Hagen. Sie erleben Rassismus, weil sie aus Südosteuropa kommen. Sie haben viele Träume, wollen Jura studieren oder in die Politik. Ihre Geschichte:
Sie wollen Anwältinnen werden, Schauspielerinnen, Polizistinnen, Erzieherinnen oder in die Politik. Sie haben Wünsche, Träume und Ziele, wie jeder andere auch. „Manchmal werden wir wegen unserer Religion beleidigt. Als wir letztens ein Video gedreht haben, hat ein Mann zu uns gesagt, wir sollen erst mal Deutsch lernen gehen. Aber wir sprechen doch Deutsch“, sagt Jasmina (12). Sie ist eines der zehn Mädchen vom Wilhelmsplatz in Wehringhausen. Einem Quartier, das kaum mehr von Extremen geprägt sein könnte. Viele Kulturen und unterschiedlichste soziale Schichten leben in dem Stadtteil neben- und miteinander. Ein Quartier, das übersprudelt vor Leben und Kreativität, in dem es aber auch immer wieder Konflikte gibt - und das vor allem aufgrund der anhaltenden Zuwanderung immer wieder in den Fokus rückt.
„Manchmal werden wir wegen unserer Religion beleidigt.“
Oft mit Vorurteilen konfrontiert
Sie leben alle dort. Abigaela (12), Sara (11), Martha (8), Sarah (12), Jasmina (12), Ramina (12), Melissa (8), Andra (9), Marta (8) und Alexia (8). Die Mädchen stammen alle aus Südosteuropa, leben mit ihren Familien in Wehringhausen - und sehen sich allein aufgrund ihrer Herkunft oft im Alltag mit Vorurteilen konfrontiert. „Wir ignorieren das einfach“, sagt Jasmina und zuckt mit den Schultern. Sie möchte Anwältin werden oder Tänzerin. Aktuell besucht sie die Hauptschule in Haspe - „ich habe überall gute Noten“, sagt sie.
Die Mädchen vom Wilhelmsplatz, sie kennen sich fast alle schon seit mehreren Jahren. Über die Schule, die Familie, das Quartier. Noch besser und auf eine noch andere Weise haben sie sich kennengelernt, seit sie über den Hagener Musiker und Sozialarbeiter Gandhi Chahine und die Gruppe „Lichter der Großstadt“ zu einer echten Einheit zusammengewachsen sind. „One Team“ nennen sie sich.
„Wir sind Superheldinnen mit Superpower. Erzeugen Blitze und Regenschauer. (...) Denn wir beherrschen die vier Elemente; und setzen dabei neue Akzente. Gegen den Hass und den Rassismus, mit Superpower und Aktivismus. Wir wollen Freiheit, wir wollen Gleichheit. Deshalb sind wir alle eine Einheit.“
Diese Zeilen stammen von den Mädchen selbst. Gemeinsam mit Sarah-Ann Burkhardt, Jeremy Chahine und Jean-Luc Burkhardt haben sie an Songs gearbeitet, die eine Botschaft transportieren sollen. Es geht um Freundschaft, um Rassismus. Früher im Kultopia, „jetzt treffen wir uns seit diesem Sommer einmal pro Woche in der Volme-Galerie. Wir arbeiten kreativ, aber sprechen auch über ernstere Themen wie Rassismus, Respekt, Beziehungen oder die Zukunft und unternehmen gemeinsam Ausflüge - zum Beispiel zum Hohenlimburger Werkhof“, erklärt Jean-Luc Burkhardt von den Lichtern der Großstadt, die gemeinsam mit dem Verein „East-west-East Germany“ und den „Falken“ das Projekt begleiten.
„Wir sprechen auch über ernstere Themen wie Rassismus, Respekt, Beziehungen oder die Zukunft.“
Es wird über Fördermittel finanziert und läuft offiziell noch bis Ende des Jahres, die Organisatoren hoffen aber auf eine Verlängerung, um die Potenziale der Mädchen weiter fördern zu können. Auch große Auftritte gab es für die Mädchen schon: auf dem Wilhelmsplatz gemeinsam mit dem Lutz-Theater oder für ein Video in Kooperation mit der Young Caritas.
Und sie haben noch viel vor. Wollen weitere Songs schreiben, weiter gemeinsam an den verschiedensten Themen arbeiten. Ein unterschwelliger Bildungs- und Integrationsansatz, der die Mädchen da abholt, wo sie stehen. Und der sie auf ihrem weiteren Weg begleiten soll. Dass das klappt, zeigen die Texte, die in der Gruppe entstehen.