Herdecke. Bei der Schulwegsicherung sind alle Verkehrsteilnehmer gefragt. Beim Polizeieinsatz fällt jedoch eine Fahrerin auf, die es besser wissen müsste.

Montagmorgen. 7.20 Uhr. Polizeioberkommissarin Sabrina Reckwitz und Polizeihauptkommissarin Verena Loose haben sich an der Straße Am Berge positioniert. Sie sichern den Weg für die Schüler der Hugo-Knauer-Grundschule.

Kinder kennen Polizistinnen

Die Kinder winken fröhlich, als sie die beiden Polizistinnen entdecken. „Guten Morgen! Wie geht es dir? Bist du schon fit?“, fragt Loose eine Schülerin, die mit ihrem Vater den kleinen Stichweg vom Kirchender Dorfweg herunterläuft. Die Schülerin strahlt und nickt. Man kennt sich. Kein Wunder, denn die Hugo-Knauer-Schule ist das Revier von Loose. Viele Kinder bleiben kurz stehen, erzählen vom Wochenende oder von den Ferien. Die Polizistin kennt sie alle.

Ansprache jedes Schuljahr

Jedes Jahr kommt sie zur Einschulung der neuen Erstklässler. Jedes Jahr klärt sie die Eltern über die Schulwegsicherung auf, und jedes Jahr erläutert sie, wie sinnvoll es ist, wenn die Kinder zu Fuß zur Schule kommen. Die Kinder seien dann wach und fit und kämen frisch in den Unterricht. Der Start in den Tag sei ein ganz anderer. „Ich habe das Gefühl, dass wieder mehr Kinder laufen“, stellt sie zufrieden fest. Natürlich werden einige Schüler auch weiterhin mit dem Auto gebracht. Diese Eltern klärt Loose ebenfalls auf. Darüber, dass auf der Straße Am Berge ein verkehrsberuhigter Bereich ist und dort nur sieben Kilometer pro Stunde gefahren werden dürfen. Die meisten halten sich daran, aber Loose muss auch immer wieder erinnern.

Hinter der Müllabfuhr reihen sich die Autos auf. PHK Loose stellt sich sichtbar auf die andere Straßenseite, um riskante Überholmanöver im Keim zu ersticken. 
Hinter der Müllabfuhr reihen sich die Autos auf. PHK Loose stellt sich sichtbar auf die andere Straßenseite, um riskante Überholmanöver im Keim zu ersticken.  © WP | Yvonne Held

Polizistin schreitet ein

So auch am Montagmorgen. „Ein bisschen langsamer“, ruft sie der Mama zu, die die Schrittgeschwindigkeit nicht einhält. „Viele lassen ihr Auto einfach rollen, aber das ist immer noch zu schnell. Ich sage immer, sieben km/h ist so langsam, dass Sie sich beim Fahren blöd vorkommen“, berichtet die Polizeihauptkommissarin und lacht. Dass dies für viele Autofahrer nicht ganz so einfach ein- oder durchzuhalten ist, weiß sie. „Gerade, wenn man es eilig hat, fährt man doch schon mal schneller“, sagt sie.

Verwarngeld ist möglich

Doch Sicherheit geht einfach vor. „Hier in dieser Straße fahren meist nur Anwohner und Eltern. Hin und wieder sind noch Handwerker unterwegs. Aber grundsätzlich wissen alle, dass hier sowohl eine Grundschule als auch Seniorenwohnungen sind“, erklärt Loose. Ein doppelter Grund also, den Vorschriften entsprechend zu fahren. Und dennoch muss sie immer wieder ermahnen. „Eltern bringen ihre Kinder zur Schule, damit sie sicher ankommen. Aber alle Kinder müssen einen sicheren Schulweg haben, deshalb müssen auch die sogenannten Elterntaxis Rücksicht auf laufende Kinder nehmen“, so die Polizisten. Manchmal brauche es dafür drei oder gar vier Ansprachen, aber dann setze ein gewisser Lerneffekt bei den Eltern ein. Wenn ganz unbelehrbare Autofahrer dabei sind, können die Polizeibeamten auch zu anderen Mitteln greifen. „Wir dürfen in einem verkehrsberuhigten Bereich auch schätzen, wenn jemand sichtlich zu schnell unterwegs ist“, erklärt Loose. Dann wird ein Verwarngeld von 15 Euro fällig.

Viel zu schnell: Die Fahrerin ist sich keiner Schuld bewusst. Sie hat angenommen, dass 30 km/h erlaubt seien. Die Polizeihauptkommissarin belehrt die Lehrerin. 
Viel zu schnell: Die Fahrerin ist sich keiner Schuld bewusst. Sie hat angenommen, dass 30 km/h erlaubt seien. Die Polizeihauptkommissarin belehrt die Lehrerin.  © WP | Yvonne Held

Während sie spricht, bahnt sich die Müllabfuhr der Technischen Betriebe den Weg über die enge Straße. Dahinter eine ganze Reihe Autos. Eines setzt zum Überholen an. Nicht ganz ungefährlich, weil auch Kinder auf dem abgesenkten Fußweg nebenan unterwegs sind. „Ich stelle mich mal sichtbar auf die andere Seite“, entscheidet Loose. Kaum steht sie dort, hört das Drängeln auf. Alle Autos warten geduldig hinter dem Müllfahrzeug. Erstaunlich, welche Wirkung allein die Anwesenheit der Polizistin hat.

POK Sabrina Reckwitz

„Viele Kinder werden mit dem Auto zur Schrabergschule gebracht. Die Wagen kommen von allen Seiten. Manche halten in den Kurven, an den Übergängen oder sogar direkt vor der Schule.“

Sabrina Reckwitz

Elterntaxis behindern freie Sicht

Währenddessen berichtet Polizeioberkommissarin Sabrina Reckwitz von ihrem Einsatzgebiet, das eigentlich an der Schrabergschule liegt. „Wir haben dort ein großes Problem mit den Elterntaxis. Viele Kinder werden mit dem Auto zur Schule gebracht. Die Wagen kommen von allen Seiten. Manche halten in den Kurven, an den Übergängen oder sogar direkt vor der Schule“, berichtet sie. Vielen sei nicht bewusst, dass sie den anderen Schülern damit die Sicht nehmen und auch andere Autofahrer die Kinder nicht sehen können. Das berge Gefahren. Auch für die eigenen Kinder, die mit dem Pkw gebracht werden, denn auch die können leicht übersehen werden.

Rangieren birgt Gefahren

Verena Loose ist derweil von der anderen Straßenseite wieder zurückgekehrt, da taucht auch schon das nächste Problem auf. Einige Eltern, die jetzt lange hinter dem Müllwagen her gefahren sind, biegen auf den inoffiziellen Lehrerparkplatz ein. „Das soll eigentlich nicht so sein, denn der Parkplatz ist eng, dort muss rangiert werden und dadurch, dass die Autos immer größer werden, haben viele Fahrer einfach nicht mehr den Überblick, wenn sie beispielsweise aus der Einfahrt zurücksetzen“, erklärt Loose. Kleine Kinder können da schnell übersehen werden. Das sei gerade, wenn es morgens schon wieder dunkel ist, also im Herbst und Winter, sehr gefährlich.

PHK Verena Loose

„Viele Fahrer haben durch die großen Autos einfach nicht mehr den Überblick, wenn sie beispielsweise aus der Einfahrt zurücksetzen.“

Verena Loose

Zwei Autos sind viel zu schnell

Um 7.55 Uhr erklingt ein Gong von der Schule. Das Signal für den Unterrichtsstart. Die Straße wirkt verlassen. Die Schüler sind sicher in der Schule angekommen. Normalerweise wären die Polizistinnen jetzt auch wieder weg. Am Montagmorgen bleiben sie noch ein paar Minuten, und prompt fallen zwei Autofahrer auf, die viel zu schnell unterwegs sind. Loose und Reckwitz stellen sich auf die Straße und halten die Autofahrer an. Im kurzen Gespräch stellt sich heraus, dass die beiden laut ihren Angaben von Tempo 30 ausgegangen seien. Die erste Autofahrerin hatte es außerdem eilig. Sie sei Lehrerin und müsse dringend zum Unterricht. Die Polizistinnen klären auf, dass der verkehrsberuhigte Bereich bereits ab dem Kreisverkehr gelte und was den Autofahrern droht, wenn sie in dem Tempo bei einer Verkehrskontrolle erwischt würden. Ob es geholfen hat, wird sich in den kommenden Tagen zeigen, denn die beiden Polizistinnen werden weiterhin auf die Schulwegsicherheit achten.