Wetter. Ob Milchwirtschaft noch rentabel ist und woher die Motivation zum Weitermachen in harter Zeit kommt, darüber spricht Bauer Arndt Schulte-Elberg.
Milch ist knapp. Bekommen die Landwirte in gleichem Maße mehr Geld wie die Butter teurer geworden ist? Wie weit reicht der Mehrerlös, wenn das Tanken für den Traktor auf einmal doppelt so teuer kommt und wichtiges Kraftfutter wegen des Ukraine-Kriegs nicht ausreichend zu bekommen ist? Arndt Schulte-Elberg, Landwirt in Wengern, über eine schwierige Zeit und die Motivation zum Weitermachen.
Ab wie vielen Kühen gilt Milchwirtschaft als rentabel?
Arndt Schulte-Elberg: Hier sind die Strukturen ja anders als im Osten Deutschlands, wo man unter 500 oder 1000 Kühen wohl gar nicht starten würde. Wir haben 85 und sind bemüht, diese Tiere optimal zu versorgen, um eine entsprechend optimale Leistung zu erzielen. Eine Kuh, die im Jahr 10.000 Liter gibt, ist natürlich konkurrenzfähiger als eine, die nur auf sechs- oder siebentausend Liter kommt.
Gab es in letzter Zeit tatsächlich eine spürbare Erhöhung der Erlöse bei den Milcherzeugern?
Ja. Wir erhalten jetzt fünf bis sechs Cent pro Liter mehr und kommen damit meist am Ende auf 40 Cent pro Liter. Diese Mehreinnahmen verschwinden aber ruckzuck. Das fängt beim Trecker-Tanken an. Bei einem Tank von 300 Litern haben wir sonst 300 Euro bezahlt, jetzt müssen wir 600 Euro mitnehmen zum Tanken. Das gilt nicht nur für den Sprit, sondern genau so für Dünger. Kalkammon hat früher 23 Euro gekostet, kürzlich haben wir 100 Kilo für 63 Euro bekommen, und wenn wir das jetzt kaufen, sind wir bei knapp 100 Euro.
Ist es der Dünger selbst, der teurer geworden ist, oder werden auch teurere Fahrten angeführt?
So ist es. Und: Der Dünger ist derzeit nur begrenzt erhältlich. Bei Diamond-Phosphat habe ich nur eine Tonne bekommen. Genommen hätte ich gerne eine halbe Tonne mehr.
Klagen über zu geringe Erlöse der Milcherzeuger sind nicht neu. Wieso sind sie dieses Mal erhört worden?
Die Milch ist knapp, unter anderem, weil es immer weniger Betriebe gibt. Außerdem: Letztes Jahr ist hier in der Region spät gemäht worden, der Protein-Anteil im Futter war nicht so hoch. Das hat die Leistung nicht verbessert. Und die Milchknappheit gilt international.
Haben Sie die Trockenheit der letzten Jahre zu spüren bekommen?
2019 und 2020 mussten wir viel Futter teuer zukaufen. Unterm Strich bleibt dann weniger Geld übrig.
Bei sechs Cent mehr pro Liter Milch erhöht sich der Butterpreis pro Päckchen vielleicht um 20-30 Cent. Tatsächlich hat die Butter aber pro 250 Gramm einen noch größeren Preissprung getan…
Das liegt vermutlich mit daran, dass keine Margarine auf dem Markt ist wegen der Ereignisse in der Ukraine und der fehlenden Ölsaaten. Wer sonst Margarine genommen hat in seiner Produktion, greift jetzt auch zu Butter. Dadurch entsteht Mangel ohne Ende und noch mehr Druck auf den Preis.
Wie weit kommen sie mit dem Aufschlag bei den Erzeugerpreisen für die Milch?
Das hilft. Aber mit den fünf oder sechs Cent pro Liter lässt sich höchstens ein Teil der Mehrkosten auffangen. Wenn das nicht ausreicht, muss man nach anderen Standbeinen suchen.
Welche sind das bei Ihnen?
In der Direktvermarktung haben wir vor zwei Jahren mit Eiern angefangen. In der Food-Box gibt es Wurst. Milch kann auch rund um die Uhr gezapft werden. In der Coronazeit hat sich zum Glück das Verhalten der Konsumenten in unserem Sinne geändert: Regionales ist gefragt statt globalem Markt. Und: Die Menschen wollten auch nicht im Discounter eng in der Schlange stehen und haben sich ihre Eier lieber bei uns am SB-Stand hier draußen geholt.
Wie schätzen Sie die Lage Ihres Hofes am Rande von Wetter zu Witten ein?
Wir wohnen mitten im Markt. Wenn wir nicht direkt vermarkten, wer soll das dann versuchen?
Wie ist die Stimmung?
Die letzten zwei Jahre war die Stimmung bei den Direktvermarktern und auch bei uns gut. Wir sind da auf dem richtigen Weg. Unsere neue Foodbox steht erst seit ein paar Tagen und soll dazu dienen, das eigene Fleisch zu verkaufen.
Andere Betriebe schließen…
Der Strukturwandel bleibt auf jeden Fall. Kleine Betriebe hören auf, besonders, wenn ein Generationswechsel ansteht. Wir sind seit 1486 hier, da hat man eine Verpflichtung. Wir bleiben standhaft, auch wenn nicht immer alles gerade läuft. Wir haben die schwarze Pest und den 30-jährigen Krieg überlebt und den ersten und zweiten Weltkrieg – viel kann nicht mehr kommen.
Ihr Blick nach vorn:
Landwirtschaft bleibt eine Riesenherausforderung und ist für die nächste Generation teilweise eine Zumutung. Wenn noch mehrere Generation da sind und sich alle vertragen – dann ist das eine Supersache.
Zur Person
Arndt Schulte-Elberg ist Jahrgang 1962.
Er ist verheiratet und hat drei Söhne.
Nach der Osterfeldschule in Wengern hat er im Schulzentrum Oberwengern die damalige Hauptschule besucht.
In Letmathe ist er zur Berufsschule gegangen, in Hückeswagen lag sein Ausbildungsbetrieb.