Wetter. Monatelang wurde umgebaut. Jetzt ist klar, wer die Villa an der Kaiserstraße in Wetter für seine Zwecke hat umbauen lassen.
Für die Gottesdienste der Ruhrkirchen-Gemeinde war das Gebäude irgendwann mal deutlich zu klein. Für eine Wohngemeinschaft von acht Beatmungspatienten dagegen bietet der großbürgerliche Bau hinreichend Platz. Allerdings war ein monatelanger Umbau nötig. Jetzt allerdings werden an der Kaiserstraße gleich neben dem Bürgerhaus die ersten Patienten von der Holas Intensiv- und Beatmungspflege betreut.
Gert Räder hat einen Luftröhrenschnitt und braucht künstliche Beatmung rund um die Uhr. Er hat ein Zimmer im Kellergeschoss bezogen und kann jetzt auf die frisch gemähte Wiese hinter dem schmucken Gebäude blicken. Schrank, ein Tischchen mit Stuhl, ein Bett – geräumig wirkt sein Zimmer, Dusche und WC kommen noch oben drauf. Ein hüfthoher Tank und zahlreiche Schläuche verraten den besonderen Betreuungsbedarf des 70-Jährigen.
Bislang wurde Räder in der Friedrich-Ebert-Straße 2 geholfen. Hier gibt es die zweitälteste aller elf Beatmungs-WGs von Philipp Holas und die erste in Wetter. Sein Vater hat das Unternehmen gegründet, seit dessen Tod führt der Sohn die Geschäfte. In eine regelrechte Boom-Zeit ist er geraten: 6000 WGs für Intensiv- und Beatmungspatienten gab es noch vor ein paar Jahren. Mittlerweile sind es 24.000. Von einem Vortrag in der vorigen Woche hat Philipp Holas diese Zahlen noch frisch in Erinnerung. Der Fortschritt in der Medizintechnik habe diese Entwicklung möglich gemacht, sagt Geschäftsführer Holas. Früher hätten die Erkrankten im Krankenhaus bleiben oder sich rund um die Uhr zuhause betreuen lassen müssen – häufig eine ziemliche Belastung für die Angehörigen. Heute kommen als dritte Variante die WG-Konzepte hinzu.
Möglichst mitten im Leben
Melanie Erol nimmt die Sache mit der Wohngemeinschaft sehr ernst. Sie ist stellvertretende Leiterin der Einrichtung in der ehemaligen Ruhrkirche und sieht sich mehr als Besuch dieser Hausgemeinschaft. Die Bandbreite der Beeinträchtigungen ist groß. Aber selbst wo die Beweglichkeit stark eingeschränkt ist, bleibt Teilhabe oberstes Gebot, berichtet die examinierte Pflegerin. Gerade erst war sie mit Schützlingen beim AOK-Firmenlauf um den Hengsteysee. Nicht ums Mitlaufen ging es, aber ums Zuschauen und dabei sein. Aktuell sind vier WG-Zimmer belegt. In sechs Wochen wird das Haus voll sein, vermutet Philipp Holas. Dann braucht er auch die volle Personalstärke. 20 Vollzeitkräfte rechnet er allein für den neuen Standort, wegen Teilzeit bedeutet das über 30 Stellen.
Pflegekräfte sind auf dem Arbeitsmarkt heiß umworben. Bislang habe er aber immer genügend Bewerbungen gehabt, versichert der Betriebswirt Holas. Melanie Erol sagt, warum: „Bei uns gibt es kein Abschirmen, die Patienten erleben was. Ich finde genügend Zeit für die Menschen und gehe mit gutem Gefühl nach Hause.“ Aktuell erleben die Bewohner einen Rest von Baulärm. In der Küche gibt es noch was einzurichten. Wichtig: Die Spülmaschine aber funktioniert schon. Eine Palettensitzecke am Eingang unterstreicht den gemütlichen Charakter, den WGS haben können. Viele Bewohner leben über Jahre und Jahrzehnte in den Beatmungs-WG. Jeder Zehnte, so Philipp Holas, schaffe auch die Entwöhnung von den Maschinen und wechsele aus der Wohngemeinschaft wieder in eigene vier Wände.
Elfmal in der Region
Die Holas Ambulante Intensiv- und Beatmungspflege mit Sitz in Hagen verfügt über mittlerweile elf Standorte in der Region.Fünf Mal ist Holas in Hagen vertreten, dazu in Witten, Drolshagen und Sundern.In Wetter gibt es neben der Kaiserstraße zwei weitere Standorte, einen davon in der Friederich-Ebert-Straße, den anderen im Schöntal. Bis zu 93 Bewohner können gepflegt werden.Insgesamt kommt das Unternehmen auf rund 300 Beschäftigte.