Herdecke. An einem der schönsten Orte in Herdecke versperrt eine Toranlage den Blick auf ein tolles Fachwerkhaus. Besitzer des Denkmals reagiert auf Kritik.

Ein kritisches Gemurmel wabert seit längerer Zeit durch das Städtchen. Thema: eine recht große Tor- und Zaunanlage am Bachplatz. Dieser gilt als einer der schönsten Orte Herdeckes, was vor allem am Ambiente durch die vielen Fachwerkhäuser liegt. Der Blick auf das wohl imposanteste Gebäude direkt neben dem Gewässer ist seit längerer Zeit nicht mehr frei, Passanten schauen je nach Position auf eine Metallmauer vor dem historischen und denkmalgeschützten Anwesen mit der Nummer 4. Das hieß früher „Großes Purhollgut“, war 1878 der Gründungsort der Nachbarschaft „Am Bach“ und gehört Bodo Schläper.

Sicht versperrt

Der Unternehmer und Rechtsanwalt hat das Raunen im Umfeld auch mitbekommen. Manche beklagen gegenüber der Lokalredaktion, dass der Anthrazit-Zaun leider die Sicht auf das wunderschöne Fachwerkhaus versperre. Das einstige Purhollgut entstand um 1675 am Südrand des Bachplatzes, seit Juli 1985 befindet es sich als zweigeschossiges Wohngebäude in Herdeckes Denkmalliste. Vor dem Privatgrundstück steht seit langer Zeit eine Bank. Wer dort Platz nimmt und dem besagten Gebäude den Rücken zukehrt, kann die besondere Atmosphäre der autofreien Umgebung und das in der Regel beruhigende Plätschern vom Bach genießen. Die anhaltende Diskussion wiederum dreht sich im weitesten Sinne um ein ästhetisches Empfinden.

In dem Fachwerkgebäude mit der Hausnummer 4 befand sich ab 1852 fast 100 Jahre lang eine Gerberei. Das Wasser dafür kam vom direkt daneben verlaufenden Herdecker Bach. Die dortige Familie Sander war auch durch das jährlich veranstaltete „Kuhschwanzessen“ bekannt.
In dem Fachwerkgebäude mit der Hausnummer 4 befand sich ab 1852 fast 100 Jahre lang eine Gerberei. Das Wasser dafür kam vom direkt daneben verlaufenden Herdecker Bach. Die dortige Familie Sander war auch durch das jährlich veranstaltete „Kuhschwanzessen“ bekannt. © LWL-Freilichtmuseum Hagen Fotonachlass Wilhelm Claas | Brandler

„Die Zaun- und Toranlage steht ja schon länger da. In der gesamten Zeit hat mich aber nur einer darauf angesprochen, dem habe ich meine Beweggründe erklärt, die er auch verstanden hat“, sagt Bodo Schläper im Gespräch mit der Lokalredaktion und betont: „Man kann weiterhin wunderbar auf das Fachwerkhaus schauen.“ Der Eigentümer, der am Bachplatz aufwuchs, erwähnt weitere Vorkehrungen, die schon in früheren Zeiten immer wieder mal an anderen Grundstücksgrenzen den komplett freien Blick versperrten. Der 56-Jährige habe auch überlegt, auf seinem Privatgelände auf natürlichem Wege für Schutz zu sorgen. „Die große Linde vor dem Gebäude verhindert das aber, der Baum stört quasi andere Pflanzen.“

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Schläper habe vor vielen Monaten umfangreiche Unterlagen für die Errichtung der Zaunanlage am Bachplatz 4 bei der Stadt Herdecke eingereicht und der Verwaltung auch seine Beweggründe geschildert. Er hebt hervor, dass Erwachsene mit normaler Körpergröße über die Absperrung gucken können. „Auch wenn die nun ein paar Zentimeter höher ist als die vorige Hecke. Und grundsätzlich bin ich gesprächsbereit und offen für einen inhaltlichen Austausch.“ Bewusst sei die Tür nicht immer verschlossen, am Rand können Passanten obendrein einen Blick auf das Denkmal erhaschen.

Mehrere Gründe

Seine Motivation? Mehrere Gründe veranlassten den Eigentümer zum Bau. „Immer wieder sind Leute, die man nicht eingeladen hat, unbefugt über das Grundstück gegangen, laut Mietern waren es mitunter 30 bis 50“, so der Anwalt. Auch Drogenhandel gehörte demnach zu den unangenehmen Beobachtungen auf seinem Gelände, in einem Lagerraum des Anwesens habe sich jemand mal schwarz eingenistet und eine Zeit lang gewohnt. Hinzu kamen immer wieder Hinterlassenschaften wie Müll oder auch Uringestank. Zum Schutz der Privatsphäre und zwecks Abschreckung habe sich Schläper dann für eine bauliche Lösung entschieden. „Es ist auch schon mal ein Motorroller hier durchgefahren, einmal hat jemand eine Scheibe auf dem Hof eingeschlagen. Manche haben es auf meine Firma abgesehen und wollen etwas auskundschaften. All das möchte ich verhindern.“

Fachwerk am Herdecker Bach
Auf einer Bank vor dem Zaun und Haus mit der Nummer 4 können Passanten die Bachplatz- Atmosphäre genießen. © WP | Steffen Gerber

Nach einigen Monaten kann Bodo Schläper bilanzieren, dass sich die moderate Absperrung bezahlt mache und sich die Umstände gebessert hätten. Als „Kind des Bachplatzes“ wisse er natürlich um die Atmosphäre des Ortes. Als Entgegenkommen für angenehme Passanten habe er die Linde beschneiden lassen, um einen besseren Blick auf das Fachwerkhaus zu ermöglichen. Gleichwohl weist er auf ein Privatgelände hin und verstehe nicht, was andere ihm womöglich vorschreiben wollen. „Ich will hier nichts abriegeln, es soll hier weiter schön aussehen.“

Fachwerkhaus Herdecke
Aus dieser Perspektive zeigt sich am Bachplatz, wie der Blick nun versperrt ist. Zuvor standen an dieser Stelle eine Hecke und ein kleines Tor. © WP | Privat

Er gibt aber auch zu bedenken, dass ihn das Hochwasser vom Herdecker Bach im Juli 2021 einen beträchtlichen Schaden in Höhe von rund 300.000 Euro am Gebäude eingebracht habe. „Sollte das jetzt wieder eintreten, kann ich mit Sandsäcken neben der Tor- und Zaunanlage das Gelände etwas besser als zuvor schützen. Man muss also bei aller Kritik auch die Gesamtzusammenhänge sehen.“

Das sagt die Stadt Herdecke

Die Stadt Herdecke kann auf Anfrage derzeit keine Einschätzung zu der Anlage abgeben. Das zuständige Amt nimmt gerade geringfüge Anpassungen der dazugehörigen Innenstadt-Gestaltungssatzung vor. Die entsprechenden Passagen soll die Politik in der nächsten Sitzungsrunde beraten und als rechtliche Grundlage dann möglicherweise auch beschließen.

Fachwerk am Herdecker Bach
Neben dem Zaun lässt sich ein Blick auf das Denkmal werfen. © WP | Steffen Gerber