Hagen. Ganz langsam ändert der Stadtteil Wehringhausen sein Gesicht. Jetzt wird wieder ein altes Haus kernsaniert. Ein in Hagen wohl einzigartiges Haus.
Dieses Haus war aufgrund seiner Hufeisenform mal etwas ganz Besonderes in Hagen. 1910 im Jugendstil erbaut, als Wehringhausen ein Vorzeige-Stadtteil war, in dem Fabrikanten und Großbürger lebten und viel Geld für Immobilien in die Hand nahmen, ist von der einstigen Herrlichkeit nicht viel geblieben. Es fehlte nicht viel, dann hätte man das Gebäude in der Wehringhauser Straße 61, unweit des Bodelschwinghplatzes, abreißen müssen. „Die Statik war gefährdet, die Deckenbalken angefault“, berichtet Patrick Bänsch: „Es war höchste Zeit, dass wir eingegriffen haben.“
Bänsch ist Prokurist der Hagener Erschließungs- und Entwicklungsgesellschaft (HEG), die das Haus vor drei Jahren aus privater Hand erwarb, die Mieter vom Auszug überzeugte, indem sie ihnen andere Wohnungen zur Verfügung stellte und die Umzugskosten übernahm, und sodann die tragenden Wände aussteifte sowie mit verschraubten Holzplatten stabilisierte. Jetzt wird das altehrwürdige, aber heruntergekommene Haus kernsaniert.
Buntglasfenster und Kronleuchter
Die HEG, eine Tochtergesellschaft der Stadt Hagen, ist zum entscheidenden Faktor der Modernisierung in Wehringhausen geworden. Das Hufeisenhaus, dessen Flügel auf einen Hinterhof hinauslaufen, an den sich unmittelbar der Bahndamm anschließt, ist bereits die zwölfte Immobilie, die das Unternehmen in dem Stadtteil auf Vordermann bringt. Schrottimmobilien erhalten auf diese Weise wieder ein strahlendes Antlitz. „Nichts ist desolater als Leerstand“, sagt Bänsch: „Ein saniertes Gebäude zieht dagegen eine Aufwärtsspirale nach sich.“
Bis auf die Grundmauern, die zudem verstärkt werden mussten, und die alte Holztreppe bleibt in dem Haus nichts beim Alten. Sogar der Dachstuhl muss komplett erneuert werden. Ob bemerkenswerte Details wie die alten Buntglasfenster oder der Kronleuchter im Hausflur bewahrt bleiben können, wird sich im Laufe der Sanierung herausstellen. „Das Ganze ist ein Spagat zwischen bautechnisch Möglichem, sozial Verträglichem und wirtschaftlich Machbarem“, sagt Bänsch.
Soziale Bindung dauert 30 Jahre
Dass die HEG saniert, bietet nicht nur eine Gewähr dafür, dass das fünfstöckige Haus bald wieder bewohnbar sein wird, sondern mit dem Wohnraum auch nicht spekuliert werden kann. Die zwölf Wohnungen, zwischen 50 und 100 Quadratmeter groß, dürfen 30 Jahre lang ausschließlich an Menschen mit Wohnberechtigungsschein vermietet werden. Nur 6 bis 6,50 Euro beträgt die Miete pro Quadratmeter. Für eine dreiköpfige Familie darf das Brutto-Einkommen nicht mehr als 49.631 Euro betragen, um hier einziehen zu dürfen. Möglicherweise wird die Einkommensobergrenze in diesem Jahr noch neu berechnet, doch wird die Stadt Hagen bei der Vermietung, die Ende 2025 beginnen soll, streng darauf achten, dass diese Bedingungen eingehalten werden.
Sollte die HEG das Haus oder eines der anderen von ihr instandgesetzten Gebäude in Wehringhausen später einmal wieder veräußern wollen, dann nur an einen „vertrauenswürdigen“ Käufer, versichert Bänsch. Wichtig sei zunächst, dass sich die Lage „sozial stabilisiert“ und der Aufwärtstrend im unteren Wehringhausen fortgeschrieben wird. Dazu könnte auch die Erneuerung jenes Gebäudes im Hinterhof beitragen, das den Charme einer „Bruchbude“ versprüht, jedoch erhalten werden könne, so Bänsch, dem es an Ideen für die weitere Entwicklung von Wehringhausen nicht mangelt: „In Berlin wäre aus so einem alten Haus längst ein Atelier geworden. Wer weiß, vielleicht bekommen wir hier auch einen Künstler unter.“
Bei der Finanzierung des Hufeisen-Hauses kann die HEG auf erhebliche Fördermittel seitens des Landes NRW zurückgreifen, im Falle einer gelungenen energetischen Sanierung winkt zudem ein bedeutender Tilgungsnachlass. Alle Wohnungen erhalten eine Fußbodenheizung, die über eine Luftwärmepumpe betrieben wird. Drei Millionen Euro steckt die HEG in das Haus - wie einst zu den Jugendstilzeiten der Fabrikanten wird in Wehringhausen wieder viel Geld für Immobilien in die Hand genommen.