Herdecke. Was passt zu der niedlichen, kleinen Stadt? Ein Brief der Bürgermeisterin hat zu Aufregung unter den Gastronomen geführt.
Mehr Außengastronomie hat Herdecker Cafés und Restaurants zu Coronazeiten über die Runden geholfen. Auch nach der Pandemie leistet die Gastronomie „einen wichtigen Beitrag, indem sie die öffentlichen Räume lebendig werden lässt.“ Das hat die Bürgermeisterin den Gastronomen jetzt auch schriftlich gegeben. Verbunden mit einem kleinen Fingerzeig. „Ein solches Bild kann allerdings auch leicht durch ein unharmonisch gestaltetes Umfeld empfindlich gestört werden“, weiß Dr. Katja Strauss-Köster - und will die professionellen Gastgeber in der Innenstadt mit dem nächsten Satz gleich wieder einfangen. Schließlich seien sie es ja, die von einem attraktiven und einladenden Umfeld besonders profitieren.
Charmanter Ortskern
Sabine Preuten von der Werbegemeinschaft gibt ihr Recht. „Die Stadt lebt davon, dass sie so niedlich aussieht“, sagt die Geschäftsfrau im Gespräch mit der Redaktion. Schöne historische Fassaden zählen für sie dazu. Manche Stühle und Windfänge und Markisen nicht unbedingt. Vor allem dann nicht, wenn sie die schönen Fassaden verdecken. Auch die Bürgermeisterin möchte nicht, dass der Blick auf die baulichen Schätze versperrt ist: „Herdecke verfügt über einen attraktiven, abwechslungsreichen und charmanten Ortskern, der ein Ambiente bietet, das man nicht überall findet.“
Zweiseitiges Schreiben sorgt für Irritationen
Obwohl diese Feststellung nicht zu Widerspruch herausfordert, haben die Herdecker Grünen eine „erhebliche Unruhe“ bei den angeschriebenen Gastronomen ausgemacht. Dass der Charme der Innenstadt unter der gegenwärtigen Möblierung leide, wie die Bürgermeisterin mitgeteilt habe, könnten viele nicht nachvollziehen. Auch bei Sabine Preuten von Pasta Passion und bei ihrem Nachbarn Nathaniel Stott vom Shakespeare Pub hat das zweiseitige Schreiben zunächst Irritationen ausgelöst. Mittlerweile sind die beiden aber mit dem Papier versöhnt. Sabine Preuten sieht vor allem die Chancen der angestoßenen Selbstverständigung.
Zu Corona-Zeiten habe die Stadtverwaltung alles abgesegnet, um der unter Hygienevorschriften und Gästeschwund leidenen Branche unter die Arme zu greifen. Das kann sie weiter nur begrüßen. „Jetzt geht es um ein Zurückdrehen“, zeigt Sabine Preuten Verständnis. Die Stadt brauche eine Handhabe, um den Wildwuchs vor den Lokalitäten beschneiden zu können. Dabei geht es um Absperrbänder, die seit der Aufhebung von Zugangsbeschränkungen keinen Sinn mehr machen oder mannshohe Aufsteller, die es bis vor kurzen in dieser Form noch nicht gegeben hat.
„Seit Corona haben wir viel mehr Gäste, die draußen sitzen wollen. Manchmal ist es dann drinnen völlig leer.“
Außengastronomie hat in der Pandemie einen ganz neuen Stellenwert bekommen und über diese Zeit hinaus behalten, berichtet Nathaniel Stott. „Seit Corona haben wir viel mehr Gäste, die draußen sitzen wollen“, stellt er fest, „manchmal ist es dann drinnen völlig leer.“ Sechs Tische mit je vier Stühlen kann Stott an die frische Luft stellen, ähnlich viele Sabine Preuten. Und auch bei ihr sitzt „häufig drinnen keiner“, während alle Außenplätze besetzt sind. Und nicht nur im Sommer seien Plätze vor der Tür stark nachgefragt.
Teure Technik draußen beschädigt
Nathaniel Stott hat neben dem Eingang ein Zelt aufgebaut. Das hat auch etwas damit zu tun, dass viele seiner Musikveranstaltungen draußen stattfinden und in einem Fall Regen einer teuren Verstärkeranlage ordentlich zugesetzt hat. Aber nicht nur die Technik profitiert von dem improvisierten Dach vor der Außenwand. Wäre das ein Verstoß, wenn die Sondernutzungssatzung neu und strenger gefasst wird? Das sollen Gespräche zeigen. Im Vorfeld des Briefes der Bürgermeisterin hatte es einen solchen Austausch nicht gegeben.
Streit der Gastronomen untereinander
Die Stadt begründet ihr Tempo bei der Wiederherstellung des schmucken Erscheinungsbildes der Innenstadt mit „Unstimmigkeiten über die Gestaltung der Außengastronomiefläche zwischen verschiedenen Gastronomen.“ Eine zeitnahe Klärung sei geboten. Man müsse in Sachen Außengastronomie nun dringend ins Gespräch kommen, „um verschiedensten Auswüchsen Einhalt gebieten zu können und gemeinsam Regeln festzulegen.“ So die Stadtverwaltung. Im nächsten Jahr wollen sich Werbegemeinschaft, Gastronomen und Stadtverwaltung an einen Tisch setzen.
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Auch wenn die Bürgermeisterin in ihrem Schreiben an die „ursprüngliche Verabredung (nur Tische, Stühle und Sonnenschirme, möglichst einfarbig, ohne Werbung)“ erinnert hat, soll nicht einfach die Uhr auf die Vor-Corona-Zeit zurück gedreht werden. Auch dem Wunsch nach mehr Außengastronomie solle Rechnung getragen werden, versichert die Stadtverwaltung, dann aber in gelenkten und allgemein akzeptierten Bahnen. Um kein Geld zu vergraben, weil die Anschaffungen womöglich nicht zugelassen werden, rät die Bürgermeisterin aber ausdrücklich von Investitonen in Möblierung für die Außen-Gastronomie ab.