Hohenlimburg. Aysel Gökbas betreibt „Minzis Atelier“ in Hohenlimburg. Trotz ihrer Leseschwäche legt sie nun ihr erstes Buch vor. Sie will Mut machen:
Wenn Sie diese Zeilen flüssig und fehlerlos lesen können, dann geht es ihnen anders als den gut drei Millionen Menschen in Deutschland, die täglich mit Problemen beim Lesen und Schreiben von Buchstaben, Wörtern und Sätzen kämpfen. „Man lebt immer ein Versteckspiel“, weiß Aysel Gökbas sehr gut, wie sich diese „Legastheniker“ fühlen - denn sie gehört auch dazu. Seit ihrer Kindheit hat die gebürtige Plettenbergerin, die mit ihrem Mann in Hohenlimburg ein Atelier betreibt, Probleme mit dem Lesen und Schreiben. Doch ihr „Versteckspiel“ ist vorbei. Aysel Gökbas hat ihre vermeintliche Schwäche auf den Sozialen Kanälen öffentlich gemacht und legt - wie zum Trotz - im kommenden Monat ihr erstes Buch vor.
Rund 372.000 Follower
Nein, darin schreibt sie nicht über ihre Legasthenie. Schon der Titel „Der Drachensohn, meine Schwiegermutter und ich – der ganz normale Ehewahnsinn“, macht deutlich, dass es hier eher um lustige Geschichten aus dem Alltag der Influencerin geht, die ihr Leben täglich mit gut 372.000 Menschen auf dem Sozialen Netzwerk „Instagram“ teilt. Dennoch will sie mit diesem Buch auch Mut machen. „Es gibt viele Menschen, die nicht lesen und schreiben können, und keiner sollte sich dafür schämen müssen.“
Probleme in der Schule
Die ersten Jahre in der Grundschule, in denen sie Lesen und Schreiben hätte lernen sollen, hat sie quasi versäumt. „Ich wurde zusammen mit meiner jüngeren Schwester eingeschult und hatte das Bedürfnis, auf sie aufzupassen.“ Aufmerksamkeit, die ihr im Unterricht fehlte. „Ich habe alles verpasst.“ Noch im ersten Schuljahr zog die Familie um, auf der neuen Schule fehlte ihr die Unterstützung, die sie gebraucht hätte, so erinnert sich Aysel Gökbas zurück.
„Damals gab es keine Förderung, stattdessen haben sie mich auf eine Sonderschule versetzt.“ Zwar habe sie viel Zuspruch von den Lehrkräften erhalten, doch zumindest in den Diktakten war die Note 6 ein ständiger Begleiter.
Fragen auswendig gelernt
Im Alltag kämpfte sie sich durch. Die Führerscheinprüfung habe sie mit 0 Fehlerpunkten bestanden, erzählt Gökbas. „Ich habe alle Fragen für die Prüfung vorher auswendig gelernt.“ Auf Speisekarten bestellte sie ihr Essen, indem sie auf die Bilder zeigte. Später arbeitete sie in einer Stanzerei, lernte auch da alles nötige auswendig, um nicht aufzufallen. „Viele Menschen, die nicht lesen und schreiben können, können sehr gut auswendig lernen. Das hat nichts mit Dummheit zu tun.“ Später machte sie sich selbstständig, führt heute mit ihrem Mann einen Onlineshop für Deko und Teppiche.
„Mit 25 Jahren war ich damals die Jüngste im Lese- und Schreibkurs, denn die meisten dort waren Senioren. Man ist nie zu alt, um an sich zu arbeiten.“
Lesekurs absolviert
Motiviert von ihrem Mann machte sie mit 25 Jahren einen Lese- und Schreibkurs. „Damals war ich die Jüngste im Kurs, die meisten dort waren Senioren. Man ist nie zu alt, um an sich zu arbeiten.“ Gleichwohl reiche ein Kurs allein nicht aus. „Es ist wichtig, immer weiter am Ball zu bleiben. Man muss üben, üben, üben.“ Sie habe immer mindestens zwei Bücher an ihrem Bett liegen, sagt sie. „Ich kann in meinem Tempo lesen, auch wenn ich nach ein paar Sätzen manchmal von vorne anfangen muss.“
„Minzis Atelier“ zieht um
Der Deko- und Teppichladen „Minzis Atelier“ zieht Ende Oktober von Hohenlimburg nach Haspe. Im Frühjahr 2021 hatte das Atelier in der Freiheitstraße eröffnet. Grund für den Umzug sind Platzmangel und Probleme bei der Warenanlieferung in der Fußgängerzone.
Lektorin unterstützt
Ein Buch zu veröffentlichen, davon habe sie immer geträumt. Ihr Erstlingswerk besteht aus Kurzgeschichten, die mit Unterstützung einer Lektorin in wochenlanger Kleinarbeit zu einem Ganzen wurden. „In erster Linie habe ich es für mich gemacht“, sagt die 43-Jährige stolz. Sie will andere Menschen ermutigen, ebenfalls an ihren „Schwächen“ zu arbeiten. „Dabei sind das eigentlich keine Schwächen. Es ist ein Teil deiner Person, den jeder so akzeptieren sollte.“
Die Lektorin habe auch geholfen, sprachliche Fehler im Buchtext zu bereinigen. Doch nicht alle Fehler hat Influencerin Aysel Göckbas auch korrigiert. „Manche Sprachfehler habe ich im Buch beibehalten, weil ich diese Fehler auch in meinen Videos mache. So kennen mich meine Leute.“
Das Buch „Der Drachensohn, meine Schwiegermutter und ich – der ganz normale Ehewahnsinn“ von Aysel Gökbas erscheint am 19. November. Preis: 19,90 Euro. Aysel Gökbas wird das Buch am 22. November bei einer Autogrammstunde in der Buchhandlung Thalia in Hagen sowie auf einem Stand auf dem „Romantischen Weihnachtsmarkt“ auf Schloss Hohenlimburg präsentieren.