Wetter. Über ein Privatgrundstück nahmen Wetteraner jahrzehntelang die Abkürzung zum städtischen Friedhof. Damit ist bald Schluss. Die Familie hat Gründe.
Kopfschüttelnd steht eine Friedhofsbesucherin vor dem Tor und deutet auf den dort angebrachten handgeschriebenen Zettel: „Ab 1.8.2023 bleibt dieses Friedhofstor für immer geschlossen. der Hausbesitzer“. Das bedeutet, dass Friedhofsbesucher ab Anfang August nicht mehr die Abkürzung von der Bergstraße aus über das Privatgrundstück der Familie Diolosa und das dortige Durchgangstor zum Park der Ruhe nehmen können. Besonders betroffen davon sind Senioren, die schlecht zu Fuß sind und künftig für Friedhofsbesuche den Haupteingang an der Gartenstraße nehmen müssen.
„Für alle immer sehr bequem“
„Das war bislang für alle immer sehr bequem. Man fährt mit dem Bus bis zur Danziger Straße und kann dann hier durchgehen“, meint die Friedhofsbesucherin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Den Durchgang über das Grundstück der einstigen Gärtnerfamilie Moll gebe es „mit Sicherheit schon 50 Jahre“. Den Grund für die angekündigte Schließung kenne sie nicht. Sehr wohl aber kann Marianne Diolosa, Haus- und Grundstückseigentümerin und Tochter von Herbert Moll, die Gründe erklären, die sie zu diesem Schritt veranlasst haben.
Vaters Regel beibehalten
„Mein Vater hat das Grundstück damals gekauft, die Gärtnerei gegründet und das Haus 1953 gebaut. Er war so freundlich und hat den Weg zum Friedhof für ältere Leute freigegeben. Und nach seinem Tod war ich so freundlich und habe es im Sinne meines Vaters weitergeführt. Ich hätte das Tor auch zumachen können“, sagt Mariann Diolosa. Was ihr Sohn tun werde, wenn sie mal nicht mehr da sei, dass wisse sie auch nicht. Als ihr Vater noch lebte, sei das Tor Tag und Nacht geöffnet gewesen. „Ich kannte die ganzen alten Leute, habe heute noch drei Gräber zur Pflege und kaufe mal ein paar Blumen dafür. Ich mache das für meinen Vater. Meine Familie ist seit 1421 in Wetter“, betont Marianne Diolosa. Darauf sei sie stolz und wolle den Namen ihres Vaters in Ehren halten.
Leute klingeln in der Früh
Fakt sei aber, dass immer wieder Leute morgens früh bei ihr klingeln, damit sie das Tor aufschließt: „Manchmal um 7 oder 8 Uhr. Manche kommen mit vollbepackten Tüten von Lidl und gehen hier über unser Grundstück, weil der Weg kürzer ist. Letztens schellte jemand um 6 Uhr und meinte: Machen sie mal das Tor auf! Ich habe ihm gesagt, dass er den Haupteingang nehmen soll“, so die Wetteranerin, die das Verbindungstor zum städtischen Friedhof täglich um 18 Uhr ab- und morgens um 9 Uhr wieder aufschließt. „Immer wieder haben Leute früher das Tor offen stehen lassen, bis mein Mann einen Türschließer angebracht hat. Jetzt gehen sie durch und lassen das schwere Stahltor zuknallen, als gäbe es keine Klinke. Ich werde auch bald 70, das geht einfach nicht mehr“, sagt Marianne Diolosa. Und berichtet weiter: „Der Zettel mit der Ankündigung der für August angekündigten Schließung hängt ja schon seit Januar. Einmal habe ich letztens vergessen, morgens das Tor zu öffnen. Da klingelten Leute bei uns und meinten: Es ist noch nicht der 1. August.“ Sogar die Kinder ihrer Mieter seien schon angesprochen worden, um das Tor zu öffnen.
Autos parken auf Privatgrund
Erschwerend hinzu komme, dass es auch Friedhofsbesucher gebe, die einfach mit dem Wagen auf ihr Grundstück fahren und dort parken würden – und zwar so, dass ihr Mann nicht mehr in seine Garage komme. „Diejenigen, denen ich das erlaubt habe, wissen wo sie sich hier hinstellen können, damit mein Mann noch vorbeifahren kann“, so Marianna Diolosa. Sie schüttelt den Kopf und meint: „Ich habe den Weg damals sogar noch versichern lassen, wenn mal jemand fällt. Aber ich sehe es einfach nicht mehr ein, auch wenn einige liebe Leute drunter leiden müssen. Es gibt ja immer noch den Zugang von der oberen Bergstraße und den Haupteingang.“ Den nutzen nach Angaben von Gerd G. Michaelis, Vorsitzender des Bürgerbusvereins Wetter, nun schon vermehrt Fahrgäste des Bürgerbusses: „Wer bislang an der Danziger Straße ausgestiegen ist, der steigt jetzt erst an der Bergschule aus, um von dort zum Haupteingang des Friedhofs an der Gartenstraße zu gehen.“
Kein Gewohnheitsrecht
Auch wenn das Tor Jahrzehnte für Friedhofsbesucher offen stand – ein Gewohnheitsrecht gebe es hier nicht, heißt es dazu aus dem Rathaus. Es handle sich um Privatgrundstück und auch das Tor gehöre nicht der Stadt.