Volmarstein. Evangelische Stiftung Volmarstein stellt erstmals eine Jahreskampagne vor. Inhaltlich geht es um ein Tabuthema, das aber viele Facetten hat.
„Der Tod ist die einzige Gewissheit, die wir haben, und trotzdem stehen wir oft sprach- und hilflos da, wenn wir damit konfrontiert werden“, diese Erkenntnis hat Pfarrerin Dr. Tabea Esch, Leiterin des Zentrums für Theologie, Diakonie und Ethik in der Evangelischen Stiftung Volmarstein (ESV), dazu bewegt, das Tabuthema in den Mittelpunkt der ersten diakonischen Jahreskampagne zu stellen. „Lass uns über den Tod reden“, so der Name des Konzepts.
Jeder kann sich frei entscheiden
„Das Thema hat sich in unserem Seelsorgekreis insbesondere auch bei Gesprächen zwischen uns beiden entwickelt“, erklärt Esch und blickt dabei Pfarrer Andreas Vesper an. Der nickt und fügt hinzu: „Tod und Sterben begegnen uns tagtäglich, aber es ist ein Tabuthema.“ Und genau das soll sich ändern. Nicht nur für die Menschen in der Stiftung, sondern für alle, die es möchten und Interesse haben. Denn den Initiatoren ist ganz klar: Das Thema geht zwar jeden an, aber sich damit zu beschäftigen und die Veranstaltungen zu besuchen, ist eine Entscheidung, die jeder bewusst für sich selbst treffen muss.
Dabei machen die Organisatoren der ESV es den interessierten Besuchern leicht, etwas Passendes zu finden. Es gibt einen 44-seitigen Veranstaltungskalender in Heftform. Wer das Inhaltsverzeichnis aufschlägt, wird feststellen, dass die Angebote in verschiedene Kategorien unterteilt sind. Es gibt „Begegnung und Austausch“, „Erleben und Mitgestalten“, „Gottesdienste und Andachten“, „Vorträge und Infoabende“, „Musik und Kultur“ sowie ein Kapitel mit „Fortbildungen“. Bei genauerem Hinsehen wird schnell klar: Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, mit dem Thema umzugehen, beispielsweise bei einem Kaffee auf dem Friedhof.
Kaffee auf dem Friedhof
In diesem Format sind alle Menschen willkommen, die sonntags den Friedhof besuchen, sich mit dem Thema beschäftigen möchten, offen sind für andere Menschen sowie kreative Zugänge zu Tod, Trauer, Erinnerung und Neuanfang. Konkreter wird es dann beispielsweise bei einem Vortrag von Markus Sirrenberg, der Auskunft über die Bestattungsvorsorge gibt und was sich genau dahinter verbirgt.
Was bedeutet ein gutes Leben - und was ist ein guter Tod? Wie gehen wir mit der Endlichkeit um? Welche Geschichten oder Erfahrungen verbinden wir mit dem Thema? All diese Fragen werden beim „Picknick mit dem Tod“ behandelt. Ohne Druck und mit Respekt für jeden Einzelnen sollen unter freiem Himmel und mitten in der Natur, ungezwungen auf Decken sitzend und mit kleinen Leckereien bewaffnet, verschiedene Ansichten und Gefühle besprochen werden.
Musikalischer Zugang
Musik ist ein wichtiger Bestandteil beim Umgang mit dem Thema. So ist es nicht verwunderlich, dass beispielsweise im Gottesdienst die Solo-Kantate von Johann Sebastian Bach „Ich habe genug“ zur Aufführung kommt. Wer mehr auf visuelle Zugänge bedacht ist, der hat Gelegenheit, in der Lichtburg die Themen-Kino-Woche zu besuchen, und herauszufinden, was ein Kinofilm mit den Zuschauern macht, wenn es um das Thema Tod und Sterben geht.
Zu schwere Kost? Über den Tod darf auch gelacht werden. Das beweist der Kaberettist „Der Tod“, der sich aus Berlin auf den Weg nach Wetter macht. Verhüllt in dunkler Kutte, mit seiner unverkennbar engelsgleichen Stimme, betrachtet er ironisch und mit jeder Menge dunklem Humor das Streben der Menschheit nach mehr Sand im Stundenglas. Gemeinsam mit seiner stummen Praktikantin Exitussi sorgt er seit vielen Jahren für ein Lachen, wo sonst nur Angst und Schrecken herrschen.
Kuriose Beerdigungen
Das ist zu viel? Um eher ungewollte Komik und kuriose Momente bei Beerdigungen kümmert sich Pfarrer Bernd Becker, ehemaliger Superintendent des Kirchenkreises, Herausgeber der evangelischen Zeitung „Unsere Kirche“ und einer der Autoren des Buches „Was weg ist, ist weg“. Er liest auf dem Friedhof der Martinskirche aus eben diesem Buch.
Auftaktveranstaltungen
Bereits im Januar gibt es die ersten beiden öffentlichen Veranstaltungen. Am 21. Januar um 18 Uhr wird die Jahreskampagne in der Martinskirche eröffnet. „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen - Theologische und biografische Notizen zur Endlichkeit“ wird der Theologische Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen, Pfarrer Ulf Schlüter, vortragen.
Am 27. Januar wird es eine Tanzperformance zum 80 Jahre Shoa-Gedenken geben. Unter dem Titel „An einen unbekannten Freund“ wird Tänzer und Choreograf Gilles Welinski an die systematische Ermordung von Juden durch die Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs erinnern. 80 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz soll an die Verstorbenen erinnert werden. „Wir machen das im Bewusstsein, dass gewisse Tendenzen in der heutigen Zeit wieder allgegenwärtig sind. Dass es wieder Menschen mit einem ähnlichen Gedankengut gibt, das es vor mehr als 80 Jahren schon gegeben hat“, sagt Andreas Vesper. Diese Mahnung und Erinnerung soll jedoch nicht laut-, aber ausdrucksstark geschehen.
Programmübersicht
Wer sich für das komplette Programm mit allen Veranstaltungen, Orten und Uhrzeiten interessiert, bekommt dies in gedruckter Form bei der Stiftung und jederzeit aktuell auch im Internet unter www.esv.de/unsere-haltung/jahreskampagne-2025. Die Seite wird immer aktualisiert.