Wetter/Herdecke. Böller versetzen Haustiere in Panik. Kirsten Simon, Leiterin des Tierheims an der Wetterstraße, weiß, wie Halter Hunde und Katzen schützen können.
Bunte grelle Lichter am Nachthimmel, lärmende Böller, die sich mit dem Zischen der Raketen mischen, Rauchschwaden und ungewohnte Gerüche: Während die Silvesternacht mit großem Feuerwerk für viele Menschen ein besonderer Höhepunkt zum Jahresabschluss ist, ist die Zeit zwischen dem 31. Dezember und 1. Januar für viele Tiere eine Ausnahmesituation. Zum Jahreswechsel 2023/2024 wurden laut der Tierschutzorganisation Tasso e.V. allein 457 entlaufene Hunde gezählt, das Jahr zuvor galten nach Silvester 667 Hunde und 500 Katzen als vermisst. Doch wie können Haustierbesitzer ihre Katzen und Hunde schützen? Das Tierheim Witten, Wetter, Herdecke hat ein besonderes Mittel gefunden, um die Knallerei von den Tieren fernzuhalten und hat Tipps für Halter von Vierbeinern parat.
Das Radio läuft, die Tiere schlafen
Wenn in der Silvesternacht die Knallerei ihren Höhepunkt erreicht und um Mitternacht Raketen in Wetter und Herdecke den Nachthimmel erleuchten, hören die Tiere im Heim an der Wetterstraße Musik. Laute Musik. „Wir haben in allen Tierbereichen Radios laufen“, erklärt Leiterin Kirsten Simon. In der Silvesternacht sei diese auch auf die volle Lautstärke aufgedreht. „Das Radio übertönt die Knallerei“, so Simon. Hinzu kommt die abgelegene Lage des Tierheims. „Das Knallen ist grundsätzlich recht weit entfernt“, weiß Kirsten Simon. Und den Rest übertönt die Musik aus den Radio-Lautsprechern erfolgreich: „Hier herrscht Silvester immer komplette Ruhe, die Tiere schlafen alle“, erklärt die Leiterin.
Um ganz sicherzugehen, dass in den letzten Stunden des alten Jahres und zum Anfang des neuen auch wirklich alles in Ordnung ist, schaut zudem eine Tierheim-Mitarbeiterin bei den tierischen Bewohnern vorbei. Eine Kollegin wohne direkt am Tierheim, erklärt Kirsten Simon, die früher auch mit dem Auto in der Silvesternacht einen Kontrollbesuch an der Wetterstraße gemacht hat. Etwas Ungewöhnliches hat sie dabei nicht entdeckt: „Wenn die Musik an ist, sind die Tiere entspannt“, kann Kirsten Simon berichten. Das liegt auch daran, dass die Tierheim-Bewohner die musikalische Untermalung aus ihrem Alltag gewohnt sind. „Wir haben immer Musik laufen“, erzählt die Leiterin. Nur nachts seien die Radios sonst still. Und auch die Lautstärke werde nur Silvester voll aufgedreht. Der Sender, der die Tiere beim Start ins neue Jahr begleitet, steht auch fest: „Wir haben immer Eins Live an“, sagt Kirsten Simon und lacht.
Musik an, Rollos runter
Auch Hunde- und Katzenbesitzern empfiehlt Kirsten Simon, „die Musik etwas lauter laufen zu lassen“, um die Tiere ein wenig von dem Silvester-Lärm abzuschirmen. Ebenso Fernsehgeräusche sowie heruntergelassene Rollos könnten „beruhigend wirken“, lauten zusätzliche Tipps von Tasso e.V.. „Einige Hunde und Katzen ziehen sich gerne zurück, deswegen ist es hilfreich, Rückzugsorte zu schaffen und diese gemütlich einzurichten“, nennt die Tierschutzorganisation weitere Maßnahmen, mit denen Vierbeiner den Jahreswechsel besser meistern könnten. Ganz wichtig sei aber: „Tierhalterinnen und Tierhalter sollten in der Silvesternacht ihre Vierbeiner nicht alleine lassen. Wenn ein ängstliches Tier die Nähe seines Menschen sucht, sollte dieser für den Vierbeiner da sein“, heißt es auf der Tasso-Website weiter.
Gleichzeitig sei es aber auch hilfreich, die Tiere „nicht in ihrer Ängstlichkeit zu bestärken“, betont Kirsten Simon. „Umso mehr steigert sich das Tier sonst da rein.“ Besser sei es, nicht soviel Aufhebens zu machen und so zu handeln, als sei alles komplett normal. Auch manche Freigänger-Katze brauche während der Silvesternacht Normalität. Während viele ihre Katzen in der Silvesternacht im Haus lassen, um Gefahren zu vermeiden, belässt die Tierheimleiterin bei ihren Katzen alles beim Alten. „Für meine war der Stress als die Katzenklappe zu war viel größer als der durch die Böller“, schildert sie die Silvester-Situation bei sich zu Hause. Sie weiß aber auch: „Da muss man sein Tier beobachten und schauen, was zu ihm passt.“
Feuerwerk: Darum geraten viele Tiere in Panik
Viele Haustiere haben einen ausgeprägteren Geruchs- und Gehörsinn. Sie nehmen das Feuerwerk und die vielen gezündeten Böller viel intensiver wahr als Menschen.
Tiere hören in einem größeren Frequenzbereich als Menschen. Sie hören mehr Zwischentöne und vor allem die viel höheren Töne. Dies kann eine Überforderung der Sinneswahrnehmungen zur Folge haben.
Die Tiere können keine Quelle der Geräusche ausmachen. Die Gefahr scheint von überall her zu kommen und lässt sich nicht einordnen.
Für Hunde beginnt der schmerzhafte Lautstärkenbereich zum Beispiel bei 85 Dezibel. Feuerwerkskörper verursachen einen Lärm von ca. 145 Dezibel, also deutlich über ihrer Schmerzgrenze.
(Quelle: www.tasso.net)
„Massiv aufpassen“ müsse man aber rund um Silvester beim Spaziergang mit Hunden. „Ich kann nicht verstehen, dass manche Hundebesitzer ohne Leine mit ihren Tieren gehen“, so Simon. Egal wie gut der Hund erzogen sei, egal wie gut er höre: „Jeder Hund kann sich erschrecken und weglaufen.“ Und das kann tragisch enden: „Jedes Jahr gibt es Meldungen von überfahrenen Hunden“, weiß Kirsten Simon. Sie empfiehlt, die Tiere mit einer Leine und auch das Zuhause gut zu sichern und vor Beginn der Feierlichkeiten noch einmal zu prüfen, ob z.B. das Gartentor auch wirklich verschlossen ist. Kirsten Simon: „Wichtig ist, die Gefahr soweit es geht rauszunehmen, damit möglichst nichts passiert.“