Herdecke. Noch steht eine Rückkopplung mit der Basis aus, aber CDU, Grüne und FDP in Herdecke gehen auf einen gemeinsamen Weg zu.
Ein gemeinsamer Antrag muss nicht mehr sein als eine punktuelle Übereinstimmung. Beim gemeinsamen Papier von CDU, Grünen und FDP in Herdecke zur Ausweisung von Gewerbeflächen steckt mehr dahinter: Die drei Parteien sind weit fortgeschritten auf dem Weg einer festen Zusammenarbeit. Wäre da nur nicht Corona und die Schwierigkeit, die Basis in diesen wichtigen Entscheidungsprozess einzubeziehen.
Seit der Wahl im September laufen Gespräche zwischen CDU, Grünen und FDP. Um Wohnen und Bauen ging es dabei, um Schule und Kultur. Und um die Gewerbeflächen. Hier waren die größten Gräben zu überbrücken. Und doch gibt es jetzt den gemeinsamen Antrag, der ein Brachflächenkataster fordert, die Aktivierung von Brachflächen wie dem ehemaligen Kohlelagerplatz des Cuno-Kraftwerkes anregt – und neues Gewerbe im Bereich von Bonsmanns Hof vorsieht.
Bei Bonsmanns Wiese haben die Grünen ihre Kompromissfähigkeit unter Beweis gestellt, sagt Fraktionssprecher Andreas Disselnkötter zu einer Idee der CDU, die auch die Unterstützung der FDP gefunden hat. Vorhandene Firmen sollen in der Stadt gehalten werden, auswärtige eine Ansiedlungchance haben. Nicht zuletzt für die Stadtkasse sei das gut, sagt Julia Brunow, Fraktions-Chefin der CDU.
Gewerbeflächen fehlen schon lange in Herdecke, begrüßt FDP-Fraktionschef Wilhelm Huck die Initiative. „Begrünte Dächer und Fassaden in Gewerbegebieten sind nicht nur ein grünes Thema“, erklärt Julia Brunow. Und das grüne Ratsmitglied Axel Störzner sieht bei einem modernen Gewerbeflächenmanagement genügend Chancen für eine „grüne Note“.
2009 gab es erstmals ein fest vereinbartes Bündnis von CDU, Grünen und FDP. Es löste die SPD als bestimmende Kraft im Herdecker Rat ab, fand bei der Kommunalwahl 2014 aber keine bestätigende Mehrheit. Die SPD blieb zwar durchgängig die stärkste Fraktion im Rat, hatte aber keine eigene Mehrheit und organisierte auch keine mit einem festen Partner. Nun solle eine „neue Zeitrechnung begründet werden, ohne auf alte Feindbilder zurück zu greifen“, so Axel Störzner. Er spürt in den Reihen der Grünen „den Wunsch, zu gestalten, zu verändern – und das zum Positiven.“ Andreas Disselnkötter sieht ein künftiges Bündnis als „verlässlichen Partner“ der Bürgermeisterin. „Das geht nur zusammen“, erklärt er, warum jetzt weiter an Verabredungen der drei Parteien gearbeitet werden soll.
Vertrauen wächst
Die FDP ist weit weg von einer eigenen Mehrheit. Nun gelte es „auszuloten, was realisierbar ist“ im Austausch mit den anderen Fraktionen, so Wilhelm Huck. Und Sohn Christopher, Parteivorsitzender der FDP in Herdecke, spricht von dem „Vertrauen, das gewachsen ist“ in den Monaten der Gespräche und das ihm Mut mache für ein weiter so in den Beratungen.
>>>Der Kommentar von Klaus Görzel: Auf Weg zu mehr Verlässlichkeit
Noch sind die Spitzen der Parteien vorsichtig. Im Corona-Lockdown haben sie bislang keine Möglichkeit gefunden, ihre Mitglieder im persönlichen Miteinander einzubeziehen. Aber es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis ein Bündnis von CDU, Grünen und FDP die Zustimmung der Basis findet.
Dreimal schon haben alle drei Parteien die parteilose Bürgermeisterin Katja Strauss-Köster im Wahlkampf unterstützt. Sie kann jetzt auf die Art von Verlässlichkeit bei politischen Entscheidungen hoffen, die sie in der letzten Amtsperiode so vermisst hat. Das ist nicht die einzige Klammer.
CDU, Grüne und FDP haben zueinander gefunden, trotz der widrigen Umstände von Online-Treffen und fehlendem Kennenlernen gerade der Neuen in der Politik. Und sie haben die Zerreißprobe schon hinter sich – und einen gemeinsamen Weg beim schwierigen Thema Gewerbeflächen gefunden.
Brachen besser nutzen
Die Verwaltung soll ein digitales Verzeichnis aller brachliegenden Gewerbeflächen für eine bessere Nutzung anlegen.An der Wittbräucker Straße soll im Bereich Bonsmann’s Hof eine Gewerbefläche in den Regionalplan Aufnahme finden.Die Verwaltung soll mit dem Eigentümer Gespräche über den ungenutzten Teil des Cuno-Kraftwerkes aufnehmen. Eine Machbarkeitsstudie soll zeigen, was hier an gewerblicher Nutzung oder als Wohnbebauung auf dem ehemaligen Kohlelagerplatz möglich ist.Die Stadt hat durch die Bebauung an der Ruhr fast 10 ha Gewerbefläche verloren.