Bewerbung

Nach einiger Überlegung entschied sich der Beamte auch dank der Rückendeckung seiner Familie für diesen „eher ungewöhnlichen Schritt. Mir ist mit Klaus Noske in Witten nur ein Polizist bekannt, der im EN-Kreis auch mal als Bürgermeister-Kandidat angetreten ist“, sagt Guido Wernien. Dabei muss er für seine Amtsbewerbung noch etwas tun: Sollte er in den nächsten Tagen und Wochen rund 200 Unterschriften zu seinen Gunsten sammeln, könne er rechtmäßig ins Rennen gehen. „Die Anzahl sollte ich schaffen, so selbstbewusst bin ich. Wenn nicht, hat sich das Ganze ohnehin erledigt.“

Versetzung in heißer Wahlkampfphase

Dabei habe er nach der Facebook-Veröffentlichung hinsichtlich seiner Kandidatur durchweg positive Rückmeldungen erhalten und fühle sich daher bestärkt in der Entscheidung. Auch im Gespräch mit seinem Arbeitgeber habe sich eine Lösung ergeben. Um Interessenskonflikte als örtlicher Polizist und Amtsbewerber zu vermeiden, lasse er sich voraussichtlich ab Ende Juni „in der heißen Wahlkampfphase aus freien Stücken“ temporär an einen anderen Dienstort versetzen. Persönliche Ambitionen sollen nicht in seinen beruflichen Alltag hineingeraten. Nach rund drei Monaten kehre er dann nach Herdecke zurück. Entweder als neuer Bürgermeister oder wie gewohnt als Bezirksbeamter.

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Nach der einst parteilosen Kandidatin Katja Strauss-Köster (mittlerweile CDU-Bundestagsanwärterin) sieht Guido Wernien ebenfalls Vorteile als politisch unabhängiger Bewerber. „Ich wäre wohl nicht gegen die amtierende Bürgermeisterin angetreten oder hätte es mir doppelt und dreifach überlegt“, sagt der 57-Jährige. Neutralität ist für den Hauptkommissar eine wichtige Vokabel. In seiner Dienstausübung halte er sich stets daran und habe zugleich oft gemerkt: „Man möchte Bürgern im Prinzip immer helfen, ich stoße dabei als Polizist aber auch oft an Grenzen.“

Bürgernah und lernfähig

Als bürgernah sollen ihn Einheimische in jeglicher Hinsicht wahrnehmen. „Das tun sie jetzt schon, daher haben mich viele zur Kandidatur ermuntert.“ In der hiesigen Kleinstadt will er manches verbessern, „wir sind hier aber schon ganz gut aufgestellt.“ Politisch will er sich keinem Lager zuordnen lassen, aufgrund seines Berufs liegen ihm aber Themen wie Sicherheit oder die Infrastruktur (in Sachen Freizeit etwa die Aufwertung der Uferwege) am Herzen. Er bezeichnet sich als transparent und lernfähig, um beispielsweise eine städtische Verwaltung zu führen oder sich Kompetenzen in anderen Gebieten zu erwerben.

Rathaus-Turm
Guido Wernien will ins Herdecker Rathaus, und zwar auf den Chefsessel. Falls das nicht klappt, dann wieder zur dortigen Polizei-Dienststelle. © WP | Steffen Gerber

In den kommenden Monaten will er sich vielerorts persönlich vorstellen, mit dem Rad einzelne Adressen ansteuern und den Kontakt zu Bürgern suchen. Im heißen Wahlkampf, den er auch über die Sozialen Medien im Internet führen will, erhofft er sich als Einzelkämpfer Unterstützung. Seine Bewerbung und beispielsweise Faltblätter oder Plakatierungen werde er aus Privatmitteln finanzieren. In dieser Hinsicht gehe es Konkurrenten aus Parteien besser, daher setzt er auf das Motto: „Lieber ein persönliches Gespräch an der Haustür oder auf öffentlichen Plätzen mehr und ein Plakat weniger.“