Ennepe-Ruhr. Es geht um 80 Millionen Euro: Die Verwaltung und Teile der Politik wollen alles belassen, wie bisher. CDU und FDP drängen auf Alternativen.

Was passiert in Zukunft mit den etwa 70.000 Tonnen Restmüll, die Jahr für Jahr im Ennepe-Ruhr-Kreis anfallen? Die Frage beantworten die Kreisverwaltung und ein überwiegender Teil der Politik mit: Alles soll so bleiben wie es ist. CDU und FDP hingegen wollen Alternativen prüfen, bevor sich der Kreis bis zum Jahr 2034 vertraglich bindet. Nach heißer Diskussion im Umweltausschuss und im Kreisausschuss werden die Mitglieder des Kreistags in dessen nächster Sitzung am Montag, 1. Juli, exakt darüber befinden.

Aktuell ist der Ennepe-Ruhr-Kreis Mitglied im Abfallwirtschaftsverband Eko City, dessen Aufgabe es ist, sich darum zu kümmern, Abfälle aus Privathaushalten zu verbrennen und zu sortierten. Dafür hat sich der Zweckverband Kapazitäten im Eko City-Center in Bochum, im Müllheizkraftwerk Wuppertal um im Abfallkraftwerk RZR Herne vertraglich gesichert. Seit der Aufnahme des operativen Geschäfts im Jahr 2004 hat Eko City Verbrennungspreise pro Tonne von netto durchschnittlich 118 Euro gewährleistet. Zum Vergleich: In Nordrhein-Westfalen lag der Durchschnittspreis im selben Zeitraum bei 157 Euro pro Tonne. Aber: Im Fernwärmekraftwerk Essen Karnap, kostet die Verbrennung pro Tonne nur etwas mehr als 60 Euro.

Neuer Vertrag liefe bis 2034

So weit die aktuellen Bedingungen der Mitgliedschaft des EN-Kreises in Eko City. Diese kann zum 31. Dezember 2023 gekündigt werden. Wegen einer dreijährigen Kündigungsfrist müssen sich die Mitglieder bis Ende 2020 entschieden haben, ob sie dem Verband weiterhin angehören wollen oder ihren Müll anderweitig entsorgen lassen wollen. Die Eko City-Verbandsversammlung fordert nun bis Jahresende eine Willenserklärung ihrer Mitglieder, ob sie weiter mit an Bord der gemeinsamen Abfallentsorgung sind oder nicht. Ein „Ja“ würde bedeuten, dass der Kreis sich bis 2034 verpflichtet, auf diesem Weg seinen Müll zu entsorgen. Die Verwaltung und die Kreispolitik mit Ausnahme der CDU und der FDP wollen eine endgültige Entscheidung am 1. Juli treffen.

Dabei geht es um ein Volumen von etwa 80 Millionen Euro, was ein Grund dafür ist, dass die Fraktionsvorsitzenden Oliver Flüshöh (CDU) und Michael Schwunk (FDP) vehement fordern, zunächst Alternativen zu prüfen, ob es nicht möglich sei, bei gleichbleibender Versorgungssicherheit den Müll günstiger zu entsorgen. „Würden wir einem Kraftwerk wie Essen-Karnap entsorgen, würden wir in jedem Jahr vier Millionen Euro sparen. Das sind über die Gesamtvertragslaufzeit 40 Millionen Euro weniger, mit denen wir die Bürger belasten, als es bei Eko City der Fall wäre“, rechnete Flüshöh vor.

Er stellte auch zur Diskussion, im EN-Kreis eine eigene Sortieranlage zu prüfen, so dass weniger Müll transportiert werden muss. „Das hat einerseits ökonomische Aspekte, weil von der Müllwertschöpfung nichts im Kreis verbleibt, andererseits könnte es auch ökologisch sinnvoller sein als bislang“, fuhr er fort.

Fast 50 Prozent Bio im Restmüll

Contra bekam er vom Grünen-Fraktionsvorsitzenden Paul Höller: „Wir müssen keine Sortieranlage bauen, wenn die Bürgerinnen und Bürger ordentlich trennen würden. Wir votieren für die weitere Mitgliedschaft.“ Er bezog sich damit auf eine Aussage der Abfallexpertin des EN-Kreis, Elisabeth Henne, die sich für die Verwaltung ebenfalls für einen Verbleib bei Eko City aussprach und klar machte: „Die Gebühren könnten deutlich sinken, wenn im Restmüll nicht mehr als 40 Prozent Biomüll landen würden und alle Städte die Biotonne verbindlich einführten.“ Für sie ist die Verlängerung der Mitgliedschaft alternativlos. Möglichkeiten, dass jemand günstiger bei gleicher Versorgungssicherheit sein könne, sieht sie nicht.

Rückendeckung erhielt sie dabei auch von Landrat Olaf Schade, der betonte, dass der Kreis mit Eko City bislang ausschließlich gute Erfahrungen gemacht habe und für das Fortbestehen des Verbands Planungssicherheit ausgesprochen wichtig sei.

Nach dem Stimmungsbild im Kreisausschuss deutet vieles darauf hin, dass die Politik bereits am 1. Juli festzurrt, dass es auch über 2023 hinaus mit Eko City weitergeht.