Hohenlimburg. In der Lenne-Arena steht eine Straßenbahn. Schon immer. Aber wie kommt sie dahin? Und warum fuhr die letzte Hagener Straßenbahn woanders?
Harry Sonnenberg (59), Betreiber der Lenne-Arena in Hohenlimburg, hat einen der schönsten Arbeitsplätze in ganz Hagen. Sein Schreibtisch befindet sich in einem Straßenbahnwagen, der auf der Empore der Arena steht und ihn das gesamte Geschehen in der Halle überblicken lässt. „Ich arbeite sozusagen auf Schienen“, sagt Sonnenberg augenzwinkernd.
Der gelbe Wagen gehört zur Lenne-Arena wie die Beachvolleyball- und Soccerplätze. Man könnte fast meinen, er sei schon immer da gewesen. Und so in etwa stimmt das ja auch. Doch unwillkürlich stellt man sich die Frage: Wie kommt der Wagen da oben hin? Wie kommt eine Straßenbahn in eine Sporthalle - und dazu noch auf die Galerie?
Die Geschichte beginnt vor 15 Jahren und ist eng mit dem 2017 verstorbenen, aber schon jetzt legendären Erich Berlet verbunden, der die Lenne-Arena 2008 gründete. Als er Wind davon bekam, dass die letzte Hagener Straßenbahn, die seinerzeit noch in Innsbruck fuhr, ausgemustert werden sollte, entschloss er sich, das gute Stück zu erwerben und in der Lenne-Arena auszustellen.
Kräne hieven die Bahn an ihren Platz
Allerdings stellte sich heraus, dass die Kosten für den Transport der Bahn von Tirol nach Hohenlimburg exorbitant hoch waren. Doch Berlet war kein Mann, der einen einmal gefassten Plan wieder aufgab. Die Stadt Mülheim an der Ruhr stellte damals ebenfalls eine alte Straßenbahn außer Betrieb, die wohl verschrottet worden wäre, wenn Erich Berlet nicht zugegriffen und sie mitsamt einiger Schienen zur Lenne-Arena hätte bringen lassen.
Den Triebwagen ließ er hinter die Halle hieven, zwei Kräne waren nötig, damit das Gefährt, das in der Mitte ein Gelenk hat, beim Hochziehen nicht entzweibrach. Den wesentlich kürzeren Anhänger aber wollte Berlet unbedingt als Blickfang in die Lenne-Arena heben lassen. Auch hierbei kamen die Kräne zum Einsatz, die den Wagen durch ein großes Fenster auf Höhe der Empore zogen, wo er schließlich auf den zuvor verlegten Schienen auf seinen jetzigen Standort rollte. Dort steht er immer noch.
Die Straßenbahn gehört also zum festen Inventar der Lenne-Arena. Wagen 166 der Betriebe der Stadt Mülheim an der Ruhr. Die Inneneinrichtung stammt noch aus dem vorigen Jahrhundert, der Fahrkartenentwerter, die Druckknöpfe an den Türen, die Stühle mit den starren Holzlehnen, die den Fahrgast einst zwangen, den Rücken geradezumachen. „Die Elektrik ist zwar abgeschaltet“, berichtet Harry Sonnenberg und entfernt eine Holzverkleidung: „Aber die Schaltkästen sind noch da und könnten jederzeit wieder in Betrieb genommen werden.“
Der Triebwagen verwittert so langsam
Blitzsauber ist der Anhänger und poliert. Der Triebwagen, der seit 15 Jahren hinter der Halle steht, hat seine besten Tage dagegen längst hinter sich. Der Lack blättert ab, das einst Strom betriebene Fahrzeug verwittert mit den Jahreszeiten. Vor der Pandemie wurde der Wagen jahrelang für Grillpartys genutzt, mit Corona hatte das schlagartig ein Ende.
Doch es ist eine charmante Morbidität. Die Fahrerkabine ist noch komplett mit Fahrkartenschalter, Tachometer, Brems- und Geschwindigkeitshebeln ausgestattet und dem unvermeidlichen Schild: „Bitte während der Fahrt nicht mit dem Fahrer sprechen.“ Und der Linienanzeiger gibt an, wo die Bahn einst verkehrte - zwischen Mülheimer Hauptfriedhof und Essen-Rellinghausen.
Zu spät für ein Revival in Hagen
Ach ja, Mühheim und viele andere Städte im Ruhrgebiet haben bis heute ihre Straßenbahn, nur in Hagen verkehrt sie seit 1976 nicht mehr. „Dabei würde sie uns selbst mit der alten Technik heute dabei helfen, die Verkehrsprobleme in den Griff zu bekommen“, trauert nicht nur Harry Sonnenberg dem einstigen Verkehrsmittel nach. Die dafür notwendige Infrastruktur wieder neu aufzubauen, wie es mitunter in den letzten Jahren diskutiert wurde, hält er allerdings für den falschen Weg: „Dazu ist es jetzt zu spät.“
Und so bilden die ehemaligen Mülheimer Wagen in und hinter der Lenne-Arena die letzte Straßenbahn, die es in Hagen heutzutage noch zu sehen gibt.