Herdecke. Am Bleichstein in Herdecke fehlen nach der Sanierung ein Sprungturm und tiefes Becken. Die Folgen erläutert der Ortsvorsitzende der Lebensretter.

Seit Juni herrscht Klarheit, wie am Bleichstein das Hallenbad und auch die direkt angrenzende Schwimmanlage unter freiem Himmel nach einem großen Umbau aussehen sollen. In der gemeinsamen Sitzung zweier Fachausschüsse hat eine politische Mehrheit (wie berichtet) entschieden, dass das Freibad der Stadt Herdecke künftig vor allem Kinder und Familien anlocken soll. In der Debatte haben einzelne Fraktionsmitglieder aber auch darauf hingewiesen, dass die beschlossene Neuausrichtung Nachteile mit sich bringe und einige Gruppen quasi vertreibe.

Personelle Unterstützung

Auch Sebastian Muhs hat sich in der Diskussion am 18. Juni im Friedrich-Harkort-Gymnasium zu Wort gemeldet und seine Bedenken vorgetragen. Seit fast zwei Jahren ist der Herdecker nun Vorsitzender der hiesigen DLRG. Die Ortsgruppe der Deutschen Lebensrettungs-Gesellschaft unterstützt bekanntlich die Stadtverwaltung wie schon 2023 personell, damit diese das Freibad mit den benötigten Aufsehern 2024 öffnen kann. Zugespitzt ließe sich daraus mit sarkastischem Unterton ableiten: Als „Dank dafür“ (Ironie!) steht der DLRG dann ab 2026 nach der Sanierung kein tiefes Trainingsbecken mehr zur Verfügung, so dass auch Prüfungen andernorts erfolgen müssen.

Vorsitzender über Vereinbarung

Sebastian Muhs äußert sich jetzt im Gespräch mit der Lokalredaktion moderat. Und erläutert zunächst einmal Hintergründe. Die DLRG habe mit der Stadt Herdecke eine Vereinbarung für die Jahre 2023 und 2024 getroffen, so dass Mitglieder (etwas mehr als ein Dutzend) im Freibad aushelfen können. Vor der besagten Juni-Sitzung habe der Ortsvorsitzende schon stichpunktartig von den geplanten Änderungen am Bleichstein gehört, Konkretes zum Gesamtkonzept kenne er nun seit etwas mehr als einem Monat.

Sebastian Muhs ist seit September 2022 Vorsitzender der DLRG Herdecke (Ortsgruppe), die ihre Rettungswachstation am Viadukt hat.
Sebastian Muhs ist seit September 2022 Vorsitzender der DLRG Herdecke (Ortsgruppe), die ihre Rettungswachstation am Viadukt hat. © WP | Steffen Gerber

„Man könnte kritisch anmerken, dass die DLRG in Sachen Umbau nicht gefragt wurde und wir im Vorfeld unsere Bedürfnisse dort nicht darstellen konnten. Andererseits haben wir natürlich Verständnis, dass wegen der finanziellen Situation der Stadt viele Wünsche unrealistisch sind“, sagt Muhs. „Ich verstehe den Ansatz, familienfreundlicher werden zu wollen, das dürfte sich gerade in Ferienzeiten für Familien mit begrenzten Urlaubsmöglichkeiten positiv bemerkbar machen. Und es ist natürlich besser, überhaupt ein Freibad zu haben als gar keins.“

Regelmäßige Zeiten reserviert

Die DLRG nutzt das Freibad regelmäßig am Montagabend und auch sonntags nach der Schließung. Im Fokus dabei: das Becken neben dem Sprungturm. Das ist vier Meter tief und eignet sich daher als Schauplatz für Rettungsschwimmabzeichen in Bronze, Silber oder Gold. „Das ist in dieser Hinsicht wegen der benötigten Wassertiefe der einzige Ort in Herdecke, wo wir trainieren und auch entsprechende Prüfungen abnehmen können“, berichtet der 35-Jährige.

>>> hier gibt es weitere Artikel aus Wetter und Herdecke

Das wichtigste Abzeichen sei diesbezüglich das silberne Zertifikat. Das berechtigt auch zum Wachdienst und beinhaltet einen Bootsführerschein. Zur dazugehörigen Prüfung mit zehn Kriterien gehören unter anderem ein Sprung aus drei Metern Höhe und Tauchgänge etwa mit einem Fünf-Kilo-Ring. All das müssen Rettungsschwimmer auch immer wieder mal auffrischen.

Wiedereröffnung ohne Sprungturm und Tauchbecken

Das Problem: Im umgebauten Freibad am Bleichstein befinden sich ab 2026 weder ein Sprungturm noch ein tiefes Becken. Zum besagten Training und zu Prüfungen müssen alle sich eine andere Anlage in der Umgebung suchen. Muhs denkt dabei etwa an das Westfalenbad in Hagen oder das Hallenbad Oberwengern als ganzjährige Optionen. „Das ist für uns natürlich aufwendiger, als es momentan der Fall ist. Außerdem könnte uns das Geld kosten“, meint der DLRG-Ortsvorsitzende. Er erwähnt in dem Zusammenhang den Anfahrtsaufwand oder womöglich gar Eintritt, sofern die Eigentümer überhaupt regelmäßig Gäste aus Herdecke dulden und die keine Zeiten für örtliche Gruppen wegnehmen.

Nachbarstädte im Fokus

„Unser Wunsch an die Stadtverwaltung und Politik ist, dass die sich Gedanken machen und uns unterstützen“, sagt Sebastian Muhs. Das ließe sich auch als Forderung formulieren, um beispielsweise neue Kooperationen mit anderen abzuschließen oder Gutscheine für umliegende Schwimmbäder zu erhalten. „Vielleicht ist ja eine Vereinbarung mit der Nachbarstadt Wetter möglich.“

Folgen auch für andere

Zumal nicht nur die DLRG davon profitieren würde. Auch Lehrkräfte oder Polizisten brauchen das silberne Rettungsschwimmabzeichen, das Prüfer künftig nicht mehr im Herdecker Freibad abnehmen können. „Das können wir nun nicht mehr ändern, also sollten wir andere Lösungen angehen“, meint der 35-Jährige, der damit noch Fragen zur Ausbildung und zu Rettungsdiensten verknüpft. Auch andere Vereine und Jugendliche würden durch den Umbau-Beschluss benachteiligt. Gleichwohl äußert sich Muhs dankbar, dass er seine Bedenken in der Juni-Sitzung äußern und die Perspektive seiner Ortsgruppe darstellen konnte. Wobei eine konkrete Unterstützung noch wünschenswerter sei.