Herdecke/Wetter/Ennepe-Ruhr. Wie geht der EN-Kreis künftig mit seinem Restmüll um? Nach viel Streit ist das nun geklärt. Der Entsorgungsbetrieb AHE wird dazu in Witten tätig.

Jan Schaberick (SPD) überlegt, und am anderen Ende der Telefonverbindung ist man sich hundertprozentig sicher, dass der Herdecker sogar den Kopf schüttelt, als er sagt: „Nein, einen Pferdefuß habe ich da nicht gefunden. Wenn diese Lösung umgesetzt wird, können wir als Kreis stolz darauf sein.“ Der Vorsitzende des EN-Umweltausschusses ist mittlerweile sehr entspannt bei dem Thema, das vor wenigen Wochen in eben diesem Ausschuss noch ein immenser Aufreger war. Die Frage: Wie geht der EN-Kreis künftig mit seinem Restmüll um?

Ullrich Schmidt, Gutachter des Ennepe-Ruhr-Kreises, und AHE-Geschäftsführer Johannes Einig waren völlig gegenläufiger Meinung, was das Konzept zur Entsorgung des Restmülls im Kreis anbelangt. Während der Chef des Entsorgungsunternehmens mit Sitz in Wetter klar sagte, seine Idee sei wirtschaftlicher und umwelttechnisch besser als die konventionelle Lösung, bestritt der Gutachter beides. Folge: Die Männer sollten sich noch einmal zu zweit an einen Tisch setzen und die Sache besprechen. Nun liegt das Ergebnis vor – und das überrascht.

Die aktuelle Entsorgung


Die bisherige Entsorgung des Restmülls und des Sperrmülls – sowohl direkt aus den Haushalten als auch von den Wertstoffhöfen – läuft so: Lkw fahren zehntausende Tonnen Abfall zu den Sammelstellen, Verbrennungsanlagen und Heizkraftwerken, wo alles im Ofen landet. Nicht zuletzt durch den riesigen Anteil von Biomüll im Restmüll fahren die Lkw etwa 25.000 Tonnen Wasser pro Jahr durch die Gegend, um diese mit ins Feuer zu kippen.

Damit zur Wittener Biogasanlage der AHE, wo von den jährlich etwa fünf Millionen Kilowattstunden, die dort produziert werden, nur etwa 30 Prozent genutzt werden.

Die Idee für die Zukunft

Nach aufwendigen Verhandlungen haben Einig und Schmidt eine gemeinsame Marschroute gefunden, was mit den etwa 50.000 Tonnen Rest- und 15.000 Tonnen Sperrmüll passieren soll. Diese sollen in Witten in einem noch zu bauenden Gebäude sortiert werden. „Platz haben wir dort mehr als genug“, so Einig. Ursprünglich hatte er sich darauf fokussiert, mit der überschüssigen Abwärme der Vergärungsanlage den Abfall zu trocknen, den Biomüll auszusortieren und so nur noch deutlich geringere Mengen in die Verbrennungsanlagen zu fahren.

Der jetzige gemeinsam erarbeitete Vorschlag sieht vor, den Müll zuvor bereits zu sortieren. So sollen Holz, Metall, Kunststoffe und viele weitere Dinge, die recycelt werden können, zunächst aus dem Restmüll separiert werden. Auch sie sollen nun mit der Abwärme der Biogasanlage getrocknet werden. Beispielsweise im Holz, das im Sperrmüll einen hohen Anteil hat, ist viel Wasser enthalten. Nach der Trocknung sollen nun damit sinnvollere Dinge angestellt werden, als das Holz durch die Gegend zu fahren und im Kraftwerk zu verbrennen.

Eine Möglichkeit: Das getrocknete Holz zu Pellets zu verarbeiten und zu vermarkten. Dieses Prinzip lässt sich auf Kunststoffe, Metalle und weitere Dinge ausweiten. Dazu gebietet die EU, eine so genannte stoffliche Veredelung der einzelnen Abfallstoffe einer Verbrennung in jedem Fall vorzuziehen.


Unterm Strich sind sich nun Gutachter und Entsorger einig darüber, dass eine solche Lösung sowohl die Ökobilanz des Ennepe-Ruhr-Kreises aufbessert, als auch ökonomisch lukrativer ist. Einzig Eco City sieht dies wohl im Angesicht wegbrechender Einnahmen anders.

Der Weg dahin

Umweltausschussvorsitzender Jan Schaberick sieht keine politischen Hindernisse auf Kreisebene für diese Idee. Wenn das Konzept die Gremien durchlaufen hat, was wohl frühestens Ende des Jahres möglich ist, müsste als nächstes Baurecht in der Stadt Witten geschaffen werden. Auch dies wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Es würden die Ausschreibungen mit ihren gesetzlichen Fristen laufen, bevor Architekten die Arbeit aufnehmen und Ingenieure die Details einer solche Anlage berechnen. Heißt aus der Erfahrung heraus: Frühestens im Jahr 2023 könnten die Bagger in Witten anrücken, um die neue Anlage zu errichten. Sollte deren Bau genauso schnell funktionieren wie jener der Biogasanlage, könnte das neue Herzstück der Restmüll-Entsorgung im Ennepe-Ruhr-Kreis im Jahr 2024 seine Arbeit aufnehmen