Hagen. Das Neujahrsfeuerwerk und laute Böller vor und nach Silvester sind für Tiere purer Stress. Das sagen Tierbesitzer und Hundetrainer aus Hagen.

Was viele Menschen erfreut, ist für die Tiere der blanke Horror: das Feuerwerk, mit dem das neue Jahr eingeläutet wird. Viele Hundebesitzer in Hagen wissen ein Lied davon zu singen, dass ihre Vierbeiner in Panik geraten und völlig durchdrehen. „Je älter unsere Hündin wird, umso heftiger reagiert sie“, berichtet beispielsweise Bianca Patzschke: „Gestern beim Gassigehen hat es in der weiteren Umgebung mehrfach geknallt, da wurde sie total panisch und hat mich mehr oder minder nach Hause gezogen.“

„Was hier in Hagen abgeht, hat doch mit einem Feuerwerk nichts mehr zu tun.“

Birgit Ganskow
Tierschutzverein Hagen

Tatsächlich ist es wohl weniger das eigentliche Silvester-Feuerwerk, das die Tiere in Angst und Schrecken versetzt und auf das sich die Besitzer vorbereiten können, als vielmehr das beständige Böllern an den Tagen vor und nach Neujahr. Wer mit seinem Hund spazieren geht, muss ständig damit rechnen, dass es plötzlich kracht und knallt. „Was hier in Hagen abgeht, hat doch mit einem Feuerwerk nichts mehr zu tun“, ereifert sich Birgit Ganskow, Vorsitzende des Tierschutzvereins Hagen.

Das sagen Hundeexperten aus Hagen

Diese Erfahrung hat auch Heiko Hirzbruch, Betreiber der Hundeschule „Working Dog Academy“ in Hagen, gemacht: „Ich war mit meinem Hund zur falschen Zeit am falschen Ort.“ Bei einem Spaziergang sei ein Böller hochgegangen, seitdem sei sein Mops „gebrandmarkt“. Das Tier habe ein regelrechtes Trauma davongetragen: „Das kriegt man auch nicht mehr weg.“

Dagegen könne man einen Hund vom Feuerwerk in der Neujahrsnacht mit einigen Tricks recht gut abschirmen. So empfiehlt Hirzbruch, die Jalousien herunterzulassen und laute Musik abzuspielen, damit der Vierbeiner nichts von dem mitbekomme, was draußen geschehe. Noch besser sei es, den Hund schon Wochen vor der Silvesternacht mit klappernden Kochtöpfen oder anderem Geklimper an laute Geräusche zu gewöhnen: „Und ihm währenddessen Leckerlis geben, damit er das positiv verknüpft.“ Auf diese Weise könne sich bei einem Hund festsetzen, dass Knallgeräusche keine Gefahr für ihn bedeuteten.

Silvester
Zwei Hundetrainerinnen aus Hagen raten, die verängstigten Vierbeiner nicht allein zu lassen. © DPA Images | Patrick Pleul

Schleck-Matten und Kauartikel

Auch die Hundetrainerinnen Susanne Krüger und Tatjana Danzeglocke empfehlen, die Fenster zu verdunkeln und sanfte Musik relativ laut abzuspielen: „Und zwar so laut, dass sie die Knallerei draußen möglichst übertönt.“ Man könne dem Hund auch unter einem Tisch eine Höhle bauen oder ihm andere Rückzugsmöglichkeiten eröffnen: „Man sollte ihm Beistand leisten. Auf keinen Fall darf man ihn allein lassen und auf eine Party gehen.“ Medikamente dürften nur nach Rücksprache mit dem Tierarzt verabreicht werden.

„Man sollte ihm Beistand leisten. Auf keinen Fall darf man ihn allein lassen und auf eine Party gehen.“

Susanne Krüger und Tatjana Danzeglocke
Hundetrainerinnen, über Angsthunde an Silvester

Ein gutes Hilfsmittel, um die laute Zeit zu überstehen, seien auch Schleck-Matten oder Kauartikel, berichten die beiden Frauen von der Hundeschule in der Selbecker Straße. Es gebe kaum einen Hund, den die Böllerei gleichmütig lasse: „Manche Hunde frieren regelrecht ein, dann sieht es so aus, als würde ihnen der Lärm nichts ausmachen. Das Gegenteil ist der Fall.“ Susanne Krüger fügt hinzu, sie verabreiche ihrem Hund an Silvester einen Teelöffel Eierlikör („20 Prozent Alkohol, nicht stärker“), aber auch eine solche vorbeugende Maßnahme müsse gegebenenfalls mit einem Tierarzt abgesprochen werden: „Es gibt kein pauschales Mittel, um einen Hund gegen den Krach zu wappnen. Jedes Tier muss individuell betrachtet werden.“

Viele Tiere reagieren panisch

Auch Katzen reagieren unterschiedlich, wie Tierbesitzer aus Hagen zu berichten wissen. „Die eine ist fast ohne Angst und sitzt sogar am Fenster und die andere verkriecht sich unter das Bett“, sagt Regina Krimme, während Werner Berkenkopf erklärt: „Unser Hund versteckt sich im Schlafzimmer, und unsere beiden Katzen verkriechen sich in der hintersten Ecke vom Bücherregal. Alle Versuche, den Tieren den Stress zu nehmen, sind bisher gescheitert.“

Aber nicht nur Hunde und Katzen, auch größere Tiere werden durch die laute Knallerei verängstigt. „Unsere Kühe würden auf der Weide wohl durchgehen und ausbrechen“, berichtet Petra Rafflenbeul vom gleichnamigen Hof in der Selbecke. Gott sei Dank seien die Tiere im Stall, wo ihnen nichts widerfahren könne.

Was Oliver Spelten erzählt, scheint denn doch eher die Ausnahme zu sein: „Wir haben zwei Katzen, drei Chihuahuas, sieben Kaninchen. Und kein Tier hat Angst, die Katzen sind sogar neugierig und schauen sich das Spektakel auf der Fensterbank an.“