Herdecke. Corona: In Herdecke ziehen Händler nach der ersten Öffnungswoche und dem Lockdown eine überaus positive Bilanz und sehen Kleinstädte im Vorteil.
Was für ein Erlebnis! Seit vergangenem Montag dürfen Geschäfte mit beschränkter Kundenzahl und Terminvergabe wieder öffnen. Freitagvormittag genügen zwei Stunden in der Innenstadt, um so viele fröhliche, positive, ja glückliche Stimmen von Händlern und Kunden einzufangen, dass das gedankliche Sortieren ein bisschen schwer fällt. Unterm Strich bleibt festzuhalten: Es war eine tolle Woche für Handel und Bürger in Herdecke. Und alle hoffen, dass es mindestens so bleibt.
„Die erste Woche war sehr gut“, zieht Julia Bryant vom Damenmodegeschäft Chara Mia Vogatti Bilanz. „Stammkunden nutzen das Terminangebot sehr gut und halten sich gut an die Vorschriften. Einige haben auch während des Lockdowns Kontakt zu uns gehalten, um zu fragen, wie es uns geht“, erzählt die Tochter von Inhaberin Christiane Weiss weiter. „Das Feedback war teilweise berührend und Balsam für die Seele“, berichtet sie von Kundinnen, die ihr gesagt haben, dass es ihnen gut tue, endlich wieder vor die Tür zu gehen und bekannte Gesichter zu sehen: „Sie freuen sich richtig auf den Termin, kommen mit Begeisterung und wollen etwas Gutes für sich selbst tun. So macht es uns Freude, auch endlich ein Feedback auf die neue Ware zu bekommen. Wir sind über diese neuen Möglichkeiten happy.“
Julia Bryant ist davon überzeugt, dass kleine Städte in der aktuellen Situation im Vorteil seien: „Hier bilden sich keine lange Schlangen vor den Läden, man fühlt sich etwas behüteter.“ Das kann Stammkundin Anette Jessinghaus aus Schwerte nur bestätigen: „Ich bin froh, mal wieder unter Leuten zu sein. Und Julia kennt meinen Geschmack.“
Vorher kaum geschlafen
„Total super“ waren auch bei Anika Fricke die ersten Tage nach dem langen Lockdown. „Das war wie eine Neueröffnung am Montag. Ich habe die ganze Nacht vorher nicht geschlafen. Und die Kunden freuen sich, dass sie den Laden wieder von innen sehen dürfen“, erzählt die Inhaberin des Modegeschäfts Adelweiss. Kundin Gundula Hahn streicht über ein Shirt und sagt: „Man braucht das, diese Haptik, die Sachen zu spüren. Das macht Shopping aus.“ Die Terminabsprache funktioniere laut Fricke prima: „Manchmal kommen drei Freundinnen, gerade hat eine Frau angerufen, die ihre Mama mitbringen will. Viele kommen und kaufen extrem viel auf einen Schlag, weil sie so lange nicht mehr geshoppt haben. Eine Kundin hat mich angeschrieben und gesagt, dass wir ihr fehlen, weil wir immer so positiv sind.“
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Mitarbeiterin Claudia Colonna-Elberfeld nickt und berichtet: „Einer Kundin kamen tatsächlich die Tränen vor Freude. Da habe ich gleich mit geweint.“ Ab Montag wird die Verkaufsfläche nun um die erste Etage ergänzt, um das Shopping-Erlebnis auszuweiten.
Von einer sehr guten Woche spricht auch Maria Hillebrand vom gleichnamigen Schuhgeschäft. Kunden gingen sehr bereitwillig und selbstverständlich mit der Terminvergabe um und würden ihre Zeit im Geschäft genießen. Sei nur ein Termin vergeben, könnten zwei weitere Kunden in den Laden: „Es hat sich wunderbar eingefügt. Der erste Schritt wird angenommen, und die Kunden sind kaufwillig. Aber auch wer nur gucken möchte, darf gerne kommen.“
Direkt gegenüber, bei „Amy & Friends“, dem Konzeptgeschäft für Hund und Mensch, war im Lockdown der Bereich mit Deko und Bekleidung abgesperrt. Jetzt nutzen Kunden die Möglichkeit, wieder alles kaufen zu können, „aber es ist immer noch keine Normalität“, sagt Inhaberin Heike Wälte. Kundin Dr. Maria-Teresia Sanchis möchte „die kleinen Läden unterstützen, sonst gibt es sie bald nicht mehr.“
Erst am Donnerstag hat Caprice Moden in der Fußgängerzone wieder eröffnet. „Der Tag war sehr gut, wir können nicht klagen. Es besteht echter Nachholbedarf. Aber Umsätze wie vorher hat man im Moment nicht“, meint Karl-Heinz Grebe. Allerdings würde er sich aktuell ein wenig Entgegenkommen von Seiten der Stadt wünschen, wenn Kunden ihre Parkzeit mal überziehen.
Im Geschäft „Zeit für Gutes“ von Bettina Reichel war der Montag komplett belegt. „Die Stimmung ist gut. Die neue Ware kommt gut an, die Leute stürzen sich auf Farbe. Die Kunden sind froh, dass sie wieder einkaufen dürfen und die Mitarbeiter auch, weil sie wieder arbeiten dürfen“, so die Geschäftsfrau. „Ich bin gerade ganz glücklich“, so Kundin Andrea Nimz, „denn ich war gerade das erste Mal seit Dezember beim Friseur und habe mir jetzt noch eine neue Bluse gekauft.“