Herdecke. Kein Wegkommen, kein Hinkommen: Anwohner und Gewerbetreibende hat Glasfaserverlegung kalt erwischt. Die Stadt zeigt auf die Baufirma.
Dienstagmorgen ist Auslieferungstag für Küchenteile. „Aber ich ich weiß gar nicht, ob ich den Termin halten kann“, sagt Winfried Zobel. Seine Schreinerei Raumwerk an der Friedhofstraße ist überraschend vom Verkehr abgeschnitten. Grund: Arbeiten für die Verlegung von Glasfaserkabeln. Zwei Halteverbotsschilder mit einem Datum drauf hat Zobel zwar gesehen, ist aber davon ausgegangen, „dass ein Nachbar umzieht.“ Von wegen! Die neue Kommunikationstechnik zieht ein ins Erdreich. Und dann geht plötzlich nicht mehr viel, zumal es sich bei der Friedhofstraße um eine Sackgasse handelt. Zu einer anderen Seite herausfahren geht nicht.
Am späten Freitag schon hatte ein Nachbar fassungslos vor den Absperrungen gestanden: Christian Korge ist Bauunternehmer. Am Samstag dann konnte er seinen am Haus parkenden Klein-LKW gerade eben noch durch die Baustelle bugsieren, um seiner Erwerbstätigkeit nachgehen zu können, hat er in einer Mail an die Stadtverwaltung geschrieben. Seine Frage: „Ist es in Herdecke nun normal, dass die Bürger nicht mehr informiert werden, wenn sie das Haus nur noch zu Fuß durch eine Baustelle verlassen können?“
Verweis nach Oberhausen
Die Antwort lag am Montagvormittag in seiner Mailbox: Ein Mitarbeiter der Technischen Betriebe teilte mit, wo Korge sich schlau machen könne - bei einer Firma in Oberhausen, die im Auftrag der Telekom für die Glasfaserkabelverlegung in Herdecke zuständig sei. Fragen zur Ferstigstellung der Arbeiten könne der Bauleiter unter einer mitgelieferten Mobiltelefonnummer beantworten. Auch die Rolle der Stadt war klar beschrieben: „Die öffentlichen Oberflächen werden nach abgeschlossener Wiederherstellung durch die Technischen Betriebe Herdecke abgenommen. Etwaige Mängel müssen durch die Baufirma beseitigt werden.“
Christian Korge hat sich mit der Antwort nicht zufrieden gegeben und noch einmal zurück geschrieben: „Ich als Bürger soll mich bei irgendeinem Bauleiter erkundigen, wann ich mein Grundstück wieder per Kfz erreichen kann? Das ist ja wohl nicht erst gemeint!“. Wie es scheint, wohl doch: Bei Fragen auch zur Information über anstehende Straßensperrungen verweist die Stadt auf die Firma in Oberhausen. Sie sieht sich höchstens bei der Kontrolle der verkehrsrechtlichen Vorgaben gefordert, etwa bei der Beschilderung oder der Genehmigungsdauer. Bei vermuteten Verstößen sollten Bürger sich beim Ordnungsamt melden.
Stadt kennt den Terminkalender der Bautrupps
Die Stadtverwaltung weiß aber sehr wohl, wo die Bautrupps gerade unterwegs sind. Das ist ja schon wichtig, wenn es um Rettungseinsätze in den gesperrten Bereichen geht: Die von der Telekom beauftragte Baufirma informiere jeweils in der Woche vorher die Technischen Betriebe, das Ordnungsamt und auch die Feuerwehr darüber, in welchen Straßen in der darauffolgenden Woche gearbeitet werde. Zwischen Feuerwehr und Bauunternehmen gebe es einen Austausch, bei dem auch über Engstellen beziehungsweise Durchfahrtsmöglichkeiten gesprochen werde.
Sauer ist Christian Korge nicht nur wegen der Umstände beim Hin- und Wegkommen. „Als lokaler Gewerbetreibender muss man sich peinlichst an die Regeln halten, sonst ist die Strafe nicht weit“, wettert er über die unterlassene Information der Anlieger. Für die Telekom dagegen würden wohl nicht einmal die einfachsten Regeln gelten. Die Stadt widerspricht: „Es gelten die gleichen Anzeigepflichten.“ Die beauftragte Baufirma habe einen Antrag auf eine verkehrsrechtliche Genehmigung gestellt und auch erhalten.
+++ Hier gibt es mehr aus Herdecke und Wetter +++
Bei Andreas Disselnkötter, dem Fraktionsvorsitzenden der Grünen im Herdecker Rat, ist die Empörung von Christian Korge auf offene Ohren gestoßen. Disselnkötter rief beim Bauleiter an und bekam zur Antwort, dass es für Anwohnerwünsche zum Rausfahren ebenso wie für Rettungsfahrzeuge immer eine schnelle Hilfe gebe: Auf Wunsch könnten spezielle Brücken ausgelegt werden, die über die Untiefen im Erdreich hinweghelfen. Wäre da nicht ein „Kommunikationsproblem“, so Disselnkötter: Die Bauarbeiter sprächen unzureichend Deutsch, die vorgebrachten Bitten der Anwohner hätten sie wohl nicht verstanden. Die Brücken blieben ungenutzt.
Schreiner Zobel kann darauf hoffen, dass die Arbeiten vor seiner Tür am Dienstagmorgen abgeschlossen sind. Die Redaktion hat für ihn unter der von den Technischen Betrieben angegebenen Bauleiternummer angerufen. Nur noch kleine Nachbesserungen seien geplant. Die Fahrbahn müsste frei sein, so die Auskunft des Bauleiters. Er bedauert, sollten die Anwohner der Friedhofstraße nicht informiert worden seien. Vorgabe sei, dass es Infozettel gebe und an den Haustüren geklingelt werde.