Herdecke/Wetter. Die Evangelische Stiftung Volmarstein ist nun auch in Herdecke aktiv. Im Steri-Center geht es um die penible Reinigung von medizinischen Geräten.
Nach der OP ist vor der OP: Medizinisches Gerät muss für den nächsten Einsatz gereinigt werden. Lange hat die Evangelische Stiftung Volmarstein (ESV) das für ihre drei Krankenhaus-Standorte unterschiedlich gehandhabt. Mittlerweile läuft alles zentral im Steri-Center an der Wetterstraße in Herdecke, das die ESV Ende 2019 gekauft hat. Ihr Warenlager hat sie gleich mit hier hin verlegt – und dazu Arbeitsplätze für Menschen mit Handicap geschaffen.
Das Steri-Center unweit des Cuno-Kraftwerkes gibt es schon länger. Die ESV mit ihrem Krankenhaus in Haspe war Kunde. Skalpelle und Scheren, Kabel und Klemmen wurden hier zur Reinigung abgegeben. Die Krankenhäuser in Volmarstein und Dortmund kümmerten sich selbst um die verschmutzten OP-Bestecke. Bis die Idee aufkam, doch eine zentrale Stelle aufzubauen. Das Center in Herdecke lag zentral für die eigenen Einrichtungen in Wetter, Hagen und Dortmund. Aber auch acht Praxen mit ambulanten OPs sind Geschäftspartner.
Auf Siebe gepackt, kommen die benutzten OP-Werkzeuge in flache Container, die dann zur Wetterstraße gebracht werden. Von regelrechten Werkzeugkisten spricht Ralf Paul, Technischer Betriebsleiter und Prokurist der gemeinnützigen Inklusionsservice Volmarstein GmbH (ISV). Sie ist ein Tochterunternehmen der ESV und betreibt das Steri-Center.
„Die Kisten enthalten alles an Werkzeug, um einen Menschen auf und wieder zu zu machen – sei es für eine Knie-Prothese oder einen Eingriff an der Schulter“, fährt Paul unerschrocken fort. Wie eine „große Spülmaschine“ müsse man sich die Aufbereitungsanlage mit ihren unterschiedlichen Reinigungsschritten vorstellen, sagt Ralf Paul: Auf das Vorreinigen folgt der höchste Spülgang und nach der Kontrolle und Wiederverpackung die Sterilisierung unter Dampf. So wird erreicht, dass den Werkzeugen nichts mehr anhaftet, was dem nächsten Patienten bei einer OP zur Gefahr werden kann. Alles wird digital begleitet und erfasst, damit die höchste Sauberkeit belegbar ist. Rund 350.000 verschiedene Werkzeuge sind in der Datenbank hinterlegt, darunter Messer, Zangen, Nägel. Wie in einem richtigen Werkzeugkasten eben. Plus Extras.
Mehr Arbeit für mehr Mitarbeiter
14 Beschäftigte hatte das Steri-Center beim Eigentümerwechsel. „Es hat keinen Stellenabbau gegeben. Im Gegenteil, wir haben ausgebaut“, erklärt Dirk Domann. Er leitet die beiden Geschäftsbereiche Volmarstein Medical und Volmarstein Service im Gefüge der ESV. Sechs zusätzliche Arbeitsplätze sind entstanden für Menschen mit Handicap. „Wir sind eine anerkannte Inklusionsabteilung“, stellt Domann fest und unterstreicht, wie hier „professionelle Dienstleistungen und ein sozialer Ansatz beim Personal“ zusammen gehen.
Reinigung nach Vorgaben des Robert-Koch-Instituts
Unterm Dach des Geschäftsbereichs Volmarstein Medical und unserer inklusiven ISV gGmbH bereiten wir nun für unsere Kliniken sowie zukünftig auch für externe Krankenhäuser OP-Instrumente auf. Dass dies im Rahmen eines Inklusionsunternehmens erfolgt, macht uns stolz.“ So steht es im Jahresbericht der ESV nach der Übernahme des Steri-Centers 2019.Die Aufbereitungseinheit medizinischer Produkte, so der fachliche Name des Steri-Centers, arbeitet nach Vorgaben des Robert-Koch-Instituts zur Reinigung und Desinfektion medizinischen Geräts. Eingeschlossen ist dabei die genau Dokumentation.Das Steri-Center ist die erste Einrichtung der Evangelischen Stiftung Volmarstein in Herdecke.
Im kaufmännischen Bereich arbeitet ein Mitarbeiter, der im Berufsbildungswerk der ESV seine Ausbildung gemacht hat. Im technischen Betrieb des Steri-Centers sind es besonders Menschen mit Autismus-Diagnose. Bei der Abfolge der Reinigungsschritte geht es um klare Prozesse, um wiederkehrende Abläufe, aber auch um Sorgfalt und Präzision. „Ein ideales Feld für Menschen mit Einschränkungen durch Autismus“, hält Dirk Domann fest.
Das Steri-Center braucht aber auch mehr Mitarbeiter, weil es zusätzliche Aufgaben übernommen hat. Als Dienstleistung auch nach außen wird neben der Sterilgut-Versorgung etwa Reparaturmanagement verkauft. Ergänzt wird das Angebot der integrativen Servicebetriebe durch die Bewirtschaftung, Wartung und Instandhaltung von Medizingeräten. Ultraschallgeräte und Diagnosegeräte werden im Einkauf beschafft und in der Medizintechnik gewartet. Auch die Werkzeuge aus den Werkzeugkisten werden überprüft, instand gesetzt oder notfalls ausgetauscht. Von einem „extrem großen Portfolio“ bei der ESV spricht Thomas Stöcker, Leiter Einkauf und Warenwirtschaft von Volmarstein Medical.
Stöcker ist auch zuständig für das Zentrallager, das jetzt ebenfalls an der Wetterstraße in Herdecke untergebracht ist. Masken, Kittel oder Verbandsmaterial werden hier vorgehalten – und neuerdings auch Schnelltests. Vier bis fünf Mal am Tag werden die Krankenhäuser wegen der OP-Werkzeuge angesteuert. Da lässt sich gut was mitnehmen aus dem Lager. Ist auch gut für die Öko-Bilanz, wissen die Verantwortlichen.
Kurz vor Mittag geht es noch relativ ruhig zu in dem großen Aufbereitungsraum vor dem Dampfbad. Noch wird andernorts operiert. Am Nachmittag wird es dann rund gehen an der Wetterstraße. In den drei ESV-Kliniken und derzeit acht Arztpraxen, die auf die Dienste der großen Spülmaschine setzen, sollen am nächsten Morgen blitzblanke Werkzeugkisten hervor gezogen werden.