Wetter/Herdecke. Reaktionen zum Ampel-Aus: Die FDP in Wetter und Herdecke macht Kanzler Scholz für den Bruch verantwortlich, andere Parteien blicken auf Neuwahlen.
Das Ampel-Aus, die Umbildung der Bundesregierung und Neuwahlen bieten weiter viele Gesprächsthemen. Auch in kleinen Städten wie Wetter und Herdecke. Die Lokalredaktion hat heimische Politikerinnen und Politiker nach ihren Meinungen gefragt, hier vorliegende Antworten.
Die FDP
Wetters Ortsverband bedauert den Bruch der Ampel-Koalition auf Bundesebene, für den in dieser Weise Bundeskanzler Olaf Scholz die Verantwortung trage, stehe jedoch geschlossen hinter den Entscheidungen des Bundesvorsitzenden Christian Lindner. „Am Ende des Tages ist die aktuelle Koalition an einer fundamentalen Richtungsfrage für unser gesamtes Land zerbrochen. Deutschland steht mit seiner Wachstumsschwäche am Scheideweg“, so André Menninger mit Verweis auf Entwicklungen vor Ort. Sorge bereiten die Steuerprognosen für Wetter, Entwicklung der Transferaufwendungen sowie abnehmende Investitionsbereitschaft im Gewerbepark Schwelmer Straße.
„Wir sind bereit, auch künftig Verantwortung zu übernehmen und für Stabilität und Fortschritt zu sorgen – auf kommunaler wie auf bundespolitischer Ebene“, so Menninger. „Ich danke Christian Lindner ausdrücklich für sein Rückgrat. Die Wirtschaftswende ist wichtiger als politische Posten oder Dienstwagen.“
Die Herdecker FDP-Wähler haben laut Jürgen A. Weber in den letzten Monaten die Erwartung ausgedrückt, die Liberalen sollen „endlich wieder eine vernunft- und sachbetonte, eine nachhaltige und zukunftsorientierte Politik zum Wohle der Bürger und des Staates umsetzen.“ Die Koalition wurde demnach zunehmend als Belastung angesehen. „Ich habe selber nur noch gute Miene zum bösen Spiel gemacht“, sagt Weber, der Lindner für dessen konsequentes Verhalten lobt. In Herdecke treffen nun Mails und Nachrichten mit Bemerkungen wie „Endlich!“ oder „Man kann dem Lindner nur dankbar sein“ ein. Neuwahlen sehe Herdeckes FDP sehr positiv entgegen.
Die SPD
Carsten Adametz und Klaus Klostermann schreiben: „Die Herdecker SPD begrüßt die Entscheidung des Bundeskanzlers, Finanzminister Linder zu entlassen. Schon lange war die FDP, insbesondere Christian Lindner, ein Bremsklotz dieser Koalition.“ Die Macht- und Klientelpolitik der FDP, Steuersenkungen für wenige Spitzenverdiener und zugleich Rentenkürzungen oder Kürzungen im sozialen Bereich, waren nicht mehr zu ertragen, heißt es. Volker Wissing sei der einzige, jetzt ehemalige FDP-Politiker mit Rückgrat. Der Zeitplan von Scholz sei richtig. „ Wir rufen jetzt die CDU auf, bei einem geordneten Übergang zu Neuwahlen im nächsten Jahr mitzuhelfen“, so die SPD.
Aus der SPD Wetter stufen Dirk Fröhning und Kirsten Stich den 6. November 2024 als Tag ein, der „in die Geschichte eingeht.“ Erst die Trump-Wahl, die die Welt verändern, aber auf keinen Fall verbessern werde. Und dann entlässt noch Scholz den Bundesfinanzminister. „Gut so! Wir sind sehr erleichtert, dass der Kanzler in Berlin endlich Klartext geredet hat.“ Scholz arbeite nach der Devise: Erst das Land, dann die Partei. Andere nicht. Respekt verdiene die Entscheidung des Verkehrsministers Wissing, der die Sachpolitik in den Vordergrund gestellt habe. Nils Roschin will für die SPD Ennepe-Ruhr nach vorne schauen: „Wir sind bereit für Neuwahlen. Wir haben mit Axel Echeverria einen guten Kandidaten.“
Die CDU
Die Tragweite durch das Ampel-Aus „werden wir in den nächsten Wochen spürbar merken“, meint Peter Pierskalla. „Aus Sicht der CDU Wetter sollte die Vertrauensfrage möglichst zeitnah gestellt werden. Für Neuwahlen müssen allerdings auch hier vor Ort erstmal verwaltungsseitig und zeitnah die organisatorischen Voraussetzungen geschaffen werden.“ Désirée Nagel richtet den Blick auch auf die Bedeutung eines würdevollen Umgangs. „Politiker sind in erster Linie Menschen. Durch Häme, stillose persönliche Schuldzuweisungen und entwertende Kommentare können sie persönlich und emotional kaputtgemacht werden. An diesem Blame Game beteiligen wir uns ausdrücklich nicht.“
Der Herdecker CDU-Stadtverband und die Ratsfraktion begrüßen das Ende der Ampel-Koalition als überfällig. „Deutschland braucht Neuwahlen – und zwar jetzt und schnell. Nur so lässt sich die derzeitige Unsicherheit in der Bevölkerung rasch beseitigen, die laut einer aktuellen Umfrage der Lokalredaktion auf dem Herdecker Wochenmarkt auch hier vor Ort zahlreiche Bürgerinnen und Bürger besorgt.“ Die letzten drei Jahre haben demnach gezeigt, dass gerade die Kommunen und die Wirtschaft unter den Entscheidungen dieser Regierung zu leiden hatten, so Harald Müller. „Uns als CDU beunruhigt besonders, dass es keinen Plan der Koalition gab, um die schwächelnde Konjunktur mit überzeugenden Ideen wieder in Schwung zu bringen“, meint Doris Voeste.
Die Grünen
In Wetter bedauert das Bündnis 90/Die Grünen das Ende der Koalition. „Es ist aber für uns nachvollziehbar, dass Olaf Scholz nicht mehr bereit war, das Verhalten von Christian Lindner zu dulden oder gar mitzutragen. Rückzieher beim Klimaschutz und im Sozialbereich sowie ein starrsinniges Festhalten an der Schuldenbremse verhindern wirtschaftliche Erholung, Innovation und gesellschaftlichen Zusammenhalt. Das spüren wir ganz besonders hart auf der kommunalen Ebene, wo wichtige Zukunftsaufgaben immer schwerer zu bewältigen sind.“ Es sei richtig, dass SPD und Grüne wichtige Vorhaben über die Bühne bringen wollen. „Wir hoffen, dass die CDU im Sinne der Stabilität diese Linie mitträgt.“
Die Herdecker Grünen haben Respekt davor, „wie lange unsere Verantwortlichen in Berlin die Foulspiele der FDP ertragen haben.“ Also Blockaden, Kompromisslosigkeit, plumpe Klientelpolitik in der Steuer- und Finanzpolitik. „Davon sind wir auch als Kommune betroffen, denn eine Lösung der kommunalen Verschuldung war mit der FDP nicht zu bekommen, eben so wenig eine dringend notwendige Senkung der Unternehmenssteuern“, so Andreas Disselnkötter. Dennoch wurde in den letzten drei Jahren viel erreicht. „Es wird jetzt darum gehen, auf allen Ebenen weiter für eine gute Zukunft zu kämpfen“, meint Jassin El Atmani. „Es ist dafür von entscheidender Bedeutung, dass wir uns jetzt auf die Umsetzung der bereits vorbereiteten Reformen vor allem in der Wirtschafts- und Sozialpolitik konzentrieren“, sagt Kirsten Deggim.
Linke und Bündnis Wagenknecht
Die Linksfraktion+ im Herdecker Rat betont laut Vladimir Munk, dass „der überfällige Rauswurf von Christian Lindner keinen direkten Einfluss auf unsere Arbeit im Rat hat. Die anstehende Kommunalwahl im September 2025 wird wie geplant stattfinden, unser Fokus bleibt auf die Belange unserer Gemeinde gerichtet.“ Dieter Kempka vom Unterstützerkreis des Bündnis Sahra Wagenknecht sieht nun ein Ende der unsozialen Beschlüsse. „Die zu erwartenden Neuwahlen machen den Weg für eine demokratische Friedens- und Sozialpolitik frei.“
Die AfD
Der Herdecker Oliver Haarmann betrachtet das Ende der Ampel-Koalition als überfällig, denn sie habe Politik gegen die Interessen der Bürger gemacht. „Der Antriebsmotor dieser Koalition war stets links-grüne Ideologie und zu keinem Zeitpunkt fachliche Expertise. Bestes Beispiel dafür ist die sogenannte Energiewende, die weltweit belächelt wird.“ Warum Kanzler Scholz erst im neuen Jahr die Vertrauensfrage stellen möchte, „erschließt sich mir nicht. Diese Regierung genießt zu Recht nahezu kein Vertrauen in der Bevölkerung. Deutschland braucht einen Neuanfang.“