Herdecke. Meist nicht einmal zuständig: Wie die Feuerwehr in Herdecke darauf reagiert, dass immer mehr Öleinsätze gefahren werden müssen.

38 Mal ist die Feuerwehr Herdecke 2014 zur Beseitigung von Ölspuren ausgerückt. Sieben Jahre später waren es mehr als doppelt so viele Einsätze, die gefährlichem Öl oder Kraftstoff galten. Die Folge ist eine insgesamt enorme Belastung der Einsatzkräfte. „Viele haben uns die dunkelrote Karte gezeigt“, sagt Herdeckes Vize-Feuerwehrchef Christian Arndt über das Einsatzstundenkonto der Retter im Ehrenamt. Die Feuerwehr hat reagiert. Seit fünf Jahren gibt es eine eigene Einsatzgruppe für Öleinsätze. Ein doppeltes Opfer: Die Öleinsätze kommen oben drauf, und als besondere Herausforderung gelten sie in Feuerwehrkreisen auch nicht gerade.

Kleiner Tropfen, große Wirkung

Bis 2019 wurde meist 40 bis 50 Feuerwehrleute zu einem Öleinsatz gerufen. Nun sind es nur noch 15 Kameraden. Ihre erste und wichtigste Aufgabe: den Schaden vor Ort bewerten. Gerade in der herbstlichen Jahreszeit mit oftmals nassen Straßen blüht ein Öltropfen auf der Fahrbahn schnell mal zu einer schillernden Lache auf. Kein Grund für einen großartigen Einsatz, wie der Ölspurtrupp der Freiwilligen Feuerwehr Herdecke dann feststellt. Anders, wenn die Fahrbahn vom schwarzen Gold rutschig ist oder der Schmierstoff in die Kanalisation zu fließen droht.

Ölspurbeseitigung bei der Feuerwehr in Herdecke
Im Schlepptau der Feuerwehr: Der Landesbetrieb Straßen.NRW hat einen Vertrag mit einer privaten Reinigungsfirma zur Beseitigung von Ölspuren auf der Fahrbahn. © WP | Feuerwehr Herdecke

„Die Feuerwehr ist nur für die großen Sachen zuständig“, sagt Christian Arndt, und dann eigentlich auch nur, wenn Gefahr in Verzug ist. Ansonsten gibt es klare Vereinbarungen. Zeigt sich eine Ölspur auf einer Bundesstraße, rückt die Feuerwehr zwar auch zu einer ersten Absicherung und der Bewertung aus. Zuständig für die Beseitigung ist aber ein Privatunternehmen, mit dem der Landesbetrieb Straßen.NRW einen Vertrag hat. Etwa ein Viertel der Öleinsätze fallen unter diese Kategorie. Beim Rest ist die Stadt Herdecke der sogenannte Straßenbaulastträger – und damit der Bauhof der Technischen Betriebe für die Beseitigung zuständig. Soweit die Theorie.

Verursacher müssen Schaden begleichen

In der Praxis lässt sich die Beseitigung oft schnell erledigen. Das macht die Feuerwehr dann selbst. Die Mitarbeiter des Bauhofs oder die Vertragsfirma des Landesbetriebs können ihre Fahrzeuge auf dem Hof stehen lassen. Manchmal aber auch sind alle gewerblichen Fahrzeuge im weit gestreuten Vertragsgebiet unterwegs, und dann macht eine Dauerbeschilderung statt eines beherzten Eingreifens keinen Sinn. Lässt sich ein Verursacher ausmachen, wird auch eine Rechnung geschrieben. Wenn eine aufgerissene Ölwanne so richtig geleckt hat, kann da schon mal ein Betrag von 7000 Euro drauf stehen.

Ölspurbeseitigung bei der Feuerwehr in Herdecke
Manchmal ziehen sich die schwarzen Linien durch die halbe Stadt: Hier eine Aufnahme von der Brücke über die Ruhr am Zweibrücker Hof. © WP | Feuerwehr Herdecke

Auch wenn die Beseitigung von Ölspuren eine eher ungeliebte Aufgabe unter Menschen bei der Feuerwehr ist: Besetzungsprobleme gab es bisher nicht. „Die 15 Kameraden haben sich bewusst dafür entschieden“, sagt Alfred Tautz. Er leitet die Extragruppe für die Öleinsätze. Gezwungen werde niemand. Und auch die Fluktuation sei nicht besonders hoch. Starken Zulauf in der Gruppe gibt es nach dem Abschluss der Grundausbildung. Frisch gebackene Feuerwehrleute wünschen dann Einsatzroutine und finden sie beim Dauerärgernis Ölspur-Beseitigung.

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Bis 16 Uhr ist der Tagesdienst in der Wache zuständig. Danach und an den Wochenenden übernimmt die Sondertruppe. „Die Idee der Ressourcen-Schonung hat sich ausgezahlt“, stellt Alfred Tautz fest. Besonders, weil nun nicht mehr unnötig viele Einsatzkräfte zum Hantieren mit Streueimer und Kehrbesen gerufen werden. Das ist wichtig mit Blick auf die Arbeitgeber der Feuerwehrleute. Manche Retter müssen für ihre Freistellung kämpfen. Da seien Überkapazitäten am Einsatzort nicht vermittelbar, sagt Christian Arndt. Verständnis ist ebenso bei den Familienangehörigen gefragt: Wenn der Papa nach drei Öleinsätzen am Wochenende noch zu einem Feuer ausrückt, hält sich die Freude in Grenzen.

Gefahr durch egoistische Autofahrer

Verständnis wünscht sich das Team von der Ölspurbeseitigung noch an anderer Stelle: Immer wieder müsse die Feuerwehr bei Autofahrern dafür werben, vorgenommene Sperrungen auch zu akzeptieren. „Was ist an einem quer gestellten Fahrzeug oder Absperrbändern schwer zu verstehen“, fragt sich Alfred Tautz und denkt an eine Autofahrerin, die sich dennoch an einer Sperre vorbei quetschen wollte, weil sie es eilig hatte. Das kann die Ruhelosen selbst in Gefahr bringen. Aber auch die Einsatzkräfte möchten sich nicht zusätzlichen Risiken aussetzen.

Nach einem halben Jahrzehnt guter Erfahrung wird es in Herdecke bei der Sondereinsatzgruppe bleiben. Dass Menschen bei der Feuerwehr es auch gut bei der Bewertung und Absicherung von Ölspuren belassen könnten, verrät eine Äußerung von Christian Arndt: „Wir hätten gewiss nichts dagegen, wenn wir diese Aufgabe loswerden könnten.“ Der Ball iege beim Gesetzgeber.