Hagen. In Luthers Waschsalon finden Obdachlose und Bedürftige nicht nur eine Anlaufstelle, sondern auch medizinische Versorgung. Ein Besuch der Ambulanz

Viele Menschen, die herkommen, befinden sich in sozialen Notlagen, stehen am Rande der Gesellschaft. Sie haben keine Krankenversicherung, weil sie sich das nicht leisten können, oder weil sie nicht wussten, dass es verpflichtend ist und nun vor einem Berg von Schulden stehen. Andere sind obdachlos, vernachlässigen ihre Gesundheit, oft auch aus Scham, eine normale Praxis aufzusuchen.

„Wir bemerken verstärkt chronische Wunden bei den Patienten. Viele kommen aber auch aufgrund von akuten Atemwegsbeschwerden, Rückenschmerzen oder einer Bronchitis. Es ist wie in einer normalen Praxis“, sagt Ilona Ladweg-Henning. Sie leitet die soziale Einrichtung Luthers Waschsalon, die genau diesen Menschen eine Anlaufstelle bietet.

„Wir nehmen uns Zeit und sprechen mit den Menschen. Je nach Indikation und Dringlichkeit können wir dann an Fachärzte oder auch Kliniken verweisen.“

Prof. Dr. Theo Scholten
Initiator der Ambulanz

Sie können hier essen, Wäsche waschen, duschen, haben Zugang zu einer Kleiderkammer - oder medizinischer Versorgung in den Bereichen Allgemein- und Zahnmedizin. In der Ambulanz in der Körnerstraße arbeitet ein Team aus zehn ehrenamtlichen Ärzten verschiedener Fachgebiete, vier Assistenten und zwei Fahrern, die mit dem Arztmobil unterwegs in den Stadtteilen sind. Allein in der Ambulanz werden pro Quartal etwa 300 Patienten versorgt - Tendenz steigend. „Sie fühlen sich hier wohl, man begegnet ihnen auf Augenhöhe“, erklärt Initiator Prof. Dr. Theo Scholten. „Wir machen hier noch analoge Medizin, ohne viele Spezialgeräte. Wir nehmen uns Zeit und sprechen mit den Menschen. Je nach Indikation und Dringlichkeit können wir dann an Fachärzte oder auch Kliniken verweisen, mit denen wir kooperieren“, so Scholten.

Sorgen vor Millionenkürzungen

Droht der Medizinischen Ambulanz das Aus?
Winter, viele Infekte, großer Ansturm: Ein Besuch in der medizinischen Ambulanz von Luthers Waschsalon, die Bedürftige versorgt - bis zu 300 Patienten pro Quartal. Jetzt könnten Fördermittel gestrichen werden.
Auch eine zahnmedizinische Ambulanz gibt es in der Körnerstraße - hier wird das Team auch von Studierenden der Uni Witten-Herdecke unterstützt. © Alex Talash | Alex Talash

Aber auch beim Team von Luthers Waschsalon sorgen die Millionenkürzungen der Landesregierung im Sozialbereich für Sorgen: „Wenn man überhaupt Angebote wie dieses hier braucht, dann weiß man, dass man sich in einer gesellschaftlichen Schieflage befindet. Es handelt sich hierbei um ein Grundversorgungsangebot, das eigentlich über den Staat gesichert werden müsste“, sagt der theologische Geschäftsführer Matthias Börner. Luthers Waschsalon, der in enger Kooperation mit dem Gesundheitsamt und mit dem Einsatz von Kirchensteuermitteln betrieben wird, ist ein Zuschussgeschäft: Ohne Eigenleistung, Spenden und die vielen ehrenamtlichen Helfer wäre all das nicht leistbar. „Wir hoffen, wir können mögliche Kürzungen durch Spenden abfedern“, betont auch Ilona Ladwig Henning. So steht beispielsweise die EU-Sprechstunde für Menschen aus Südosteuropa auf der Kippe, weil Fördergelder wegfallen könnten.

„Von einem zweijährigen Kind bis zu einem 80-jährigen Patienten haben wir alle Altersklassen in der Sprechstunde“, sagt auch Dr. Albert Wurth, der sich seit vielen Jahren in der Ambulanz engagiert. „Man tut hier etwas Gescheites. Und das Team ist toll“, sagt der Arzt aus Hagen, der seit seinem Renteneintritt ehrenamtlich mitarbeitet.

Großer Rückhalt aus der Stadtgesellschaft

Die Netzwerke in Hagen greifen ineinander. „Wir sind auch mit vielen Fachärzten vernetzt. Wo noch dringender Bedarf ist, ist bei Augenärzten, Neurologen oder Internisten, die bereit sind, Patienten von uns kurzfristig zu behandeln“, so Dr. Scholten. Gleiches gilt für die Vernetzung mit anderen Stellen, beispielsweise Notunterkünften, dem Jobcenter oder zum Sozialen Dienst.

„Die Arbeit, die hier gemacht wird, ist ein Segen - für die Mitarbeiter, die sich alle gern engagieren, aber auch für die Menschen, die herkommen“, ist Matthias Börner überzeugt. Das Team freut sich über den Rückhalt aus der Stadtgesellschaft, die immer wieder durch Spenden sicherstellt, dass die Arbeit fortgeführt werden kann. Vielleicht brauchen sie diese Hilfe in Zukunft mehr denn je.

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Winter, viele Infekte, großer Ansturm: Ein Besuch in der medizinischen Ambulanz von Luthers Waschsalon, die Bedürftige versorgt - bis zu 300 Patienten pro Quartal. Jetzt könnten Fördermittel gestrichen werden.
Sind stolz auf die Arbeit, die hier jeden Tag geleistet wird: Lutz Waschinski (Krankenpflege-Assistent), Dr. Ute Müller (diensthabende Ärztin), Ilona Ladwig-Henning, Prof. Theo Scholten, Dr. Albert Wurth (von links). © Alex Talash | Alex Talash