Hagen. Mithilfe von Geothermie möchte Kabel Premium Pulp & Paper seinen Anteil an erneuerbaren Energien deutlich erhöhen. Doch der Weg ist noch weit.
Kabel Premium Pulp & Paper (KPPP) hat sich der nachhaltigen und CO₂-armen Herstellung von Papier verschrieben. Immerhin gilt die Papierindustrie als eine der fünf energieintensivsten Branchen Deutschlands. Doch prozessbedingt lässt sich der enorme Energieaufwand nicht beliebig weit reduzieren. Daher rücken erneuerbare Energien zunehmend in den Fokus. Allerdings vermisst Geschäftsführer Markus Schwinn sowohl auf Landes-, aber auch lokaler Ebene die notwendige politische Unterstützung für ein potenzielles NRW-Pilotprojekt, das in Hagen umgesetzt werden könnte: die Geothermie.
KPPP benötigt beispielsweise zur Papiertrocknung thermische Energie in Form von Heizdampf. Rund 12 Prozent der erforderlichen Energie liefert aktuell eine Biomasseverstromungsanlage, die übrigen 88 Prozent entstehen durch eine hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung. Hierzu ist ein jährlicher Erdgasbedarf von etwa 500.000 MWh erforderlich. Um diesen Anteil noch stärker zu reduzieren, möchte KPPP direkt am Standort ein Maximum der benötigten thermischen Energie durch Tiefengeothermie gewinnen.
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Der Standort in Hagen-Kabel scheint für den Einsatz „Hydrothermaler Geothermie“ prädestiniert zu sein. Der geologische Dienst NRW erwartet im Hagener Norden in einer Tiefe von 3200 bis etwa 4100 Metern Massenkalke, die eine erhöhte Wasserdurchlässigkeit erwarten lassen. Das Vorhandensein einer regional bedeutenden geologischen Störungszone, die Tiefenlage sowie die Mächtig- und Verkarstungsfähigkeit der Massenkalke machen Kabel zum perfekten Pilotstandort für eine hydrothermale Nutzung. Zudem gibt es geologische Parallelen zu den bereits erschlossenen hydrothermalen Lagerstätten im Großraum München. Darum wurde im Rahmen von „EFRE.NRW – Investitionen in Wachstum und Beschäftigung“ eine Projektförderung beantragt und bewilligt.
KPPP, Fraunhofer IEG und Fraunhofer UMSICHT bilden vor diesem Hintergrund eine Kooperation zur „Entwicklung einer Dampferzeugung zur Papiertrocknung auf Basis geothermaler Wärme in Hagen/NRW“. Grundlegendes Ziel des Projekts ist eine Machbarkeitsstudie, um die Optionen der Papiertrocknung auf Basis tiefengeothermaler Wärme in Hagen zu bewerten. Daran schließt sich die langfristige Vision an, eine Tiefengeothermie-Anlage zu etablieren, um das unerschöpfliche Potenzial der Erdwärme zu nutzen.
Allerdings zieht sich der Prozess bereits seit gut drei Jahren hin, ohne bislang Greifbares in der Hand zu haben: „Wir wären ja bereit, Geothermie voranzutreiben, weil uns diese Technologie tatsächlich auch einen Marktvorteil verschaffen könnte. Aber wir haben bislang nicht das Gefühl, dass dies in NRW tatsächlich politischer Wille ist“, hat Schwinn sich vorzugsweise vom grünen Koalitionspartner in Düsseldorf mehr Impulskraft versprochen. „Stattdessen werden in meinen Augen immer wieder neue Kriterien erfunden, um es nicht zu tun.“ Vor diesem Hintergrund möchte der KPPP-Chef sich bei diesem Thema perspektivisch auf Partnersuche begeben, um das Projekt mit einem fachlich versierten Begleiter aus der Energie-Branche voranzutreiben – eine erste Kontaktaufnahme mit der Enervie AG hat es bereits gegeben.