Wetter/Herdecke. Zu alt, keine Moderasse oder schwer vermittelbar: Mit einem Video macht das Tierheim Witten-Wetter-Herdecke auf Langzeitbewohner aufmerksam.

Auf der Facebook-Seite des Tierheims Witten-Wetter-Herdecke bekommt das kurze Video viel Aufmerksamkeit: 731 Likes haben die Hunde erhalten, die dort zu sehen sind. Fast 800 Mal wurden die Szenen von Sammy, Timon, Benno & Co. geteilt. Ein Interesse, das den Vierbeinern auch im „echten“ Leben helfen könnte: Denn die Tiere zählen zu den Langzeitbewohnern des Heims. Einige haben schon ihr halbes Hundeleben im Zwinger verbracht.

Für „erfahrene Hundemenschen“

Schwer vermittelbar, alt oder kein Modehund: Die Gründe, warum die sechs Vierbeiner auch nach Jahren noch im Tierheim an der Wetterstraße sind, während andere in kürzester Zeit ein neues Zuhause finden, sind vielfältig. „Mit dem Video möchten wir möglichst viele Menschen erreichen, die sich vorstellen können, auch einen Hund zu adoptieren, der `Gepäck‘ mit sich bringt“, erklärt Wiebke Blomberg. Egal ob der kleine Münsterländer Benno, Collie-Mix Lupo, Labrador Sammy oder Mischlingsrüde Timon - sie alle seien Vierbeiner für „erfahrene Hundemenschen“, wie die erste Vorstandsvorsitzende betont. „Sie sind mit Baustellen zu uns gekommen“, so Wiebke Blomberg und brauchen Menschen, die damit umzugehen wissen.

Wiebke Blomberg, Vorstandsvorsitzende des Tierheim Witten, Wetter, Herdecke e.V., mit Hündin Tara. Der Rottweiler hatte auch kein Zuhause gefunden, bis Wiebke Blomberg die Hündin zu sich nahm.
Wiebke Blomberg, Vorstandsvorsitzende des Tierheim Witten, Wetter, Herdecke e.V., mit Hündin Tara. Der Rottweiler hatte auch kein Zuhause gefunden, bis Wiebke Blomberg die Hündin zu sich nahm. © WP | Privat

Dass sich die Arbeit mit einem schwierigen Hund lohnt, weiß Wiebke Blomberg aus eigener Erfahrung. Ihre Hündin Tara hatte sie aus dem Tierheim zu sich geholt. Die Rottweiler-Hündin hatte 2,5 Jahre dort gelebt, ohne ein Zuhause zu finden. „Und ich wollte diesen Hund unbedingt“, erzählt Wiebke Blomberg, wie sie nicht allein an einen Hund, sondern über die Vermittlung auch an die Arbeit fürs Tierheim kam. „Ich habe mich an alles gehalten, was mir von den Mitarbeitenden im Tierheim mitgegeben wurde und im Endeffekt haben wir es gut hinbekommen“, sagt sie und das Lächeln in der Stimme ist auch durchs Telefon zu hören. Über sechs Jahre habe die damals achtjährige Hündin noch bei ihr gelebt. „Und es waren die schönsten sechseinhalb Jahre“, so Blomberg.

Das sind ganz tolle, dankbare Tiere, die man dann bekommt.
Bettina Eichel - Besitzerin von Hades, einem kaukasischen Schäferhund

Alleine lässt das Tierheim die möglichen neuen Besitzer der Langzeitbewohner nicht: „Es gibt eine lange Kennenlernphase und wir bereiten die Menschen offen und umfangreich vor“, sagt Wiebke Blomberg. Auch regelmäßige Einzelstunden mit einer Hundetrainerin sowie gemeinsame Spaziergänge seien möglich. Wie wichtig diese Vorbereitung auf das neue Familienmitglied sein kann, weiß Bettina Eichel. Die Dortmunderin hat Ende Februar einen „Langzeitinsassen“ adoptiert, wie sie sagt und dem kaukasischen Schäferhund Hades nach 3,5 Jahren im Tierheim ein neues Zuhause gegeben. Die Unterstützung der Profis vom Tierheim und die Übungseinheiten mit der Hundetrainerin seien dabei „ganz viel Wert gewesen. Ich weiß nicht, ob ich mir diese Mammutaufgabe sonst zugetraut hätte“, sagt sie ehrlich. Bereut hat sie ihre Entscheidung aber „nicht eine Sekunde.“ Nachdem Hades bisher nur das Leben in einer viel zu engen Dachgeschosswohnung und anschließend im Tierheim gekannt habe, habe sich der kräftige Rüde „wahnsinnig entwickelt: Er ist noch einmal richtig aufgeblüht.“

Benno, ein kleiner Münsterländer, ist bereits seit rund sechs Jahren im Tierheim.
Benno, ein kleiner Münsterländer, ist bereits seit rund sechs Jahren im Tierheim. © WP | Tierheim Witten Wetter Herdecke

Das wünschen sich Wiebke Blomberg und das Team vom Tierheim auch für ihre anderen Schützlinge. Für Sammy, den fast zehn Jahre alten Labrador, der „sich so langsam aufgibt“, wie die Vorstandsvorsitzende feststellen muss. Oder für Münsterländer Benny, der bereits seit sechs Jahren sein Dasein im Tierheim fristet. „Er hat ein Ressourcenproblem“, so Blomberg und erklärt: „Er verteidigt alles, was er als seines erkennt. Futter, Spielzeug, aber auch die Couch.“ Da brauche es ein konsequentes Management. „Aber Benny ist auch sehr gelehrig, läuft sehr gut an der Leine, kennt die Grundkommandos und versteht sich gut mit Hündinnen.“ Sie wünscht sich Besitzer, die sich auf das einlassen, was der Hund „mitbringt“ und nicht sofort einen „Kuschelhund“ erwarten. „Und es ist wichtig, sich an die Ratschläge und auch Regeln zu halten, die das Tierheim mitgibt“, betont sie.

Sammy wird bald zehn Jahre alt und gibt sich nach Jahren im Tierheim
Sammy wird bald zehn Jahre alt und gibt sich nach Jahren im Tierheim "so langsam auf", wie die Tierheim-Mitarbeiter sagen. © WP | Tierheim Witten Wetter Herdecke

„Sich wirklich gut vom Tierheim-Personal beraten zu lassen“: Diesen Rat gibt auch Bettina Eichel möglichen neuen Hundebesitzern. Schließlich müsse der Hund ja auch zu einem selbst und den eigenen Lebensumständen passen. „Dafür ist es wichtig, sich nicht vom Aussehen oder modernen Rassen blenden zu lassen, sondern zu sehen, was wirklich zu einem passt“, ist sie überzeugt. Die Zeit und Arbeit, die man in einen Langzeithund steckt, lohnt sich aus Sicht der Dortmunderin auf jeden Fall. „Das sind ganz dankbare, tolle Tiere, die man dann bekommt“, so Bettina Eichel. „Gerade die, die lange im Tierheim waren, geben einem auch sehr viel zurück.“