Wetter. Der hüfthohe Leuchtturm steht noch, aber was außerdem bei der Grabstätte an die geliebte See erinnern sollte, ist verschwunden.
Wie Inseln liegen große Steinplatten in der Pinienerde auf dem Friedhof in Alt-Wetter. In der Ecke steht hüfthoch ein Leuchtturm. Die Verstorbenen haben die See geliebt. Türkisfarbene Glasbruchsteine zwischen den Inseln standen für das alles umschließende Wasser. Jetzt ist noch zu sehen, wo die Glasstücke in das Erdreich gedrückt haben. Das „Wasser“ aber ist weg.
Als Gundel Blomberg (71) und ihr Mann Ralf (70) Anfang Oktober in Urlaub gefahren sind, war die Friedhofswelt noch in Ordnung. Nach der Rückkehr vor wenigen Tagen sah das anders aus: Eine handballgroße Tonkugel lag nicht am gewohnten Ort, wie Ralf Blomberg bei einem Besuch auf dem Friedhof an der Gartenstraße bemerkte. Dann erst kam der Schock: Sämtliche Glasbruchsteine waren verschwunden.
Friedhof bereits Ziel von Kupferdieben
„So was nimmt man nicht mal einfach in der Hosentasche mit“, stellt Blomberg fest. 25 Kilo seien bestimmt zusammengekommen beim Abtransport. Die fehlen jetzt auf der vier mal drei Meter großen Grabanlage, in der die Eltern von Gundel Blomberg und eine Tante ihre letzte Ruhestätte gefunden haben. Steinbildhauer Timothy Vincent hatte den Angehörigen dabei geholfen, die See-Landschaft auf dem Gräberfeld zu gestalten.
Zu Beginn des Jahres war der Friedhof an der Gartenstraße schon einmal Ziel von Dieben. Unbekannte hatten von der Friedhofskapelle Kupferrohre entwendet. Und einige Jahre zuvor hatten es Diebe auf die Eingangsschilder zum „Park der Ruhe“ abgesehen. Dass ihre Beute aber nur das Leichtmetall Aluminium war, hatten die Täter wohl nicht erkannt. Seitdem klebt ein entsprechender Hinweis auf dem Schild. „Ansonsten sind mir keine weitern Diebstähle bekannt“, sagt Ludger Willeke vom Stadtbetrieb in Wetter.
Was steckt hinter Diebstählen auf dem Friedhof? Handelt es sich um Mutproben von Kindern oder Jugendlichen? Die Stadtverwaltung kann dazu auf Anfrage nichts sagen. Beim Kupferdiebstahl sind die Hintergründe schon weniger verschwommen. Hier vermutet der Mann vom Stadtbetrieb Wertstoffsammler als Täter, die das mitunter grob abgerissene Metall zu Geld machen. In Herdecke waren es zuletzt die frisch angebrachten Regen-Fallrohre an der renovierten Ender Dorfkirche, die vom Boden bis über Mannshöhe verschwunden waren.
Zwar kann der „Park der Ruhe“ an der Gartenstraße rund um die Uhr und damit auch in dunkler Nacht betreten werden. Allerdings ist das Einfahrtstor auch tagsüber für den PKW-Verkehr verschlossen. Nur Bestatter oder Gärtner verfügen über einen Schlüssel. Zumindest bis zum Ausgang müssen Diebe also ihre wie auch immer geartete Beute tragen, bevor sie sie womöglich in einem Auto verstauen.
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Von geklauten Blumen oder Vasen hat das Ehepaar Blomberg schon mal gehört und auch davon, dass Diebe vom Friedhof Metall haben mitgehen lassen. Aber Glasbruchsteine? In Bochum wird Ralf Blomberg Ersatz holen. Einen Hunderter wird ihn das kosten. „Aber darum geht es ja nicht“, sagt Ehefrau Gundel. Dass es ausgerechnet das Grab ihrer Eltern war, das nun schmucklos an einem der Friedhofswege liegt, hat sie gar nicht mal so berührt. „Aber dass jemand auf einem Friedhof klaut, das hat mich doch getroffen“, beschreibt sie ihre Empfindungen.
So ist es bei ihr weniger das Entsetzen über den Diebstahl als ein Kopfschütteln über diesen seltsamen Akt. „Wer macht so etwas“, fragt sie. Und wofür? Sie jedenfalls würde die vom Friedhof geklauten Glasbruchsteine nicht als Deko vors eigene Haus legen, schlüpft sie für einen Moment in die Rolle des Diebes. Wäre doch viel zu gefährlich, dass die Herkunft auffliegt.