Wetter/Herdecke. Mal ist das Umfeld unproblematisch, mal äußerst schwierig: Diese Wege gehen Wetter und Herdecke, damit die richtigen Schulen gestärkt werden.
Eine Grundschule in einem Einzugsgebiet mit vielen Einfamilienhäusern steht anders da als eine Grundschule in einem Riegel von Wohnblocks. Sie braucht womöglich mehr Lehrer und auch zusätzliche Ausstattung, damit sie ihrer Aufgabe gerecht werden kann. Woher aber wissen die Geldgeber im Bildungsbetrieb, wer mehr braucht und wer vermutlich nicht? Ein Gradmesser der Bedürftigkeit ist der Sozialindex, der für jede Schule in Herdecke und Wetter festgelegt worden ist. Aber ist das in den Schulämtern der beiden Städte mehr als eine Zahl? Oder haben sie andere Anhaltpunkte für eine gute Steuerung von Finanzmitteln?
Der Sozialindex soll schulscharf „besonders sozial belastete Schulen mit mehr finanziellen, sachlichen und personellen Ressourcen unterstützen – ganz nach dem Motto: Ungleiches ungleich behandeln.“ So steht es auf einer Seite der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft in NRW. Abhängig gemacht wird der besondere Unterstützungsbedarf von der Quote der Schüler, deren Familien Sozialhilfe beanspruchen oder in deren Familien nicht deutsch gesprochen wird. Weiter wichtig: Wie viele Schüler aus dem Ausland zugezogen sind oder sonderpädagogischen Förderbedarf haben.
Andere Städte sind stärker gefordert
Die Index-Skala reicht von 1 bis 9. In Herdecke gibt es mehrfach eine 1, den Wert für die wenigsten Herausforderungen durch das Umfeld. Nur hinter der Robert-Bonnermann-Schule steht die Ziffer 5. Wetters Schulen starten bei einer 2, die Bergschule am Harkortberg allerdings hat den Sozialindex 6. In der Konsequent heißt das: Vom Startchancen-Programm des Landes, über das die zusätzlichen Mittel beim Land vergeben werden, hat noch keine Schule in Wetter und in Herdecke profitieren können. Da musste weitgehend der Sozialindex - wie teils in Witten oder Gevelsberg - noch höher sein.
Das Land NRW sei beim Start-Chancen Programm zunächst mit 400 Schulen gestartet, weiß Jens Holsteg, Pressesprecher der Stadt Wetter, bis Indexstufe 6 soll es bei Grundschulen greifen. Für die Bergschule gibt es noch keine Einladung ins Förderprogramm. Dass Wetter insgesamt nicht dabei war, ist für ihn kein Grund zur Enttäuschung. Im Gegenteil: Die Stadt als Schulträger sei „sehr froh darüber, dass die städtischen Schulen die Quote der Kriterien in Bezug auf Migration und Armut nicht in einem so hohen Maße erfüllen, wie es in anderen Kommunen der Fall ist.“
„„Die Stadt Herdecke hat bei der Verteilung von Mitteln bislang den Sozialindex der jeweiligen Schule nicht berücksichtigt.“
Aber nicht nur das Land ist interessiert, seine Mittel zur Bildungsförderung sinnvoll einzusetzen, etwa über die Zuweisung von Lehrkräften. Auch die Städte haben ein begrenztes Budget, um die Schulen mit Gebäuden und Sachmitteln auszustaffieren. Greifen sie dabei auf Orientierungshilfen zurück, die der Sozialindex liefern könnte? Spielt es bei der Verteilungsaufgabe im Schulamt eine Rolle, ob das Umfeld einer Grundschule den Sozialindex 1 vorweist oder mit einer 5 oder 6 einen höheren Grad von Bedürftigkeit signalisiert?
+++ Hier gibt es mehr aus Herdecke und aus Wetter +++
Die Antwort aus dem Herdecker Rathaus ist eindeutig: „Die Stadt hat bei der Verteilung von Mitteln bislang den Sozialindex der jeweiligen Schule nicht berücksichtigt.“ Herdecke orientiere sich bei der Ausstattung der Schulen am Bedarf. Für Matthias Wittler, Leiter der Werner-Richard-Grundschule, geht das klar. Wenn sich ein schwierigeres Umfeld im Bedarf niederschlage und der Bedarf dann gedeckt werde, würde schließlich auch auf die soziale Lage einer Schule Rücksicht genommen.
Andere Datenabfragen würden zeigen, dass ein niedriger Sozialindex nicht unbedingt einen höheren Wissensstand der Schüler mit sich bringt. Hier kommt für Matthias Wittler die Pädagogik ins Spiel. Nicht nur für die Aussagekraft des Sozialindexes sieht er Grenzen, auch beim vermeintlichen Bedienen des Bedarfs. Gerade beim nötigen Ganztags-Ausbau in Herdecke zeige sich in der Verteilung der Finanzmittel die ein oder andere Unwucht, weil die Landesmittel bei weitem nicht ausreichen würden.