Hohenlimburg. Der Bochumer Geologe Mathias Müller entdeckt im Steinbruch Steltenberg geologische Prozesse aus 380 Millionen Jahren - mit wichtigem Ziel:

Der Steinbruch Steltenberg in Hohenlimburg besteht aus einem Millionen Jahre alten Kalksteinzug aus Korallenriffen und Überresten ausgestorbener Meeresbewohnern - und ermöglichte Forschern der Ruhr-Universität Bochum (RUB) nun eine Zeitreise mit außerordentlichen Erkenntnissen. So konnte das Team um Geologe Dr. Mathias Müller aus Gesteinsproben viele erdgeschichtliche Ereignisse herauslesen, die Millionen von Jahre zurückliegen.

„Ich war wirklich erstaunt, auf wie engem Raum im Steltenberg so viele verschiedene, spannende Prozesse der letzten 380 Millionen Jahre gespeichert sind. Der Steltenberg ist etwas ganz Besonderes.“

Dr. Mathias Müller, Geologe, forscht über das Gestein im Steinbruch Steltenberg

„Ich war wirklich erstaunt, auf wie engem Raum im Steltenberg so viele verschiedene, spannende Prozesse der letzten 380 Millionen Jahre gespeichert sind“, berichtet Müller begeistert. „Der Steltenberg ist etwas ganz Besonderes.“

Blick in die Urzeit

So erzählt das Gestein unter anderem von der Öffnung des Atlantik und den Anfängen der Auffaltung und späteren Hebung der von Hohenlimburg hunderte Kilometer entfernten Alpen in der späten Kreidezeit. In einem Forschungsbericht hat Mathias Müller seine Ergebnisse veröffentlicht. Das Gestein gibt genaue Einblicke in das Klima, das vor Millionen Jahren hier herrschte.

„Will man etwas über das Klima vor mehreren Millionen oder gar Milliarden Jahren erfahren, untersucht man Sedimentgesteine, die sogar die Meerwassertemperatur vor Hunderten Millionen Jahren gespeichert haben können.“

Mathias Müller, Geologe an der RUB, über seine Forschungen am Steinbruch Steltenberg

Millionen Jahre alt

„Will man etwas über das Klima vor mehreren Millionen oder gar Milliarden Jahren erfahren, untersucht man Sedimentgesteine, die sogar die Meerwassertemperatur vor Hunderten Millionen Jahren gespeichert haben können“, erklärt Mathias Müller. Im Untergrund zirkulierende Flüssigkeiten verändern jedoch Gesteine im Laufe der Zeit. Diese Prozesse im Gestein müssen von den Wissenschaftlern berücksichtigt werden, wenn man sie als Klimaarchiv verwenden möchte.

Exkursion mit Dr. Mathias Müller von der Ruhr-Universität Bochum im Steinbruch Steltenberg zum 20. Jubiläum des Geoparks Ruhrgebiet.
Exkursion mit Dr. Mathias Müller von der Ruhr-Universität Bochum im Steinbruch Steltenberg zum 20. Jubiläum des Geoparks Ruhrgebiet. © RUB | RUB, N. Marre

Der große Nutzen dieser Forschungen: „Wir können aus Prozessen, die in der Vergangenheit abgelaufen sind, durchaus vieles lernen für Prozesse, die aktuell ablaufen. Und für Prozesse, die möglicherweise auch in der Zukunft ablaufen.“ Der Wissenschaftler untersucht aktuell, ob seine Forschungsergebnisse auf die Nutzung von Geothermie in großer Tiefe übertragen werden können.

Grundsätzlich, so legen erste Forschungen nahe, ist der Hagener Boden für Geothermie geeignet. Die als Wärme im tiefen Erdboden gespeicherte Energie könnte technisch als Wärmeenergie oder zur Stromerzeugung genutzt werden.

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Potenzial für Geothermie

Entsprechend ist auch die Stadt Hagen auf weitere Forschungsergebnisse aus dem Steltenberg gespannt: „Im Rahmen der Kommunalen Wärmeplanung wird bis Ende 2025 das Potenzial an erneuerbaren Strom- und Wärmequellen auf dem Hagener Stadtgebiet ermittelt. Geothermie ist hierbei ein wichtiger Baustein, wir erwarten durchaus relevante Möglichkeiten, unter anderem im Hagener Norden“, sagt Thomas Köhler, Umweltamtsleiter der Stadt Hagen.

Bohrungen für Papierhersteller

Bereits im Jahr 2022 hat der Hagener Papierhersteller Kabel Premium Pulp & Paper mit Forschenden vom Fraunhofer Institut eine 350 Meter tiefe Erkundungsbohrung im Steinbruch Steltenberg, in dem Kalkstein von den Hohenlimburger Kalkwerken (HKW) abgebaut wird, durchgeführt. Dabei wurde untersucht, ob der Kalksteinzug im Hagener Norden auch für eine geothermale Papiertrocknung in Hagen-Kabel geeignet ist.

„Geothermie ist ein Zukunftsthema, wir haben deshalb die Betriebsfläche kostenlos zur Verfügung gestellt und das ganze nach Kräften begleitet“, bekräftigt Dr.-Ing. Christian Lange, Geschäftsführer der HKW. Der Energiebedarf eines Papierherstellers ist riesig, mehr nachhaltige und heimische Prozesswärme für die Industrie ist die Vision der Projektpartner. Im Steinbruch Steltenberg wurden Gesteinsproben und Messdaten aus dem Bohrloch gewonnen und verschiedene Pump- und Fördertests durchgeführt.

Das poröse Dolomitgestein vom Steinbruch Steltenberg mit Hohlräumen ist hervorragend für eine geothermische Nutzung geeignet.
Das poröse Dolomitgestein vom Steinbruch Steltenberg mit Hohlräumen ist hervorragend für eine geothermische Nutzung geeignet. © RUB | RUB, Marquard

Diese Messwerte sind für eine geothermische Nutzung wichtig und können dann auf den Standort der Papierfabrik in Kabel übertragen werden. Dort sind dann auch wegen der Tiefe die benötigten hohen Temperaturen für Prozesswärme vorhanden. „Man braucht eine bestimmte Durchlässigkeit des Gesteins, damit von oben eingespeistes Wasser durch das poröse Gestein fließt, sich erhitzt und über ein zweites Bohrloch wieder ausgetragen werden kann.

Vorteilhaft ist in unserem Kalksteinzug dabei das besonders hohe Vorkommen von porösem Dolomit “, ergänzt der Bergbauexperte. Dolomit ist eine besondere Kalksteinvariante, die zusätzlich Magnesiumcarbonat enthält.