Hagen. Erster Urlaub ohne Eltern, grenzenlose Freiheit: Das Ferienhaus in Pino wurde früher von vielen Hagenern angesteuert. Waren Sie auch dabei?
Da werden bestimmt bei vielen Erinnerungen wach. . . Was muss das für eine tolle Zeit damals für Jugendliche gewesen sein. Für die meisten vermutlich der erste Urlaub ohne Eltern, und dann auch noch Italien. Bei den Erzählungen von damals könnte wohl jeder gleich seine Reisetasche packen und in den Zug Richtung Lago Maggiore springen.
Jugendgästehaus in Pino
„Wie viele junge Hagener in den 1960er und 70er-Jahre nach Pino gefahren sind, kann wohl niemand mehr sagen. Auf jeden Fall hunderte“, blickt Michael Eckhoff zurück. Der Stadtheimatpfleger war selbst Anfang der 70er einmal in Pino und hat für ein paar Tage in dem dortigen Jugendgästehaus gewohnt.
„Das Ferienhaus in Pino, einem 400-Seelen-Dorf, hatte die Stadt Hagen angemietet. Das Hagener Jugendamt bot von 1960 bis 1980 Ferienfreizeiten dorthin an. Die meisten Kleingruppen, meist ein gutes Dutzend Jungen und Mädchen zwischen 15 und 17 Jahren, fuhren mit dem Zug nach Pino“, weiß Dr. Hubert Köhler. Der damals in Herdecke wohnende Köhler hatte Freunde in Hagen, und mit ihnen gemeinsam kam die Idee auf, an der Jugendfreizeit teilzunehmen.
Aufregende Tage
„1967 war ich 16, und es waren aufregende Tage dort. Man hat die ersten Mädchen kennengelernt, in der Taverne ,Albergo Verbano‘ in Nähe des Jugendhauses gab’s Tanz, und ich hab‘ dort den ersten Martini meines Lebens getrunken“, lächelt Hubert Köhler versonnen.
Der Geschichtsfreund, der jahrelang im Hagener Freilichtmuseum beschäftigt war, ist noch heute fasziniert von der wundervollen Landschaft rund um den Lago Maggiore und von der Anziehungskraft, die das einfache, am Berghang gelegene Haus damals auf Jugendliche ausgeübt hat. Auch deshalb möchte er weitere Hagener ausfindig machen, die Pino besucht haben und ihm ihre Erlebnisse dort schildern. Die Erinnerungen fließen in einen Beitrag für das Hagenbuch 2026, an dem Köhler gerade arbeitet.
Der Geschichtsfreund ist in seinem Element: „Pino liegt in Oberitalien, auf einem kleinen, aber spektakulären Felsvorsprung, dem Roccia di Pino, oberhalb des Lago Maggiore auf der italienischen Seite. Dieser malerische Ort mit den engen Gassen gehört zur Provinz Varese in der Lombardei an der Grenze zum Schweizer Kanton Tessin.“
Er fährt fort: „Wenn wir in die Umgebung wollten, mussten wir die schweizerisch-italienische Grenze passieren. Anfangs wurden wir von den Schweizer Grenzbeamten kontrolliert, nach ein paar Tagen kannten sie uns alle, und wir marschierten so durch.“
Und das Gebäude selbst? Das um 1900 erbaute, 265 Quadratmeter große Haus verfügte über zehn oder zwölf Mehrbettzimmer, die praktisch eingerichtet waren, „und gekocht haben wir selbst, nach einem festgelegten Küchendienstplan. Natürlich gab’s oft Nudeln, aber auch mal was anderes.“
Freundschaften entwickelten sich
Ein schöner Nebeneffekt der Jugendfahrten: Zwischen den größtenteils aus Hagen stammenden Jugendlichen entwickelten sich Freundschaften, die teils über Jahre gepflegt wurden. „Wir haben uns im Jugendzentrum in Haspe und im Bonifatius-Heim zu Beat-Abenden getroffen und dort zu heißer Beatmusik getanzt oder romantisch geschwoft“, blickt Köhler gern zurück.
Zur Historie des Hauses hat der Autor auch geforscht. Das von der Stadt Hagen angemietete Gebäude wurde ein Jahr lang (1971) von den Hagenerinnen Christel Schicht und ihrer Mutter geleitet.
„Christel Schicht hat dann Paolo geheiratet, sie ist also praktisch in Pino hängen geblieben, sagt Hubert Köhler lächelnd. Vor etwa fünf Jahren sei das Haus an einen Privatmann verkauft worden, „und derzeit wird es wohl wieder zum Verkauf angeboten“, so Köhler.
Michael Eckhoff hat gemeinsam mit seiner Frau vor einigen Jahren dem Dorf Pino nochmal einen Besuch abgestattet, sich also auf die Spuren seiner frühen Jugend begeben. „Pino hat mich Anfang der 70er Jahre unglaublich geprägt. Es war mein zweiter Urlaub ohne Eltern. An den schönen Garten mit Palmen und an die ,Taverne Albergo Verbano‘, die wir für kleine Feten und zum Kickern nutzen durften, erinnere ich mich noch gut.“
Weitere Anekdoten und Fotos gesucht
Hubert Köhler ist an weiteren Anekdoten aus Pino und an Fotos von damals interessiert. Wer etwas beisteuern möchte, kann sich bei ihm unter folgender E-Mail-Adresse melden: dr.hubertkoehler@web.de
Sein Artikel „Erinnerungen an Pino am Lago Maggiore“ samt Fotos erscheint Ende 2025 im „Hagen-Buch 2026“. Das etwa 300-seitige Buch trägt den Untertitel „Bunt“ und wird vom Ardenku-Verlag herausgegeben.
Genau wie Jens Bergmann. „Ich hab‘ an keiner Jugendfreizeit teilgenommen, sondern bin mit meinem Kumpel Wolfgang auf eigene Faust nach Pino gefahren“, erzählt der Heimatfreund. Nach dem Abi hätten sein Freund und er eine dreiwöchige Norditalien- Tour unternommen, „mit Wolfgangs 12-PS-Ente und meinem alten Zwei-Mann-Zelt“, lacht Bergmann.
Skorpione kennengelernt
1967/68 sind die beiden dann auch in Pino gelandet und haben besagtes Ferienhaus besucht, „dort hab‘ ich zum ersten Mal einen Skorpion gesehen, er war etwa sechs Zentimeter groß und kam hinter einer Türfüllung herausgekrabbelt. Wir wollten ihn mit einem Schlappen erschlagen, doch der Heimleiter kam angerannt und hat gerufen: Bloß nicht an der Wand platthauen, das gibt Flecken. Lieber auf dem Boden‘“.
Skorpione hat auch Hubert Köhler in Pino getroffen, „der erste, auf den ich gestoßen bin, hatte es sich in einem Gemüsekorb gemütlich gemacht. Klar, der Schrecken war groß“.