Herdecke. Seit Jahren stehen Reklameschilder von Gewerbetreibenden am Herdecker Bach. Nun kam Post vom Landesbetrieb mit Verweis aufs Bundesfernstraßengesetz.

Eine Anfrage von Nico Fischer (Die Partei) sorgt für Aufsehen. Im Ausschuss für Wirtschaftsförderung und Tourismus will das Ratsmitglied wissen, warum plötzlich keine Werbeschilder mehr auf dem Seitenstreifen der B54 am Herdecker Bach stehen dürfen. Ein dortiger Autohändler habe an der Stelle seit Jahren entsprechende Hinweise platziert, auch Gewerbetreibende aus der Nachbarschaft wie ein Bestatter oder ein Fußboden-Anbieter haben demnach ein Verbots-Schreiben erhalten.

Landesbetrieb zuständig

„Das Schild vom Autohändler ist sehr klein, an der früheren Tankstelle ein paar Meter weiter befindet sich auch Werbung“, erklärte Fischer und fragte: „Müssen dann nicht alle das entfernen, und wird das willkürlich entschieden?“ Daniel Matißik als Leiter des städtischen Bau- und Planungsamtes verwies in Sachen Bundesstraßen auf die Zuständigkeit vom Landesbetrieb, stufte die Anfrage aber als „komplexes Thema“ ein. Er gehe davon aus, dass der Betreiber der TÜV-Station am ehemaligen Aral-Standort ordnungsgemäß einen Antrag für seine Reklame gestellt habe, der könnte womöglich bei den Nachbarn fehlen. Zudem sagte Matißik: „Eigentlich müssen sich ja Gewerbetreibende informieren, was sie in solchen Fällen zu berücksichtigen haben. Das sollte man nicht verdrehen, auch wenn es jahrelang gut geht. Doch wenn dann eine Kontrolle folgt, ist der Jammer groß.“ Ob das Ordnungsamt in der Sache involviert sei, wisse er nicht.

Autohändler reagiert zerknirscht

Im Gespräch mit der Lokalredaktion bestätigt Michael Cassing als Inhaber vom Auto-Center an der B54, dass er vor einigen Wochen ein dreiseitiges Schreiben vom Landesbetrieb erhalten habe. Inhalt: Werbung am Herdecker Bach 10 entfernen, da es sich um eine Bundesstraße handele und dortige Fahrer durch Reklame abgelenkt werden können. Komme der Händler, der dort vor allem Land Rover anbietet, dem nicht nach, drohe ein Bußgeld von bis zu 5000 Euro.

Verwunderung auch bei Nachbarn

„Ich habe auch mit meinen Nachbarn in dieser Hinsicht gesprochen. Auch die meinen, dass hier seit Jahrzehnten Werbeschilder am Straßenrand stehen“, sagt Cassing. Der Autohändler selbst habe seit 2007 eine kleine blaue Tafel vor seiner Geschäftsfläche aufgestellt. „Die dürfte aber nie jemanden abgelenkt haben.“ Er wundere sich über manche Vorgaben. „Wenn ich hier an der Bundesstraße ein richtiges Büro errichten will, bräuchte ich eine Baugenehmigung. Daher nutze ich einen alten Wohnwagen, denn: Wenn Räder wie im vorliegenden Fall drunter sind, ist das gestattet.“

„Kröte schlucken“

Im Fall der verbotenen Werbeanlage muss Michael Cassing an ein juristisches Verfahren in einem anderen Zusammenhang vor einigen Jahren denken. Aufgrund dieser Erfahrung sei er zu dem Schluss gekommen, dass er sich gegen den vorliegenden Bescheid vom Landesbetrieb nicht wehren will. „Ich muss und werde die Kröte schlucken, auch wenn das aufgestellte Schild für mich und meinen Autohandel schon eine gewisse Bedeutung hatte. Man wundert sich halt nur, dass das 17 Jahre lang bisher möglich war.“

Das Auto-Center am Herdecker Bach hat auf eine Bußgeld-Androhung reagiert und eine Tafel weggeräumt.
Das Auto-Center am Herdecker Bach hat auf eine Bußgeld-Androhung reagiert und eine Tafel weggeräumt. © WP | Steffen Gerber

Auf Nachfrage der Redaktion berichtet Andreas Berg als zuständiger Sprecher, dass der Landesbetrieb Straßen-NRW einen Hinweis mit Fotos zum Verstoß gegen das Werbeverbot an der B54 in Herdecke bekommen habe. „Nicht vom TÜV-Betreiber.“ Es gehe an der Stelle auch nicht um den Übereifer von Mitarbeitenden. Seine Behörde sei schlicht dazu da, vorgegebene Gesetze einzuhalten und dies auch zu überprüfen.

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Inhaltlich verweist Berg auf Paragraf 9 im Bundesfernstraßengesetz. Dort steht zu „baulichen Anlagen“ und zum Thema Werbung, dass so genannte Mehrzweckstreifen wie eben auch jener neben der B54 in Herdecke freizuhalten sind. „Dort soll Platz sein für Fußgänger, Radfahrer und auch mal zum Abstellen von Pkw“, erklärt der Sprecher des Landesbetriebs.

Über Jahre Glück gehabt

Auch die Stadtverwaltung habe, so Berg, im Falle Herdecker Bach nun hingeschaut. „Wenn dort schon lange Werbeschilder standen, haben die Gewerbetreibenden gewissermaßen Glück gehabt, dass ihr Verstoß nicht geahndet wurde“, sagt der Landesbetrieb-Sprecher. „Die Regelungen im Bundesfernstraßengesetz gelten schon seit Jahrzehnten, da ist kaum Spielraum für Werbung.“ Die dürfe nur knapp einen Quadratmeter groß sein und müsse „am Ort der Leistung“ stehen, sollte sich aber nicht auf einem Streifen neben einer Bundesstraße befinden. Daher hat Michael Cassing sein Schild weggeräumt.